Langfristigkeit vor Spontanaktionen

Welche Strategie eine Stiftung verfolgt, hängt entscheidend von ihrer Gründungsmotivation ab: Gilt die Organisation der Nachfolgeregelung, der finanziellen Absicherung der Familie oder soll diese das Unternehmen vor einer Zersplitterung schützen, so stehen das Vermögen, Mitarbeiter und Anspruchsgruppen des Unternehmens sowie die Familie im Fokus der Strategieplanung. Dagegen sollte bei gemeinnützigen Stiftungen die Festlegung von Werten, Zielen und Visionen sowie deren Kommunikation nach außen vordergründig sein.

Wer nach der Stiftungsgründung eine Strategie für die Arbeit der Organisation entwickeln will, muss nicht bei null anfangen: Um zu verdeutlichen, was sich hinter den verklausulierten Begriffen in der Stiftungssatzung verbergen soll, wird oft dem Stiftungsgeschäft eine Präambel vorangestellt, die eine Gründungsmotivation des Stifters erläutert und Ziele und Visionen definiert. Schon hier beginnt der erste Strategieansatz.

Während andere, gerade neu gegründete Stiftungen erst damit beginnen müssen, Werte zu definieren, können diejenigen, welche aus Familienunternehmen heraus geboren werden, ihre Leitlinien an vorhandene Traditionen und Ideale knüpfen. Auf diese Weise festigen sie einmal mehr eine, im besten Fall gewachsene, Identifikationskultur ihrer Anspruchsgruppen. Abgesehen von den bereits genannten zählen hier auch nationale und internationale Kooperationspartner und Zulieferer, Freunde und Bekannte der Familie, gegebenenfalls Vereine und Clubs und sonstige Destinatäre aus der Vergangenheit. Gerade letztere kann man durch die Gründung einer eigenen gemeinnützigen Stiftung und durch eine schlüssige Strategie bündeln, ohne die Heterogenität der einzelnen Gruppen einschränken zu müssen.

Sind Ziele und potenzielle Begünstigte einmal definiert, ergeben sich neue Erörterungspunkte. Gerade bei gemeinnützigen Stiftungen sollte die Frage nach der Erwartungshaltung der Destinatäre zum einen und der Legitimation in der Gesellschaft zum anderen im Zentrum stehen. Welche Handlungsfelder und Ressourcen, materielle wie personelle, bestehen, welcher Aktionsradius sollte abgedeckt werden, mit gegebenenfalls welchen Partnern erreicht man die größte Hebelwirkung? Und soll die Stiftung nur rein fördernd oder operativ tätig sein?

Sobald alle Fragen beantwortet sind, lassen sich hieraus Handlungsfelder erarbeiten. Möchte eine gemeinnützige Stiftung rein fördernd tätig sein, so muss überlegt werden, in welchen Zeiträumen welche Personen mit wie viel Geld ausgestattet werden sollen. Wie kann ein Auswahlverfahren stattfinden, soll ein Preis gestiftet werden oder bindet man sich längerfristig an schon bestehende gemeinnützige Organisationen, mit denen man gegebenenfalls bereits im Vorfeld gute Erfahrungen gemacht hat?

Eine operativ tätige Stiftung kann aus den einzelnen Handlungsfeldern Projekte entwickeln, aus welchen sich in der Zukunft wieder neue Unterkategorien herausbilden können (vergleiche Abbildung). Wichtige Fragen sind hierbei: Gibt es ein bestimmtes Leuchtturmprojekt, welches besonders nach außen kommuniziert werden soll? Welche Handlungsfelder können/müssen schnell umgesetzt werden, welche sollen nachhaltiger Natur sein? Auch hier sollte bereits festgelegt werden, was man sich von einem Projekt in welchem Zeitraum erwartet, um einer späteren Evaluation die Grundlagen zu bereiten.

In Zeiten renditeschwacher Vermögensanlagen ist es ganz besonders wichtig, eine gemeinnützige Stiftung mit einem größtmöglichen Grundstockkapital auszustatten. So kann diese von künftigen weiteren geplanten Zustiftungen des eigenen Unternehmens unabhängig bleiben, sollte nicht das gesamte Familienunternehmen in einer Stiftung aufgehen, sondern z.B. in Form einer Doppelstiftung angelegt sein.

