„Der Unternehmer erfährt den aktuellen Marktwert seines Unternehmens in Form eines risikolosen Markttests“

Den realistischen Wert des eigenen Betriebes zu kennen, ist für Unternehmer in vielen Phasen von Bedeutung: Von der Gründung über den Generationswechsel bis hin zu Krisensituationen. Fair Value Partners hat eine Online-Plattform entwickelt, bei der Unternehmer auf anonymer Basis den Marktpreis für ihr Unternehmen abfragen können. Im Interview spricht Stefan Herborg, Geschäftsführer von Fair Value Partners, über seinen USP, den Bewertungsprozess und seine Wachstumspläne.

Unternehmeredition: Herr Herborg, wie sind Sie auf die Idee gekommen, Fair Value Partners ins Leben zu rufen?

Herborg: In den letzten Jahren hat sich bei mir der Eindruck einer bedenklichen Qualitätsverwässerung im Segment M&A- und Transaktionsberatung verfestigt. Der Unternehmer steht heute einem unüberschaubaren Angebot gegenüber und kann unmöglich den seriösen Berater vom selbst ernannten Finanzexperten trennen. Es ist mir mehr als einmal passiert, dass Wettbewerber versucht haben, mit völlig unrealistischen Wertversprechungen einen Unternehmer zum Verkauf zu überreden. Es war Zeit für eine neutrale Instanz. Nach meiner Auffassung gibt es zur Neutralität nur einen Weg, nämlich den des Marktes und einer Marktbewertung. Fair Value Partners bietet erstmals Zugang zu diesem Markt, um subjektive Wertannahmen bereits im Vorfeld wichtiger Entscheidungen zu objektivieren. Konkret erfährt der Unternehmer eines nicht börsennotierten Unternehmens den aktuellen Marktwert („Fair Value“) seines Unternehmens – in Form eines risikolosen Markttests. Dazu wird auf Basis echter, aber komplett anonymer Daten die erste Phase eines Verkaufsprozesses simuliert und unter realen Bedingungen von potenziellen Investoren indikative Kaufpreisbewertungen eingeholt. Das Ergebnis ist eine realitätsnahe Entscheidungsbasis und nicht irgendwelche Vermutungen.

Unternehmeredition: Wie ist grob der Ablauf ihres Bewertungstools? Mit welchen Kosten ist es verbunden?

Herborg: Der Ablauf ist denkbar einfach. Zurückerhaltene Bewertungen sind kostenlos und vom Empfänger frei nutzbar. Um Bewertungen zu erhalten, eröffnet ein Gesellschafter oder eine von ihm beauftragte Vertrauensperson (z.B. sein Steuerberater) ein anonymes Postfach auf unserer gesicherten Website. Das erfolgt mit einem frei erfundenen Namen und Passwort und dauert eine Minute. Ein Postfach mit Nummerncode wird sofort erstellt und dient als Kommunikationszentrale. Das Postfach enthält vorbereitete Dateien, die man herunterladen und in Ruhe für die Datensammlung nutzen kann. Gesammelte Daten lädt man anonymisiert in das Postfach und gibt sie frei. Fair Value Partners leitet diese Informationen daraufhin an die Investoren weiter, die in Bezug auf Branchenerfahrung, Größe, Internationalität etc. gut passen. Die Auswertung dauert im Normalfall ein bis drei Wochen. Es gilt: Je plausibler die Daten, je zuverlässiger die Bewertung. Bis hierin ist der Prozess kostenlos. Ein Abbruch und Postfachlöschung ist jederzeit möglich. Erfüllt das Bewertungsergebnis die Erwartungen, kann der Unternehmer optional gegen Gebühr den direkten Kontakt zum potenziellen Investor beantragen und mit diesem direkt sprechen – er weiß ja, dass der Rahmen passt. Um die Kontaktdaten des potenziellen Investors zu erhalten, ist nur eine 15%-Anzahlung auf die Offenlegungsgebühr zu leisten, damit sich der Unternehmer zunächst selbst von der Seriosität des Bieters überzeugen kann.

Unternehmeredition: Wie unterscheiden Sie sich von herkömmlichen Plattformen zum Thema M&A und Unternehmensbewertung, beispielsweise Angebote der IHK oder der deutschen Unternehmerbörse DUB? Welche Vorteile haben Sie gegenüber der Einbindung von M&A-Beratern und Investmentbanken?

