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Versicherung gegen bekannte Steuerrisiken

Versicherungen gegen Steuerrisiken führten in den vergangenen Jahren eigentlich ein Exotendasein. Seit eineinhalb Jahren verändert sich dieses Bild jedoch grundlegend. Nicht zuletzt durch die immer stärker etablierte W&I-Versicherung, welche eine Vertrauensbasis sowohl auf Kundenseite als auch bei M&A Professionals schaffen konnte.

Die Anfragen bezüglich Versicherungen gegen Steuerrisiken waren in den Jahren vor 2017 noch marginal. Heute lassen sich Wachstumsraten im dreistelligen Prozentbereich feststellen. Es ist anzumerken, dass hierbei keine Anfragen berücksichtigt wurden, die im Rahmen von W&I-Versicherungen gestellt worden sind.

Was steckt hinter der Versicherung gegen Steuerrisiken und wann kommt diese zum Einsatz?

Wie bereits einleitend erwähnt, haben sich die sogenannten W&I-Versicherungen bei Unternehmenskäufen fest etabliert. Diese decken Ansprüche ab, die aus der Verletzung der vom Verkäufer im Kaufvertrag abgegebenen Garantien und Freistellungen hervorgehen, welche dem Käufer zuvor unbekannt waren.

Eine Versicherung gegen Steuerrisiken umfasst im Gegensatz dazu die bereits bekannten Steuerrisiken. Vor allem im Rahmen von Unternehmenstransaktionen wird regelmäßig eine steuerliche Due Diligence-Prüfung durchgeführt. Diese wirft oftmals die Frage auf, wer das wirtschaftliche Risiko der identifizierten Steuerrisiken tragen soll. Bestehen über die Qualifizierung und Quantifizierung des Steuerrisikos unterschiedliche Auffassungen, kann dies mitunter zu Konflikten zwischen den Vertragsparteien führen. Eine negative Transaktionsdynamik ist dabei häufig die Folge. Durch eine entsprechende Versicherungslösung lassen sich diese Probleme vermeiden, da die Parteien auf diese Weise die jeweiligen Risiken aus den Vertragsverhandlungen herauslösen.

Den typischen Anwendungsfall einer Versicherung gegen Steuerrisiken gibt es allerdings nicht. Sie ist grundsätzlich bei allen Arten von Steuerrisiken einsetzbar.

Eine Besonderheit gilt es dennoch zu beachten: Risiken, die ihren Ursprung im tatsächlichen beziehungsweise faktischen Bereich haben, können nicht versichert werden. Das ideale Steuerrisiko sollte also auf eine rein rechtliche Unsicherheit zurückzuführen sein. Es ist zu empfehlen, dass der steuerliche Berater bereits in einem frühen Stadium ein Gutachten zum jeweiligen steuerlichen Risiko erstellt. Dies beschleunigt den Prozess bis zum Abschluss der Versicherung erheblich. Dabei darf die Eintrittswahrscheinlichkeit des zu versichernden Risikos einen bestimmten Schwellenwert nicht überschreiten. Typischerweise sollte die Eintrittswahrscheinlichkeit unter 30 Prozent liegen.

Eine Versicherung gegen Steuerrisiken kommt nicht nur bei M&A-Transaktionen zum Einsatz. Weitere Beispiele sind die Reorganisation von Unternehmen – beispielsweise als Alternative zur verbindlichen Auskunft. Auch ganz allgemein bei historischen Steuerrisiken innerhalb des Unternehmens ist eine Versicherung zu empfehlen.

Versicherungen gegen Steuerrisiken führten in den vergangenen Jahren eigentlich ein Exotendasein. Seit eineinhalb Jahren verändert sich dieses Bild jedoch grundlegend. Nicht zuletzt durch die immer stärker etablierte W&I-Versicherung, welche eine Vertrauensbasis sowohl auf Kundenseite als auch bei M&A Professionals schaffen konnte.

Beispiele für versicherbare Steuerrisiken

Wie bereits geschildert, können Versicherungen gegen Steuerrisiken keinem typischen Anwendungsbereich zugeordnet werden. Jedoch lässt sich gegenwärtig eine erhöhte Nachfrage von Private Equity-Investoren sowie von Immobilieninvestoren verzeichnen.

Aus der Praxis daher die folgenden zwei Beispiele für eine Versicherung gegen Steuerrisiken:

  1. Umqualifizierung in Forderungsverzicht

Bei einer steuerlichen Due Diligence-Prüfung stellte sich heraus, dass die Muttergesellschaft im Rahmen von Sanierungsmaßnahmen Bareinlagen in die Tochtergesellschaft geleistet hat. Daraufhin tilgte die Tochtergesellschaft mit diesen Barmitteln Verbindlichkeiten gegenüber der Muttergesellschaft.

