Siegfried Kiefer, Simon Hegele Gesellschaft für Logistik und Service mbH: Unklare Perspektiven (Ausgabe 1/2008)

Die Subprimekrise und der deutsche MittelstandSeit langem ging es dem deutschen Mittelstand nicht mehr so gut wie vor einem Jahr. Volle Auftragsbücher, steigende Gewinne und positive Erwartungen an die Zukunft bestimmten das Bild
Seit langem ging es dem deutschen Mittelstand nicht mehr so gut wie vor einem Jahr. Volle Auftragsbücher, steigende Gewinne und positive Erwartungen an die Zukunft bestimmten das Bild. Als im Sommer 2007 unvermittelt die Subprimekrise auftauchte, schien sie auf den ersten Blick nur ein vorüberziehendes Wölkchen am blauen Himmel zu sein. Das hat sich inzwischen schlagartig geändert, aus dem Wölkchen wurde ein Hurrikan – und das ganze Ausmaß ist noch nicht absehbar.
Wie war dies möglich?
Ich selbst habe bereits 2006 in Gesprächen mit US-Amerikanern über das Kreditvergabeverhalten gestaunt: Beim Kauf einer Immobilie wurde nicht nur der Kaufpreis kreditfinanziert, sondern darüber hinaus mit der Aussicht auf steigende Immobilienpreise noch weitere Anschaffungen. Auch meine Gesprächspartner wunderten sich über die risikofreudige Kreditvergabepolitik und den künstlich angeheizten Immobilienmarkt. Wie konnte sich ein global agierendes Finanzsystem mit einer weltweit abgestimmten Banken- und Notenbankaufsicht überhaupt auf derart riskante und höchst spekulative Deals einlassen? Schließlich sahen wir bereits in den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts Bestrebungen der Bankenaufsicht, die Risiken der Banken zu beschränken und deren Risikopuffer zu erhöhen.
Auswirkungen auf den Mittelstand
Seit der Jahrtausendwende war Basel II in aller Munde mit dem Ziel einer weiteren Reduzierung von Risikopositionen der Kreditinstitute. Seither hat sich das Kreditvergabeverhalten im europäischen Raum verändert. Mittelständische Unternehmen finanzierten sich vermehrt über kapitalmarktorientierte Transaktionen wie etwa mezzanine Finanzierungen. Die Auswirkungen auf den Mittelstand scheinen bisher gering. Das Gespräch mit unseren Hausbanken etwa stimmt uns positiver, als es die Pressemitteilungen vermuten lassen. Mezzanine Finanzierungen sind weiterhin möglich. Die Banken bevorzugen hierbei den Selbsteintritt und sind eher bereit, Kredite an uns als an andere Kreditinstitute zu vergeben. Auch bei klassischen Leasingfinanzierungen haben wir keine Einschränkungen erfahren. Es ist das Nichtgesagte, was uns nachdenklich stimmt.
Drohender Übergriff auf die Realwirtschaft
Aktuell wird die Diskussion emotional geführt. Die Marktteilnehmer wissen nicht genau, welches Ausmaß die Krise haben wird. Selbst der Deutsche Bank-Vorstandsvorsitzende Josef Ackermann und US-Notenbankchef Ben Bernanke halten weitere Hiobsbotschaften für wahrscheinlich. Bisher beschränkt sich die Vertrauenskrise noch ausschließlich auf den Finanzsektor. Hier ist das Interbankengeschäft aufgrund der Risikoaufschläge beinahe zum Erliegen gekommen. Was fehlt, ist jedoch eine klare Perspektive, wie die Krise im Finanzsektor gemeistert und wie ein Überschwappen auf die Güter- und Dienstleistungsmärkte verhindert werden soll. Realwirtschaftliche Investitionsentscheidungen sind das Resultat aus der Abwägung von Chancen und Risiken. Und hier hat die Krise erste Auswirkungen! Aus Unsicherheit werden keine Entscheidungen mehr getroffen.

Autorenprofil

Siegfried Kiefer (info@hegele.de)ist Geschäftsführer der Simon Hegele Gesellschaft für Logistik und Service mbH. 1920 als Möbeltransportunternehmen gegründet, hat sich Simon Hegele inzwischen zu einem Anbieter logistischer Komplettlösungen entwickelt, kümmert sich um Beschaffung und Einkauf, organisiert die Warenströme vom Lieferanten bis zum Produktionsort und übernimmt die Qualitätsprüfung sowie die Lagerhaltung in modernen Logistikcentern. Mit 1.400 Mitarbeitern erwirtschaftete das Karlsruher Unternehmen 2006 einen Jahresumsatz von 180 Mio. Euro. Im Januar war Simon Hegele zum zweiten Mal unter den Preisträgern des Wettbewerbs "Top Job - Die 100 besten Arbeitgeber im Mittelstand". www.hegele.de

Vorheriger ArtikelDr. Dieter Hundt, Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA): In den Papierkorb! (Ausgabe 1/2008)
Nächster ArtikelDieter Manz, Manz Automation AG: Wachstumsmarkt Asien (Ausgabe 1/2008)