Selbstverständlich gilt aber auch hier die bestmögliche Auswahl an Anlageoptionen festzulegen und einer professionell angelegten Vermögensstrategie zu folgen. Dabei wird allgemein zu einer Diversifikation geraten, die Risikoanlagen mit höheren Renditen und konservativen sicheren Anlagen in einem Portfolio kombiniert.

Die Vernetzung wirtschaftlichen und gemeinnützigen unternehmerischen Handelns und deren Synergieeffekte auf allen Ebenen zu nutzen ist Ziel eines gelungenen Corporate Citizenships. Dies kann auch durch Gründung einer eigenen selbstständigen gemeinnützigen Unternehmensstiftung erlangt werden.

Welche Maßnahmen ein Unternehmen für sein spezielles individuelles gesellschaftliches Engagement wählt, sollte im Vorfeld ebenfalls anhand eines gut analysierten Strategieplans festgelegt und anschließend gezielt an die Öffentlichkeit kommuniziert werden. Dabei gilt Langfristigkeit vor Spontanaktionen, inhaltliche und auch geographische Analysen der Zielgruppen (regional, national, international) und die Wahl kompetenter Partner und sinnvoller Netzwerke.

Noch immer gibt es gemeinnützige Stiftungen, die davon ausgehen, dass der in den USA gängige Leitspruch bei Nonprofit-Organisationen „tue Gutes und sprich darüber“ nicht in die Wertestruktur deutscher Stiftungen gehört. Aber selbst Organisationen, die mit ausreichend Mitteln ausgestattet sind und ohne weitere Spender auskommen können und wollen, haben schon aufgrund ihrer Anerkennung als gemeinnützig die Pflicht, ihr Handeln nach außen zu kommunizieren.

Des Weiteren hat die Organisationsform „Stiftung“ vermehrt ein Imageproblem aufgrund weniger schwarzer Schafe, die aber leider in allen Medien die öffentliche Meinung prägen. Um diesem entgegenzuwirken, heißt es, Transparenz auf allen Ebenen zu leisten. Zu einer soliden Kommunikationsstrategie zählt neben der öffentlichen Darlegung der Stiftungssatzung auch eine Aufstellung von Projekten und finanziellen Mitteln (Einnahmen und Ausgaben) sowie eine professionelle Pressearbeit.

Auch der Ausbau der Stiftung als Marke ist ein nachhaltiges und wichtiges Instrument in der Strategieumsetzung. Wenn auch nicht für jede Stiftung gleich wichtig, so zählt doch eine Markenstrategie und deren Umsetzung zumindest zur Kür und vereinfacht Kommunikations- und Öffentlichkeitsarbeit sowie stets die Besinnung auf die eigenen Werte und Ziele.

Auch die Strategieplanung einer Stiftung eines Familienunternehmens sollte sich wie ein roter Faden durch alle Bereiche ziehen. Ausgehend von der Gründungsmotivation des Stifters und der Wahl der Organisation sollten alle weiteren wichtigen Entscheidungen und künftigen Handlungen abhängen. Dabei begründen bereits bestehende Traditionen und Werte der Familie auch für die Zukunft das „Wie“, eine professionelle Projekt- und Vermögensstrategie das „Wodurch“ und eine gezielte Kommunikationspolitik das „Deshalb“ der Stiftungszwecke.

Zur Person:
Giulia Roggenkamp ist Inhaberin der Firma european nonprofit advisors in München. Diese führt die Tätigkeiten des Bereichs content & communications der european foundation advisors AG fort. Sie berät seit einigen Jahren Stiftungen, NPOs und Unternehmen im Bereich Strategieplanung, Marketing und Kommunikation sowie CSR-Aktivitäten. www.enopa.org

 

Dieser Beitrag erschien ursprünglich in der Sonderausgabe “Familienunternehmen & Stiftung” des Magazins Die Stiftung, einer Schwesterpublikation der Unternehmeredition.

Autorenprofil

Giulia Roggenkamp ist Inhaberin der Firma european nonprofit advisors in München. Diese führt die Tätigkeiten des Bereichs content & communications der european foundation advisors AG fort. Sie berät seit einigen Jahren Stiftungen, NPOs und Unternehmen im Bereich Strategieplanung, Marketing und Kommunikation sowie CSR-Aktivitäten. www.enopa.org

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