Es besteht hierbei das Risiko der Umqualifizierung in einen Forderungsverzicht, der in Höhe des nicht werthaltigen Teils der Forderung steuerpflichtig wäre.

Das Gutachten, das der Steuerberater des Verkäufers erstellt hat, verweist auf ein geringes steuerliches Risiko hinsichtlich einer Nicht-Akzeptanz der Steuerneutralität der Sanierungsmaßnahme durch die Finanzverwaltung. Eine verbindliche Auskunft wurde aus Zeitgründen nicht beantragt.

Der Verkäufer ist nicht bereit, dem Käufer hierfür eine Freistellung zu geben. Die Versicherung hat den Steuereffekt versichert, der sich aus einer Umqualifizierung ergibt.

  1. Tatsächliche Durchführung eines Ergebnisabführungsvertrages

Voraussetzung für die Anerkennung einer ertragsteuerlichen Organschaft ist die tatsächliche Durchführung des Ergebnisabführungsvertrages. Das Gesetz gibt jedoch nicht vor, wie und wann dieser durchzuführen ist, was in der Praxis zu erheblichen Unsicherheiten führt.

Im Rahmen einer steuerlichen Due Diligence ergaben sich somit Risiken in Bezug auf die tatsächliche Durchführung des Ergebnisabführungsvertrages.

Aus dem Gutachten des steuerlichen Beraters des Verkäufers leitet sich ein geringes steuerliches Risiko ab, dass die ertragsteuerliche Organschaft nicht von der Finanzverwaltung akzeptiert wird.

Der Verkäufer ist nicht bereit, dem Käufer hierfür eine Freistellung zu geben. Die Versicherung hat den Steuereffekt versichert, der sich aus einer Aberkennung der ertragsteuerlichen Organschaft ergibt.

Versicherungen gegen Steuerrisiken führten in den vergangenen Jahren eigentlich ein Exotendasein. Seit eineinhalb Jahren verändert sich dieses Bild jedoch grundlegend. Nicht zuletzt durch die immer stärker etablierte W&I-Versicherung, welche eine Vertrauensbasis sowohl auf Kundenseite als auch bei M&A Professionals schaffen konnte.

Versicherungsprämie, Laufzeit und Zeitrahmen

Versicherungen gegen Steuerrisiken sind maßgeschneiderte Produkte. Es gestaltet sich daher schwierig, eine pauschale Aussage zur Höhe der Versicherungsprämie zu tätigen. Es kann jedoch festgehalten werden, dass besonders das individuelle Risikopotenzial Einfluss auf den Umfang der jeweiligen Prämie hat. Aktuell liegt diese zwischen drei und zehn Prozent der Versicherungssumme. Aufgrund der steigenden Nachfrage lässt sich aber auch hier eine Entwicklung der Versicherungsprämie zugunsten des Versicherungsnehmers verzeichnen.

Die Laufzeit einer Steuerversicherung beträgt regelmäßig sieben Jahre. Manche Versicherungen bieten eine Verlängerung auf bis zu zehn Jahre an.

Was den Zeitrahmen bis zum Abschluss der Versicherung betrifft, so sollte der Versicherungsnehmer mit fünfzehn bis zwanzig Arbeitstagen ab der offiziellen Beauftragung des Versicherers rechnen.

FAZIT

Die Versicherung gegen Steuerrisiken ist heute längst nicht mehr als Nischenprodukt anzusehen. Bei Unternehmenstransaktionen und -reorganisationen, aber auch bei historischen Steuerrisiken im Allgemeinen gehört sie mittlerweile zum festen Repertoire vieler Berater. Rechtzeitig in den Prozess eingebunden, leistet diese Art der Versicherung einen erheblichen Wertbeitrag zur Beseitigung von Dealbreakern bei M&A-Transaktionen.


Zu den Personen

Dennis Klöppel ist Partner bei der Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und leitet die Transaction Tax-Abteilung in Berlin. Dennis.Kloeppel@de.ey.com

Dr. Dennis Froneberg ist Leiter des Bereichs M&A für Nordeuropa bei AIG. Er hat mehr als 150 Versicherungsverträge in den vergangenen drei Jahren abgeschlossen und über zehn Jahre Berufserfahrung im M&A-Bereich. Dennis.Froneberg@aig.com

Patrick Löffler ist Senior Underwriter im Bereich M&A-Versicherungen bei AIG mit dem Schwerpunkt auf Versicherungen gegen Steuerrisiken im deutschsprachigen Raum. Zuvor war er als Rechtsanwalt und Steuerberater in einer internationalen Großkanzlei in Frankfurt im Bereich Corporate/Tax tätig.
Patrick.Loeffler@aig.com

 

 

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