Von der Beteiligungsfinanzierung zum Börsengang

“Der Mittelstand muss ein IPO wieder stärker als Finanzierungsalternative in Betracht ziehen”
Interview mit Uwe Bögershausen, Vorstand, Derby Cycle AG

Unternehmeredition: Herr Bögershausen, warum war Private Equity wichtig für Derby Cycle und wie beurteilen Sie die gemeinsamen Jahre heute?

Bögershausen: Der Management Buy-out war eine grundsolide Mittelstandsfinanzierung durch die deutsche Beteiligungsgesellschaft Finatem und hat es dem Management ermöglicht, seine Pläne umzusetzen. Die Neuausrichtung auf den Vertrieb über den Fachhandel war damals ein mutiger Schritt. Nicht minder anspruchsvoll waren die geplante Internationalisierung und die Besetzung des Themas Elektrofahrrad. Die Partnerschaft mit dem Finanzinvestor hat sich mit Blick auf all diese Ziele als äußerst fruchtbar erwiesen. Und es wurde keineswegs – wie es Private Equity oft unterstellt wird – Geld aus dem Unternehmen herausgezogen. Im Gegenteil: Die Eigenkapitalquote hat sich Jahr für Jahr verbessert und jeder freie Euro wurde in das Wachstum investiert.

Unternehmeredition: Was hat Sie zum Gang an die Börse bewogen und wie gestaltete sich die Verteilung der Mittel aus dem IPO an den Finanzinvestor einerseits und an das Unternehmen andererseits?

Bögershausen: Im Vordergrund stand die Wachstumsfinanzierung. Insgesamt sind dem Unternehmen aus dem IPO nach Abzug aller Kosten rund 17 Mio. EUR zugeflossen. Der Rest in Höhe von 54 Mio. EUR ging an den Finanzinvestor, der derzeit noch Anteile i.H.v. 10% hält. Durch die Umschichtung befinden sich unsere Aktien jetzt zu über 80% in Streubesitz, wobei das Management weiterhin ein Ankerinvestor ist. Die hohe Liquidität in Form von frei im Markt zirkulierenden Anteilen ist für einen Mid Cap wie uns wichtig, um attraktiv zu sein für Anleger.

Unternehmeredition: Wie sind Sie mit den Herausforderungen rund um das IPO zurechtgekommen, und wie beurteilen Sie die damit verbundenen Pflichten zur Transparenz?

Bögershausen: Wir haben eine überzeugende Equity Story, mit der man Investoren begeistern kann. Die Vorbereitung findet allerdings schon unter einem sehr hohen Zeitdruck von vier bis sechs Monaten statt. Die Herausforderungen an die Transparenz sind sicherlich für viele Mittelständler ungewohnt. Aber auch davor muss man keine Angst haben. Der Kapitalmarkt hat Informationsbedürfnisse, und das kann sogar gewinnbringend sein, weil so die eigene Strategie regelmäßig auf den Prüfstand kommt. Man braucht aber auch Rückgrat und darf sich nicht quartalsweise von kurzfristigen Meinungen beeinflussen lassen. Wird eine Strategie logisch begründet, dann akzeptiert sie der Kapitalmarkt auch. Ich würde mittelständischen Unternehmen mit starken und innovativen Produkten auf jeden Fall raten, das IPO wieder stärker als Finanzierungsalternative in Betracht zu ziehen.

Unternehmeredition: Wie schätzen Sie die Perspektiven für den Fahrradmarkt ein?

Bögershausen: Er verändert sich aktuell dramatisch. Wie einst der Erfolg der Mountain Bikes wird das Elektrofahrrad den Markt ganz grundsätzlich verändern. Die Zielgruppe sind heute längst nicht mehr nur die Älteren. Wir sehen immer mehr 40-Jährige, die mit dem E-Bike zur Arbeit fahren, und auch die Politik hat mit Blick auf die Feinstaubbelastung in den Großstädten ein handfestes Interesse. Parallel dazu sehen wir für sportive Räder weltweit einen weiter wachsenden Markt, und nicht zuletzt registrieren wir ein anhaltendes Interesse an hoher Qualität.

Unternehmeredition: Herr Bögershausen, vielen Dank für das Gespräch.

Artikel und Interview: Norbert Hofmann
redaktion@unternehmeredition.de

Kurzprofil: Derby Cycle AG
Gründungsjahr: 2005
Branche: Fahrräder
Unternehmenssitz: Cloppenburg
Mitarbeiterzahl: 550
Umsatz 2009/2010: 173 Mio. EUR
Internet: www.derby-cycle.com

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