Wer hat Geld?

Die Performance der Aktien- und Rentenmärkte ist seit Jahren nicht mehr zufriedenstellend, eine Besserung sehr ungewiss. Investoren suchen daher vermehrt die Anlage in alternative Investments und „handfeste Werte“ wie Immobilien, Gold oder Unternehmensbeteiligungen. So hat das Investment Office der Yale University, einer der erfolgreichsten institutionellen Anleger, seine Private-Equity-Positionen über die Jahre stark ausgebaut (Asset Class Target 2011: 34,0%). Somit ist im Markt zwar grundsätzliches Interesse an der Assetklasse „Private Equity“ vorhanden, dennoch herrscht aktuell noch Zurückhaltung bei den Anlegern, in neu aufgelegte Fonds zu investieren.

180 Mrd. EUR an Private Equity stehen in Westeuropa zur Verfügung

Grund dafür ist der weiterhin anhaltende Rückstau im Dealflow der Beteiligungsgesellschaften – zum einen sind infolge der Finanzkrise einige überfällige Investments noch nicht bereit für einen Exit, zum anderen verfügen viele Gesellschaften über große Bestände noch nicht investierter Mittel aus früheren Fonds. Schätzungen von Bain & Company zufolge besteht mehr als die Hälfte der zurzeit etwa 180 Mrd. EUR an Kapital, das der Private-Equity-Branche in Westeuropa zur Verfügung steht, noch aus Fonds, die in den Jahren 2007 und 2008 aufgelegt wurden. Dennoch konnten im laufenden Jahr 2012 bereits einige Beteiligungsgesellschaften neue Fonds schließen, darunter den DBAG Fund VI (451 Mio. EUR) sowie den German Equity Partners IV (230 Mio. EUR). Tabelle 1 zeigt eine Auswahl an in Deutschland aktiven Beteiligungsgesellschaften, deren Fonds für den Small- und Mid Cap Market sich gegenwärtig in der Finanzierungsphase befinden. Daneben beginnt sich die Branche in Deutschland etwas zu diversifizieren, da sich aktuell eine Reihe von Spezialfonds mit eingegrenztem Branchenfokus und/oder einem Schwerpunkt auf kleinere Transaktionen im Bereich 1–5 Mio. EUR EBIT im Fundraising befindet. Während diese neuen Gesellschaften ihre Fähigkeit zum Fundraising erst noch unter Beweis stellen müssen, werden aller Voraussicht nach die etablierten Gesellschaften bei der Auflage neuer Fonds nur Probleme bekommen, wenn sie mit Schwierigkeiten in ihrem aktuellen Beteiligungsportfolio zu kämpfen haben.

