Private Equity wird oft mit großen Deals, hohem Fremdkapitaleinsatz und der Zerschlagung von Unternehmen verbunden. Jenseits der Schlagzeilen zeigt sich bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) jedoch in der Regel ein anderes Bild: Viele Mittelständler kooperieren bewusst mit Private-Equity-Teams, um ihr Unternehmen bei der nächsten Wachstumsphase zu unterstützen. Welche Wertschöpfungsansätze sich in der Praxis bewährt haben und warum Erfolg kein Selbstläufer ist, erklärt Christopher Bär von Munich Private Equity Partners.
KMUs sind das Rückgrat der Wirtschaft in Europa. Sie machen rund 99 Prozent aller Unternehmen aus, schaffen Arbeitsplätze und tragen mit ihrer Innovationskraft einen erheblichen Teil zur gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung bei. Viele kleine und mittelständische Unternehmen sind innerhalb ihrer Nische Markt- und Technologieführer, verkaufen ihre Produkte und Dienstleistungen in die ganze Welt – und verfügen obendrein oft über eine grundsolide Finanzierungsbasis mit positiven Cashflows und hohen Eigenkapitalquoten.
Im Private-Equity-Kontext werden meist Unternehmen mit einem EBITDA zwischen 5 und 25 Millionen Euro dem sogenannten Lower Mid-Market zugeordnet. Für Private-Equity-Teams, die sich als aktive Gesellschafter und Sparringspartner für ihre Portfoliounternehmen verstehen, ist das Marktsegment ein spannendes Spielfeld. Denn kleine mittelständische Unternehmen wachsen zwar oft für lange Zeit aus eigener Kraft – Schritt für Schritt, getragen etwa von einem etablierten Produktportfolio, langjährigen Kundenbeziehungen und einem erfolgreichen Gründer. Doch mit wachsender Komplexität stoßen die Gründer und etablierten Strukturen häufig an eine natürliche Wachstumsgrenze.
In dynamischen Märkten – etwa wie zuletzt geprägt durch makroökonomische Unsicherheit, gestiegene Inputkosten, ein restriktiveres Finanzierungsumfeld oder steigendem Investitionsbedarf – sehen sich einige Mittelständler zudem mit Anforderungen konfrontiert, die sich mit den vorhandenen Ressourcen oder dem unternehmensinternen Knowhow nicht mehr bewältigen lassen. Ähnliches gilt, wenn in kurzer Zeit große Transformationen zu leisten sind – beispielsweise in den Bereichen KI, Automatisierung oder Digitalisierung.
Private Equity als strategische Partner
Private-Equity-Teams können bei den oben genannten Herausforderungen gezielt ansetzen: mit Kapital, Know-how und der Fähigkeit, strategische Weichen vorausschauend zu setzen und die Umsetzung aktiv zu begleiten. Je nach Branche und Unternehmenssituation kommen dabei unterschiedliche Maßnahmen zum Tragen. Vier Beispiele aus dem bewährten Repertoire operativer Wertschöpfung:
Professionalisierung des Managements
Viele kleine und mittelständische Unternehmen werden noch vom Gründer oder der Inhaberfamilie geführt. Deren unternehmerische Leistung ist zwar oft der Grundstein des Erfolgs, doch für den nächsten Wachstumsschritt brauchen diese Unternehmen häufig andere Strukturen in der Führungsebene. Private-Equity-Teams können mit ihrem Netzwerk und ihrer Erfahrung dabei unterstützen, das Management personell zu verstärken. Das kann etwa bedeuten, einen erfahrenen CFO oder COO ins Unternehmen zu holen, das Vertriebsteam um eine versierte Führungspersönlichkeit zu erweitern oder auch einen neuen Geschäftsführer zu etablieren, der den mehr oder weniger graduellen Übergang eines Gründers in eine weniger operative Rolle ermöglicht.
Gerade bei Generationswechseln kommt Private Equity oft eine Schlüsselrolle zu. Europaweit erwarten gemäß einer Studie der Unternehmensberatung EY innerhalb der nächsten zehn Jahre fast 40 Prozent der Familienunternehmen einen Führungs- oder Eigentümerwechsel, doch nur 30 Prozent davon haben einen formellen Nachfolgeplan. Private-Equity-Teams können hier mit Expertise und attraktiven Vergütungsstrukturen helfen, Führungslücken zu schließen, indem sie hoch qualitative Nachfolger identifizieren – sei es aus dem Management des Unternehmens oder extern – und gezielt auf die Rolle vorbereiten.
Datenbasierte Steuerung
Wer ein Unternehmen strategisch weiterentwickeln und skalierbar machen will, braucht belastbare Entscheidungsgrundlagen. Die Einführung professioneller Steuerungsinstrumente gehört daher oft zu den ersten und wirksamsten Maßnahmen, die Private-Equity-Teams nach einer Übernahme angehen. Im Zentrum stehen in der Regel die Einführung von ERP-Systemen und der Aufbau eines transparenten KPI-Systems, das unternehmensweit einheitliche Kennzahlen schafft – etwa zur Margenentwicklung nach Standort, Auftragsbestand, Rentabilität einzelner Kunden oder Projekte, Lagerumschlag oder Cashflow-Generierung.
Dies dient dem Zweck Wissen zu institutionalisieren, Zusammenhänge besser zu verstehen und Entscheidungen auf ein solides Fundament zu stellen. Ein systematisches KPI-Reporting ersetzt dabei keinesfalls die langjährige Erfahrung der Mitarbeiter oder Führungskräfte, sondern ergänzt diese um eine datenbasierte Perspektive, die das Management entlastet, operative Abläufe verbessert und strategische Optionen klarer erkennbar macht.