Herborg: Nach meiner Kenntnis ist Fair Value Partners mit dem Angebot einer echten Marktbewertung für nicht börsennotierte, mittelständische Unternehmen allein. Unser Angebot setzt im Gegensatz zu Unternehmerbörsen oder Anzeigenplattformen gerade nicht voraus, dass eine Verkaufs-, Nachfolge- oder Refinanzierungsentscheidung bereits getroffen ist, sondern soll diese vorbereiten – deshalb heißt unser Claim: Fair Value Partners – Besser entscheiden. Für eine unabhängige Entscheidung muss die Prozesshoheit beim Unternehmer verbleiben – dies geschieht durch die konsequente Anonymität auch Fair Value Partners gegenüber. In der Kommunikation mit IHK-Experten, Banken oder Beratern besteht jedoch die Tendenz, dass genau diese Prozesshoheit durch frühe Commitments verloren geht und ein gewisser Prozesszwang oder gar Gerüchte entstehen. So etwas kann bei Fair Value Partners nicht passieren. Sollte ein Gesellschafter sich jedoch entscheiden, seine konkrete Fragestellung mit professioneller Unterstützung umzusetzen, so kann er sich jederzeit an uns wenden oder uns hinsichtlich einer Empfehlung ansprechen.

Unternehmeredition: Für welche Unternehmen ist die Plattform geeignet, welche Grundvoraussetzungen müssen diese erfüllen?

Herborg: Da es sich um eine Marktbewertung handelt, muss eine gewisse Wahrscheinlichkeit bestehen, dass man für ein Unternehmen auch tatsächlich mehrere interessierte Investoren findet. Diese Wahrscheinlichkeit ist für Unternehmen, die sehr stark wachsen oder mindestens 10 Mio. EUR Umsatz haben, deutlich höher als für kleine Unternehmen. Gesellschafter kleinerer Unternehmen können sich auch registrieren, hier ist es jedoch möglich, dass der Markt nicht oder mit nur einer Bewertung reagiert. Im Interesse unserer eigenen Ressourcen behandeln wir deshalb solche Anfragen im Moment noch nachrangig, wollen aber auch diesen Bereich ausbauen.

Unternehmeredition: Wer steckt hinter Ihrem Bewertungsnetzwerk?

Herborg: Das Bewertungsnetzwerk ist eine sorgfältige Auswahl aus rund 20 Jahren Erfahrung mit der Finanzwelt als M&A-Berater, Unternehmensberater und Unternehmer. Konkret werden nur solche Investoren, Family Offices und Industrieholdings angesprochen, die aus früheren Transaktionen zum überwiegenden Teil persönlich bekannt sind, sich als lieferfähige, seriöse Käufer erwiesen haben und seit vielen Jahren am Markt sind.
Unternehmeredition: Ihre Homepage ist zu Jahresbeginn gestartet. Wie ist die bisherige Resonanz? Wann rechnen Sie mit ersten Deals und welches Potenzial sehen Sie?

Herborg: Ja, wir sind seit wenigen Monaten im Netz präsent und haben bis dato nur aufgrund von Mundpropaganda eine Vielzahl interessierter Anrufe erhalten. Wann und ob eine Anfrage zu einer Transaktion führt, erfahren wir jedoch erst nach Transaktionsabschluss, sofern einer unserer Bewertungspartner involviert wurde. Nach meinem Eindruck hat das Produkt Fair Value Partners das Potenzial zu einem Standardprozessmodul, welches von interessierten Unternehmern im Vorfeld von Nachfolge o.Ä. regelmäßig genutzt wird.
Unternehmeredition: Herr Herborg, vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Markus Hofelich.
markus.hofelich@unternehmeredition.de


Zur Person: Stefan Herborg
Stefan Herborg ist Geschäftsführer von Fair Value Partners, außerdem ist er auch weiterhin als Partner in einer M&A-Boutique aktiv. In den letzten zehn Jahren hat er mehr als 30, meist internationale, Transaktionen zwischen 1 EUR und 200 Mio. EUR abgewickelt. www.fairvaluepartners.com

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