Wie Geschäftsführer das Unternehmen krisenfest aufstellen

Absicherung gegen steigende Kosten: Kundenverträge mit Preisklauseln gestalten

Steigende Energie- und Rohstoffpreise sowie Lieferkettenprobleme belasten die Unternehmen und stellen für die Unternehmensplanung eine Herausforderung dar.
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Steigende Energie- und Rohstoffpreise sowie Lieferkettenprobleme belasten die Unternehmen und stellen für die Unternehmensplanung eine Herausforderung dar. Dieser Beitrag erklärt, wie Firmen auf die derzeitige Lage reagieren sollten.

Die Preise für Rohmaterialien und Werkstoffe sind in den vergangenen zwölf Monaten deutlich gestiegen. Das gilt für Strom und Gas, aber auch für Rohstoffe, vor allem für Metalle, Sekundärrohstoffe, Düngemittel oder Holz. Dazu kommen sehr lange Lieferzeiten, falls sie überhaupt im Lager des Lieferanten zum gewünschten Termin verfügbar sind. Die Folge: Aufträge verzögern sich, eingeplante Umsätze verlagern sich in die Zukunft, laufende Kosten und Investitionen fallen aber weiter an. Eine solche Entwicklung kann schnell dazu führen, dass Unternehmen unvorhergesehen und kurzfristig in Liquiditätsprobleme geraten.

Energiekosten im Millionenbereich

Ein aktuelles Beispiel, das nahezu jeden produzierenden Betrieb betrifft, sind die steigenden Energiepreise. Derzeit fällt teils bereits das Vierfache des Vorjahreswertes für energieintensive Betriebe an. Für Großkunden kostete eine Megawattstunde Strom Anfang 2021 noch circa 50 EUR, zum Jahresende waren es 220 EUR. Ein ähnliches Bild zeigt sich beim Erdgas. Dazu kommen noch erhöhte Logistikkosten für die Belieferungen der Kunden sowie längere Wartezeiten. Doch was können Unternehmen in der gegenwärtigen Situation tun?

Eine der größten Herausforderungen bei der Unternehmensplanung stellt die Unsicherheit über die Preisentwicklung für Energie und Rohstoffe dar. Wo steht der Preis in sechs Monaten? Die Erzeugerpreise gewerblicher Produkte sind im März 2022 im Vergleich zum Vorjahr um durchschnittlich 30,9% gestiegen. Laut dem Statistischen Bundesamt handelt es sich um den stärksten Anstieg seit Beginn der Erhebung im Jahr 1949 – und viele Experten gehen von weiteren Steigerungen aus.

Zahlreiche Unternehmen beziehen daher Rohstoffe und Materialien über den Terminmarkt. Hier werden längerfristige Lieferverträge mit einer Laufzeit von mehreren Monaten bis zu einem oder zwei Jahren geschlossen. Da der Lieferant sich in diesem Fall für einen längeren Zeitraum an den Abnehmer bindet, sind jedoch Vorauszahlungsforderungen üblich, die sich nur kapitalkräftige Betriebe leisten können. Auf dem Spotmarkt, bei dem die Ware beispielsweise gegen sofortige Bezahlung und Lieferung gehandelt wird, sind die Preise sehr variabel und verändern sich stündlich. Auch für Transport und Logistik existiert ein solcher Spotmarkt, nach dem die Fracht beauftragt werden kann. Je nach Preisentwicklung kann es aber einen entscheidenden Unterschied machen, wie der Betrieb einkauft. Umfangreiche Fach- und Marktkenntnisse sind daher nötig. Die Unternehmensplanung sollte derzeit konservativ angelegt sein. Termingeschäfte geben Planungssicherheit, doch der dramatische Kostenanstieg im Vergleich zum Vorjahr ist damit noch nicht gelöst.

