“Wer seine Marktchancen nutzen will, für den ist Mezzanine hilfreich”

Unternehmeredition: War es denn nicht gerade 2009 besonders schwierig, Mezzanine-Kapital zu bekommen?
Ebster: Das kann man wohl sagen, das zeigte auch unser Suchprozess. Die Vereinbarung mit M Cap Finance kostet uns letztlich rund 15% p.a. Davon sind 7% plus 3-Monats-Euribor laufende und 7% endfällige Verzinsung. Dazu kommt – gewinnabhängig – ein Equity Kicker. Die Tilgung ist ebenfalls endfällig. Vertragsbestandteil sind auch zwei Finanzkennzahlen (Covenants), die wir einhalten müssen: ein positiver free Cashflow und ein EBITDA mindestens auf 2008er Niveau. Bisher können wir diese Bedingungen gut erfüllen. Im Vergleich zu unserer ersten Mezzanine-Finanzierung, als es sich nur um die Umwandlung einer bestehenden Kreditlinie handelte, haben wir nun aber immerhin “fresh money” erhalten.

Unternehmeredition: Wenn Sie Mezzanine insgesamt betrachten aus Sicht eines Mittelständlers, wie würden Sie es bewerten?
Ebster: Es kommt immer auf die Situation des Unternehmens an. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass Mezzanine relativ teuer ist. Wer genügend Cashflow zur Innenfinanzierung hat oder aus dem Gesellschafterkreis frisches Kapital erhält, kann gut darauf verzichten. Andererseits ist die Beschaffung von Fremdkapital schwieriger geworden – wer seine Marktchancen nutzen will, für den ist Mezzanine hilfreich. Wir haben es aufgenommen, weil wir sonst unsere Wachstumschancen nicht hätten wahrnehmen können. Zudem waren wir unter Druck wegen der verschlechterten Passivseite unserer Bilanz. Vorteil ist auch, dass man nachrangiges Kapital ohne die Stellung von Sicherheiten bekommt und damit seine Bonität verbessert. Auf jeden Fall ist es eine Alternative zur Abgabe von Unternehmensanteilen bzw. Mitspracherechten, wie dies bei “echtem” Eigenkapital der Fall ist.

Unternehmeredition: Wie geht es Ihrem Unternehmen heute?
Ebster: Wir haben heute einige Alleinstellungsmerkmale. Neben der technischen Kompetenz haben wir uns auch tiefgehendes Branchen-Know-how im Konsumgüterbereich erworben. Wir beschäftigen nicht nur Spezialisten der Automatisierungstechnik, sondern eben auch Braumeister, Molkereitechnologen und Chemie-Ingenieure. So verstehen wir unsere Kunden besonders gut und können uns mit unserer Leitsystemfamilie stärker auf deren Bedürfnisse einstellen. Das betrifft die Produktivität der Anlagen, die Qualität der Produkte und die Sicherheit (Verbraucherschutz). Vor diesem Hintergrund und infolge des langsamen Auflösens des Investitionsstaus rechnen wir mit einer dynamischen Entwicklung unseres Geschäfts in nächster Zukunft.

Unternehmeredition: Herr Ebster, vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Bernd Frank.
redaktion@unternehmeredition.de


Zur Person: Wolfgang Ebster
Wolfgang Ebster ist Gründer und CEO der Proleit AG (www.proleit.de) in Herzogenaurach (bei Fürth), die auf die Automatisierung von Industrieanlagen spezialisiert ist und – insbesondere für Brauereien, Molkereien und Getränkehersteller – Software für die Steuerung von Produktionsprozessen entwickelt und installiert. 1986 gegründet, hat das Unternehmen heute vier Inlands- und zehn Auslandsstützpunkte mit gruppenweit 250 Mitarbeitern, davon 180 in Deutschland.

Autorenprofil
1
2
Vorheriger Artikel“Das Mezzanine-Kapital hat sich direkt auf die Eigenkapitalquote ausgewirkt”
Nächster ArtikelTypisch stille Beteiligung