Institutionalisierung von Prozessen
Mittelständische Unternehmen verfügen häufig über gewachsene Strukturen mit flachen Hierarchien, direkter Kommunikation und einem hohen Maß an persönlichem Vertrauen, insbesondere wenn sie familiengeführt sind. Zugleich werden Entscheidungen oft informell getroffen, Prozesse beruhen auf implizitem Wissen, und Rollen sind nicht immer eindeutig definiert. Dadurch mangelt es häufig an einem institutionellen Rahmen, der Wachstum gezielt steuert.
Private-Equity-Manager setzen deshalb früh auf den Aufbau professioneller Governance-Strukturen, die das Unternehmen stabiler und skalierungsfähiger machen. Potenzielle Maßnahmen können sein: Die Einführung eines unabhängigen Aufsichts- oder Beirats, das Etablieren regelmäßiger Board-Meetings mit klaren Agenden, das Dokumentieren von Verantwortlichkeiten oder institutionalisierten Prozessen für wesentliche Unternehmensabläufe.
Strategisches Pricing
Die Preisgestaltung ist ein zentraler Hebel für die Profitabilität eines Unternehmens – erfolgt in der Praxis aber häufig auf Basis gewachsener Strukturen: Preismodelle entstehen historisch, werden anlassbezogen angepasst und spiegeln nicht immer systematisch den tatsächlichen Wertbeitrag einzelner Produkte oder Dienstleistungen wider. Oft scheuen Unternehmer auch oft über viele Jahre gewachsenen Beziehungen zu Ihren Kunden damit zu belasten.
Private-Equity-Manager setzen gezielt an diesem Punkt an. Sie schaffen Transparenz über Kosten, Wettbewerb und Preiselastizität, analysieren die Margenstruktur und entwickeln gemeinsam mit den Führungskräften des Unternehmens tragfähige Pricing-Strategien. Diese reichen von wertbasierten Modellen über differenzierte Preislogiken bis hin zur Einführung digitaler Tools für dynamisches Pricing. Ziel ist es, Spielräume zu nutzen, ohne das Vertrauensverhältnis zu Kunden zu belasten sowie Preismanagement als Teil einer langfristigen Wachstumsstrategie zu etablieren.
Warum Managerqualität entscheidend ist
Zwar sind die Management-Teams der Unternehmen primär für die Umsetzung dieser Hebel zuständig. Dennoch hängt der Gesamterfolg einer Beteiligung auch stark von den Fähigkeiten des jeweiligen Fondsmanagers ab. Das gilt insbesondere für den Lower Mid-Market. Da dieses Segment sehr umfangreich und fragmentiert ist, braucht es langjährige Erfahrung und eine gründliche Due Diligence, um aus der Masse an Investmentopportunitäten die Fonds mit dem größten Outperformance-Potential zu identifizieren.
Strategien, Ansätze und Erfahrungswerte der Private-Equity-Teams variieren deutlich, Daten sind aber in der Regel nicht öffentlich zugänglich oder nicht umfangreich genug um statisch relevante Schlüsse ableiten zu können. Entsprechend ist die Performance-Spanne weitaus größer als beispielsweise im Large-Cap-Segment. Dort ist der Wettbewerb zwar intensiver aber die Bandbreite der Managerqualität auch geringer, weil in der Regel nur die erfolgreichsten Fondsmanager in dieses Segment hineinwachsen können.
Die erfolgreichsten Private-Equity-Manager vereinen vermehrt ausgeprägte Branchen- und Sektorexpertise mit einem tiefgreifenden Verständnis für strukturelle Trends, Herausforderungen und die Dynamik unternehmerischer Veränderungsprozesse. Zudem überzeugen sie meist nicht nur mit ihrer analytischen Klarheit, sondern auch mit ihrer Fähigkeit, als vertrauensvoller Partner an der Seite des Managements zu agieren. Normalerweise arbeiten diese Teams auch bereits seit Jahren sehr erfolgreich zusammen und verfügen außerdem über ein belastbares Netzwerk, das sie gezielt zur Unterstützung ihrer Portfoliounternehmen aktivieren. So gelingt es ihnen in der Regel verlässlich über mehrere Fondsgenerationen und Konjunkturzyklen nachhaltige Wertsteigerungen zu realisieren.
Begrenzter Zugang zum Top-Quartil
Wer als Investor an dieser Entwicklung teilhaben möchte, steht im Wesentlichen vor zwei Herausforderungen: Er muss die leistungsfähigsten Teams mit nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen identifizieren und zugleich auch Zugang zu ihren stark überzeichneten Fonds erhalten. Denn die erfolgreichsten Manager schließen ihre Fonds in großer Mehrheit selbst im aktuell herausfordernden Fundraising-Umfeld weiterhin stark überzeichnet und innerhalb kürzester Zeit. Während es 2024 nach einer Analyse der Unternehmensberatung Bain & Company durchschnittlich 20 Monate bis zum Final Closing dauerte, sind es im Top-Quartil oft nur drei bis vier. Neu-Investoren werden wenn überhaupt nur sehr selektiv aufgenommen – oft sogar weniger als eine Handvoll je Fonds. Um das Potenzial des Lower Mid-Markets tatsächlich ausschöpfen zu können, wird der Zugang den erfolgreichsten Private-Equity-Managern damit zum entscheidenden Erfolgsfaktor.
Zum Autor
Christopher Bär ist Gründungsmitglied und Managing Director beim Private Equity Dachfondsspezialist Munich Private Equity Partners. In dieser Rolle verantwortet er u.a. die Investment Advisory inklusive der Due Diligence von Zielfonds. Der Diplom-Kaufmann hält den Titel Chartered Alternative Investment Analyst (CAIA) und wirkte an dem damalig größten empirischen Forschungsprojekt zur Wertschöpfung bei europäischen Private-Equity-Buyouts mit.