Gleitpreisklauseln und Teuerungszuschläge

Die Weitergabe der erhöhten Kosten an die Kunden in einem angemessenen Umfang ist eine erste Maßnahme. Hier sind faire Lösungen gefragt. Ein Ansatzpunkt ist die flexible Vertragsgestaltung. Dabei empfiehlt es sich, einige Punkte zu beachten. Unter anderem ist aktuell eine Gleitpreisklausel zu empfehlen. Wie der Name schon sagt, handelt es sich hierbei um getroffene Vereinbarungen im Vertrag mit dem Kunden, die eine Preisanpassung zum Lieferzeitpunkt ermöglichen. Sinnvoll ist dies vor allem, wenn der Kaufvertrag dem Erfüllungszeitpunkt weit vorgelagert ist. Das ist beispielsweise bei Maschinenbauunternehmen ratsam, die für die Kunden maßgeschneiderte Lösungen in einer mehrmonatigen Produktionsphase herstellen, aber auch Produzenten anderer kostenintensiver Waren und Dienstleistungen profitieren von dieser Abmachung. Der Produzent sichert sich damit gegen stark verteuerte Rohstoffpreise ab. Auch mit flexiblen Teuerungszuschlägen kann steigenden Kosten Rechnung getragen werden. Nach der Vereinbarung sichert sie die Anpassung des Kaufpreises, wenn bestimmte Kosten steigen. Solche Klauseln sind jedoch nur rechtsgültig, wenn die Bedingungen zur Preiserhöhung klar aufgeführt und nachvollziehbar sind. Die Preisanpassungen richten sich meist nach festgelegten Indizes, die regelmäßig veröffentlicht werden. Das kann, je nach Auftragslage und der wirtschaftlichen Situation, entscheidend zur stabilen Liquidität des Unternehmens beitragen.

Verschiedene Möglichkeiten prüfen

Wichtig ist, dass die Unternehmen schnell das Gespräch mit allen wichtigen Kunden suchen und praktikable Lösungen erarbeiten. Ist die aktuelle Kalkulation zu eng, sollte nachverhandelt werden – ansonsten kann sich der zuvor lukrative Auftrag schnell als Verlustgeschäft entpuppen. Für die Sicherung der Liquidität gibt es noch weitere Stellschrauben. Möglich sind auch im laufenden Betrieb Sanierungsmaßnahmen, die das Unternehmen wieder zukunftsfähig arbeiten lassen. Wo lassen sich Kosten einsparen? Wo besteht Optimierungspotenzial? Sind Kapizitätsanpassungen nötig? Restrukturierungsexperten wissen: Solche Maßnahmen benötigen ausreichend Zeit. Die Analyse, umfangreiche Planungen und die praktikable Umsetzung dauern meist mehrere Monate. Auch wenn Prognosen über mögliche Umsatz- und Kostenentwicklungen in der aktuellen Situation schwierig sind, sollte die Geschäftsführung verschiedene Szenarien berechnen, auch um zu erkennen, wie viel Zeit für die Verhandlung bleibt und welche Ziele mindestens erreicht werden müssen.

Der frühzeitige Blick bietet die Möglichkeit, verschiedene Lösungswege zu prüfen. Zudem sollte ein Plan B bei schwacher Geschäftsentwicklung oder umfangreichen Strukturanpassungen ins Kalkül gezogen werden. Wenn keine Besserung in Sicht ist und eine Zahlungsunfähigkeit droht, sollte sich die Geschäftsführung umfassend insolvenzrechtlich beraten lassen. Eine zeitige Planung ist hierbei sehr hilfreich. Auch eine Eigenverwaltung kann eine passende Möglichkeit für eine Neuaufstellung sein. Die Geschäftsführung bleibt im Amt und kann das Unternehmen selbst durch das Verfahren führen. Zusammen mit erfahrenen Restrukturierungsexperten lassen sich Sanierungsmaßnahmen planen und umsetzen. Das Unternehmen kann sich wieder zukunftsfähig ausrichten.

FAZIT

Geschäftsführer sollten sich frühzeitig beraten lassen und das Unternehmen krisenfest aufstellen. Denn die Erfahrung zeigt: Wer frühzeitig handelt, hat bessere Chancen. In der gegenwärtigen Situation, in der Preise und Kosten schwer kalkulierbar sind, kann das erfolgsentscheidend sein.

Autorenprofil
Dr. Maximilian Pluta
Dr. Maximilian Pluta

Dr. Maximilian Pluta ist Managing Partner der Pluta Rechtsanwalts GmbH und Geschäftsführer der Pluta Management GmbH. Er leitet den Geschäftsbereich Sanierung und Restrukturierung. Als Rechtsanwalt, Steuerberater und Diplom-Kaufmann hat er bereits zahlreiche größere Unternehmen bei der Sanierung und Restrukturierung oder der Vorbereitung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung begleitet.

www.pluta.net

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