Werte schaffen in schwierigen Zeiten: Private Equity 2025

Warum Investoren 2025 selektiver agieren und welche Branchen trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten in Zukunft glänzen.

Foto: © Elnur_AdobeStock
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Die Private-Equity-Branche in Deutschland befindet sich aktuell in einem komplexen Spannungsfeld. Geopolitische Unsicherheiten, makroökonomische Herausforderungen und steigende Kapitalkosten bremsen die Dynamik, gleichzeitig eröffnen sich aber auch neue Chancen. Im Zuge unserer Artikel-Serie geben nun drei weitere führende Marktakteure einen Einblick in die Lage und die Perspektiven für die kommenden 12 bis 18 Monate.

Dr. Michael Drill
Dr. Michael Drill

„Strategen halten sich derzeit mit aggressiven Akquisitionsstrategien deutlich zurück“, berichtet Dr. Michael Drill, CEO Germany bei Lincoln International. Dies verschaffe Finanzinvestoren jedoch eine starke Ausgangsposition. Besonders auffällig sei die zunehmende Bereitschaft von Eigentümern in Familiengesellschaften, sich aktiver mit Private Equity auseinanderzusetzen. Drill rechnet damit, dass in den nächsten Monaten verstärkt sogenannte „Primary“-Situationen auf den Markt kommen, insbesondere, weil Verkäufe an Finanzinvestoren flexible Nachfolgelösungen ermöglichen. Goetz Hertz-Eichenrode, Geschäftsführer von Hannover Finanz, bestätigt diese Einschätzung. Er erwartet zugleich für das laufende Jahr weiterhin eine niedrige Deal-Aktivität, sieht jedoch ab 2026 eine leichte Belebung. „Die Investitionsprogramme der neuen Bundesregierung könnten dann für Wachstumsimpulse sorgen“, so Hertz-Eichenrode. Auch Thomas Weber von der Deutschen Beteiligungs AG (DBAG) schildert ein eher  gemischtes Bild: „Der aktuelle M&A-Gesamtmarkt befindet sich in einem perfekten Sturm.“ Dennoch seien für die Zukunft wieder erste positive Signale erkennbar. So sei der Einkaufsmanagerindex (PMI) im März 2025 auf den höchsten Stand seit August 2022 gestiegen, und die Produktionszahlen zögen wieder an. „Insbesondere die Investitionen des Bundes in Infrastruktur und Digitalisierung schaffen neue Chancen“, betont Weber.

Exits: Selektive Chancen und neue Wege

Goetz Hertz-Eichenrode
Goetz Hertz-Eichenrode

Das Exit-Umfeld hat sich laut Drill deutlich verlangsamt. Eigentümern von Unternehmen, die nicht stark von unsicheren Einfuhrzöllen abhängig sind, rät er, geplante Verkäufe nicht zu verzögern. „Die Nachfrage nach guten Unternehmen ist auch in schwierigen Zeiten vorhanden“, erklärt er. Sowohl Großkonzerne als auch Finanzinvestoren verfügten über erhebliche liquide Mittel, die investiert werden müssten. Hertz-Eichenrode ergänzt, dass die Haltedauern vieler Portfoliounternehmen steigen. „Gute Unternehmen in resilienten Sektoren lassen sich aber weiterhin gut verkaufen.“ Er rechnet in den nächsten zwei Jahren mit erfolgreichen Exits. Ein wachsender Trend sind Continuation Funds. Drill berichtet, dass diese Fonds, die Portfoliounternehmen über die übliche Haltedauer hinaus begleiten, inzwischen einen bedeutenden Teil der Exit-Aktivitäten ausmachen. „In den USA und Großbritannien sind sie etabliert, und auch in Deutschland gewinnen sie an Bedeutung“, erklärt er. Lincoln International habe in London eigens ein Team aufgebaut, das sich auf diese Vehikel spezialisiert.