Anzahl kleinerer und mittlerer Transaktionen wird deutlich zunehmen

Da sich die Zahlungsbereitschaft der Finanzinvestoren langsam aber sicher wieder den Preisvorstellungen der Verkäuferseite annähert, wird die Anzahl kleinerer und mittlerer Transaktionen mittelfristig wieder deutlich zunehmen. Dem kommt zugute, dass seit letztem Jahr die Bereitschaft der Banken, Akquisitionen zu finanzieren, wieder deutlich zugenommen hat, sodass aktuell ein Leverage von viermal EBITDA fallweise wieder möglich erscheint. Die Eigentümer interessanter Targets wissen jedoch vermehrt um ihre aktuell gute Verhandlungsposition. Speziell Unternehmer, die keinen vollständigen Exit suchen, stellen dabei immer öfter hohe Anforderungen an den Finanzierungspartner. Schließlich geht es darum, die nächsten Jahre eng mit diesem zusammenzuarbeiten, um gegebenenfalls ein paar Jahre später gemeinsam den Exit zu wagen. Neben den Anforderungen an eine hohe Bewertung werden deshalb verstärkt die weichen Faktoren der Zusammenarbeit ausschlaggebend für den Beteiligungszuschlag sein, wie beispielsweise die Bereitschaft, auch komplexere Transaktionsstrukturen einzugehen. Investoren, die hier eine Offenheit zeigen und aufgrund ihrer Fond-Statuten auch die Möglichkeit besitzen, flexibel auf die Anforderungen der Alteigentümer zu reagieren, gewinnen zunehmend Strukturvorteile. Um diese Vorteile nutzen zu können und damit dem bestehenden Anlagedruck entgegenzuwirken, gehen ehemals rein auf Buy-outs fokussierte Beteiligungsgesellschaften wie z.B. Afinum oder die Deutsche Beteiligung dazu über, neue Fonds flexibler zu gestalten oder flexible Wachstumskapitalfonds parallel zu ihren Buy-out-Fonds zu etablieren. Bei der Frage danach, wie viel Kapital im Markt für eine bankenunabhängige Unternehmensfinanzierung bereitsteht, darf die sich abzeichnende Etablierung von Private-Debt-Fonds sowie das bestehende Angebot im Bereich Individual-Mezzanine nicht vernachlässigt werden. Deren Fondvolumen stehen oftmals nicht hinter denen mittlerer Beteiligungsgesellschaften zurück, wie beispielsweise der aktuelle Fond der M Cap Finance aus dem Jahr 2010 zeigt, der über ein Volumen von 385 Mio. EUR verfügt.

Family Offices als alternative Investoren

Auch bei vermögenden Privatinvestoren geraten Unternehmensbeteiligungen zunehmend in den Beteiligungsfokus. Da indirekte Unternehmensbeteiligungen über Private-Equity-Fonds von Unternehmerfamilien oftmals als zu intransparent und passiv empfunden werden, gilt ihr Interesse vorwiegend den Direktbeteiligungen. Allerdings erfordern der Aufbau und die Entwicklung von Beteiligungen hohe Voraussetzungen an Infrastruktur und Kompetenzen, die von klassischen Vermögensverwaltungen in der Regel nicht vorgehalten werden. Wir sehen aus diesem Grund immer stärker, dass vermögende Privatpersonen diese Kompetenzen im Family Office selbst aufbauen oder eigene Beteiligungsvehikel parallel zu ihrem Family Office strukturieren. Für kleinere Family Offices, oder wenn Direktbeteiligungen in der Vermögensallokation nur eine untergeordnete Rolle spielen sollen, kommen neben gelegentlich opportunistischen Beteiligungen sogenannte Club Deals (gemeinschaftliche Beteiligung mehrerer Privatinvestoren an opportunistischen Unternehmenstransaktionen) infrage. Was beide Formen der Direktbeteiligung eint, ist die absolute Unauffälligkeit, mit der diese Transaktionen vonstattengehen. Ein diskretes und lautloses Vorgehen ist hier nicht nur gewünscht, sondern es ist vielmehr Philosophie und Teil des Investmentansatzes dieser Investorengruppe – und oftmals nicht zuletzt auch der Grund, weswegen diese teilweise trotz niedrigerer Übernahmeangebote den Zuschlag für eine Beteiligung erhalten. Aufgrund der Intransparenz ist es jedoch nur schwer zu erfassen, wie viel Liquidität aus diesen Mitteln für Unternehmensbeteiligungen bereitsteht. Das Wissen darum, dass abseits der bekannten Finanzinvestoren ein weiterer Kreis an Kapitalgebern bereitsteht, der u.U. ein etwas alternativeres Investitionsverhalten an den Tag legt, kann für den ein oder anderen Kapitalsuchenden allerdings höchst spannend sein.

Autorenprofil

Dr. Karsten Zippel ist Mitglied des Vorstands der Aquin & Cie. AG. Die Aquin AG berät mittelständische Unternehmen bei der Unternehmensfinanzierung, dem Zu- und Verkauf von Unternehmensteilen sowie der Nachfolgeplanung. www.aquin-cie.com

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