Unternehmeredition: Herr Deggim, im April 2011 haben Sie den Schritt aufs Börsenparkett gewagt. Wie lief das IPO ab? Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt?
Deggim: Der Börsengang im vergangenen Jahr war ein wichtiger Meilenstein und zugleich eine der größten Herausforderungen für unser Unternehmen. Im Frühjahr 2011 gab es nur ein schmales Zeitfenster für Börsengänge. Trotz des volatilen Kapitalmarktumfelds damals vor allem als Folge der Atomkatastrophe in Japan haben wir an unserem Zeitplan festgehalten und das Zeitfenster genutzt. Entscheidend war letztendlich unsere überzeugende Equity Story. Daher war das IPO von Norma Group mehrfach überzeichnet und insgesamt sehr erfolgreich.
Unternehmeredition: Aus der Kapitalerhöhung flossen der Norma Group vor Abzug der Transaktionskosten 147 Mio. EUR zu. Wofür werden die Mittel verwendet?
Deggim: Den Nettoerlös aus der Kapitalerhöhung haben wir unter anderem zur Senkung unserer Finanzverbindlichkeiten und zur Ablösung von Altdarlehen verwendet. Insgesamt sind wir aus dem Börsengang mit einer deutlich höheren Eigenkapitalbasis hervorgegangen. Vor dem Börsengang lag die Eigenkapitalquote noch bei 13%. Jetzt sind es 39,5%. Wir sind seither finanziell flexibler aufgestellt und können weiter organisch sowie durch Zukäufe wachsen, um unsere führende Rolle am Markt zu sichern und auszubauen.
Unternehmeredition: Was waren für Sie die ausschlaggebenden Argumente für den Gang an die Börse?
Deggim: Die Norma Group ist in den vergangenen Jahren erfolgreich organisch gewachsen, hat strategische Akquisitionen getätigt und eine hohe Profitabilität erreicht. Der Gang an die Börse war der nächste logische Schritt, um unsere erfolgreiche Wachstumsgeschichte auf lange Sicht fortzuschreiben und zu beschleunigen. Mit dem IPO und der anschließenden Refinanzierung haben wir unseren finanziellen Spielraum für weiteres Wachstum deutlich ausgebaut. So haben wir im Jahr 2011 neue Produktions- und Vertriebsstandorte zum Beispiel in Thailand, Serbien und Brasilien eröffnet. Auch in Zukunft wollen wir in neue Standorte investieren und unsere Marktposition in den Märkten, die wir als Schlüsselmärkte für die Expansion ansehen, noch weiter ausbauen.
Unternehmeredition: Zwei Monate nach dem IPO wurde die Norma Group in den SDAX der Deutschen Börse aufgenommen. Was bedeutet das für Sie?
Deggim: Wir haben uns über die schnelle Aufnahme in den SDAX sehr gefreut. Dies war ein Beleg dafür, dass wir uns auf dem richtigen Weg befinden, um unser Wachstum fortzusetzen. Das SDAX-Listing hat dazu beigetragen, unsere Visibilität am Kapitalmarkt weiter zu erhöhen. Seit der Aufnahme in den SDAX sind das Interesse der Öffentlichkeit und die Aufmerksamkeit der Stakeholder noch einmal spürbar gestiegen. Um unsere Aktionärsbasis zu pflegen und zu erweitern, haben wir seit dem IPO mit über 300 institutionellen Anlegern gesprochen und sind regelmäßig weltweit auf Roadshows.
Unternehmeredition: 2011 konnten Sie den Umsatz um 18,5% auf 581 Mio. EUR steigern. Wie hat sich der Gewinn entwickelt? Was waren die Wachstumstreiber? Welches weitere Wachstumspotenzial sehen Sie für Ihr Unternehmen dieses Jahr, auch im Hinblick auf die weitere Konjunkturentwicklung?
Deggim: Wir blicken in der Tat auf ein Rekordjahr zurück, in dem wir in allen Geschäftssparten und Regionen gewachsen sind. Wir konnten im Jahr 2011 das bereinigte betriebliche Ergebnis um 20,2% auf rund 103 Mio. EUR steigern. Wachstumstreiber waren insbesondere die stark expandierenden Märkte in Asien, Osteuropa und Südamerika, wo wir gezielt investiert haben. Aber auch in Europa und in den USA, wo wir zwei Akquisitionen getätigt und die Unternehmen erfolgreich integriert haben, entwickelten sich die Geschäfte erfreulich. In diesem Jahr werden wir vor allem von globalen Megatrends, die weitgehend von Konjunkturzyklen unabhängig sind, profitieren. Dazu gehören das zunehmende Umweltbewusstsein, strengere Emissionsvorschriften und steigende Energiekosten. Wir setzen gezielt auf die Potenziale, die sich aus Kundenanforderungen wie Gewichtsreduktion, steigende Motoreneffizienz und Modularisierung von Produktionsprozessen ergeben. Diese Trends erhöhen den Anteil an hochentwickelter Verbindungstechnik etwa bei Fahrzeugen, Baumaschinen, Schiffen und Flugzeugen. Wir fahren eine Multi-Branchen-Strategie und sind über unterschiedliche Kundenindustrien in verschiedenen geographischen Regionen stark diversifiziert. Dies macht uns robuster und unabhängiger gegenüber konjunkturellen und regionalen Schwankungen. Daher gehen wir auch für das Geschäftsjahr 2012 von einem weiteren Umsatzwachstum aus und sehen uns gut positioniert, um den Gewinn steigern zu können.
Unternehmeredition: Was ist Ihr wichtigster Rat an Unternehmer, die einen Börsengang im Visier haben?
Deggim: Der Gang aufs Börsenparkett ist ein großer Schritt, der gut vorzubereiten ist. Das Unternehmen und die handelnden Akteure müssen sich der Öffentlichkeit und potenziellen Investoren gegenüber öffnen. Vor allem geht es darum, Vertrauen zu schaffen – sowohl in das Geschäftsmodell und die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens als auch in die Geschäftsführung. Daneben ist der Prozess eines Börsengangs sehr anspruchsvoll. Daher empfiehlt es sich, eine solche Transaktion von erfahrenen Banken, die das Unternehmen idealerweise schon kennen, begleiten zu lassen. Nicht zuletzt entscheidet auch der richtige Zeitpunkt über den Erfolg des Börsengangs. Das IPO der Norma Group war für mich eine spannende Herausforderung und eine wertvolle Erfahrung.
Unternehmeredition: Herr Deggim, vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Markus Hofelich.
markus.hofelich@unternehmeredition.de
Zur Person: Werner Deggim
Werner Deggim ist Chief Executive Officer (CEO) der Norma Group AG (www.normagroup.com). Die Unternehmensgruppe ist ein internationaler Markt- und Technologieführer für hochentwickelte Verbindungstechnik und beliefert rund 10.000 Kunden weltweit mit über 35.000 hochqualitativen Produkten und Lösungen.