Stabilität bei den „Perlen“

Thomas Weber
Thomas Weber

Was die Bewertungen betrifft, so sieht Drill eine zweigeteilte Entwicklung. Während die Preise für attraktive Geschäftsmodelle, vor allem in den Bereichen Technologie und Gesundheit, stabil blieben, gerieten Industrials und Consumer unter Druck. „Die eigentliche Herausforderung ist heute weniger der Multiplikator als das gemeinsame Verständnis eines nachhaltigen EBITDA für 2025“, erläutert er. Diese Einschätzung unterstreicht auch Hertz-Eichenrode, der zudem auf eine größere Spreizung zwischen wachstumsstarken und problembehafteten Unternehmen hinweist. Das Fundraising bleibe anspruchsvoll. Hertz-Eichenrode schildert, dass institutionelle Investoren durch fehlende Rückflüsse oft überallokiert seien. „Die Bedeutung von Family Offices als Kapitalgeber nimmt daher deutlich zu.“ Trotz des schwierigen Umfelds habe Hannover Finanz den HFO Deutschland Fund I mit 100 Millionen Euro erfolgreich aufgelegt.

Operative Exzellenz gewinnt an Bedeutung

Angesichts steigender Zinsen und der Unsicherheit an den Finanzmärkten setzen Private-Equity-Häuser verstärkt auf operative Wertsteigerung. „Wir haben bereits vor einigen Jahren einen sektoralen Ansatz eingeführt und die HF Performance Partners gegründet“, erklärt Hertz-Eichenrode. Diese spezialisierte Einheit unterstütze Portfoliounternehmen in Bereichen wie Financial-, Operational- und Commercial-Excellence. Auch bei der DBAG setzt man auf aktive Begleitung der Beteiligungen. Weber betont die Bedeutung von Buy-and-Build-Strategien und branchenspezifischen Wachstumsstrategien, insbesondere in den Bereichen Automatisierung, Digitalisierung und Robotik. „Unsere Portfoliounternehmen profitieren von Best-Practices und unserer langjährigen Erfahrung im Mittelstand“, sagt er.

KI auf dem Vormarsch

Der Einsatz von Technologie, insbesondere Künstlicher Intelligenz, wird zunehmend wichtiger. „Wir arbeiten bereits mit KI-Tools in der Dealsuche und Analyse“, berichtet Hertz-Eichenrode. Erste eigene KI-basierte Programme seien entwickelt worden, auch wenn die Einsatzmöglichkeiten noch begrenzt seien. Die Entwicklung verlaufe jedoch rasant und verbessere vor allem Effizienz und Analysegeschwindigkeit. Hertz-Eichenrode sieht klare Konsolidierungstendenzen in der Branche. „Größere Private-Equity-Gesellschaften haben Vorteile bei Regulatorik, Compliance und dem Einsatz von KI.“ Dennoch entstünden immer wieder neue Teams, und größere Fonds drängten in den Small- und Mid-Cap-Bereich.

Herausforderungen und neue Chancen

Trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten bleibt Deutschland attraktiv für Private Equity. Drill sieht in der vergleichsweise geringen Private-Equity-Durchdringung deutschen Mittelstandsunternehmen einen klaren Vorteil: „Viele Hidden Champions kommen in den nächsten Jahren als attraktive Primaries auf den Markt.“ Hertz-Eichenrode ergänzt, dass der geringe Dealflow zwar eine Herausforderung darstelle, gleichzeitig aber auch Chancen biete. „Ein guter Ruf und langjährige Erfahrung gewinnen zunehmend an Bedeutung.“ Zudem gebe es attraktive Unternehmen außerhalb der Hype-Sektoren IT und Medizintechnik. Thomas Weber von der DBAG hebt die positiven Auswirkungen der öffentlichen Investitionsprogramme hervor. Diese stärkten die Investitionsbereitschaft des Mittelstands und böten Wachstumschancen, insbesondere in den Bereichen Infrastruktur, Digitalisierung und Umwelttechnologien. Mit ausreichenden Mitteln in verschiedenen Fonds sei die DBAG gut positioniert, um diese Chancen zu nutzen.

Stimmungsumschwung erkennbar

Trotz aller Herausforderungen ist laut Weber ein Stimmungsumschwung spürbar. Die Zahl der Mid-Market-Private-Equity-Deals sei 2024 gestiegen, ebenso das Transaktionsvolumen. „Die großvolumigen Investitionen der Bundesregierung setzen neue Impulse für Unternehmensnachfolgen und Wachstumsfinanzierungen“, sagt er. Diese Dynamik werde die Erholung im Mid-Market-Segment 2025 weiter beschleunigen.

 

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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