Unternehmensnachfolge: Fremdkapitalzinsen sind kein “Showstopper”

Wie können Mezzanine-Finanzierungen bei einer Unternehmensnachfolge behilflich sein?

Foto: © Thinkstock/iStock
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Die Zahl der Firmen, bei denen eine Unternehmensnachfolge ansteht, wächst immer weiter. Wie kann diese Welle gebrochen werden? Wir sprachen mit Geschäftsführer Dr. Steffen Huth und Investment Managerin Lena Lang von der BMH Beteiligungs-Managementgesellschaft Hessen mbH über die aktuelle Entwicklung.

Unternehmeredition: Nach den jüngsten Zahlen der KfW streben bis zum Ende des Jahres 2026 rund 560.000 der 3,8 Millionen mittelständischen Betriebe eine Nachfolge an. Das sind rund 15% der deutschen Unternehmen. Stehen wir vor einer unbeherrschbaren Nachfolgewelle? Was für Auswirkungen bringt das mit sich?

Dr. Steffen Huth: Die Nachricht von einer hohen Anzahl von anstehenden Unternehmensnachfolgen in Deutschland ist im Kern nicht neu – wir hören das schon seit mehr als zehn Jahren. Das ist unter anderem eine Folge des demographischen Wandels und der trifft uns nicht überraschend. Diese Entwicklung an sich erfordert Maßnahmen auf vielen Ebenen. Wir versuchen unseren Teil dazu beizutragen, indem wir anstehende Nachfolgesituationen mit unseren Finanzierungsmöglichkeiten begleiten und unterstützen.

Lena Lang: Bei den am Markt kursierenden Zahlen von Unternehmensnachfolgen in den kommenden Jahren ist aber auch immer zu beachten, dass rund 90% der Firmen in Deutschland schlicht zu klein für eine strukturierte Nachfolgeregelung sind. Wenn es zu wenige Mitarbeitende gibt und vor allem keine etablierte und funktionierende zweite Führungsebene, dann hängt das Wohl und Weh zu stark am aktuellen Inhaber. Nach meiner Einschätzung eignen sich in Deutschland jährlich zwischen 8.000 und 10.000 Betriebe für eine Nachfolgeregelung.

Der Kauf eines Unternehmens erfolgt in den seltensten Fällen ohne eine begleitende Finanzierung. Wie haben sich in den vergangenen Jahren aus Ihrer Sicht die Bedingungen entwickelt? Höhere Zinsen und eine stärkere Zurückhaltung aufseiten der Banken machen Übernahmen sicher nicht leichter.

Steffen Huth: Die Strukturierung einer Finanzierung wird durch das steigende Zinsniveau nicht erleichtert – so viel steht fest. Der Kaufpreis in seiner Gesamtbetrachtung wird dadurch schon beeinflusst. Aber auf der anderen Seite muss man auch so ehrlich sein, dass Fremdkapitalzinsen bei einer Firmenübernahme kein ´Showstopper´ sind. Wir erleben in unseren Gesprächen derzeit, dass viele Banken einer Nachfolgefinanzierung durchaus positiv gegenüberstehen. Die Stimmung würde ich schon als aufgeschlossen bezeichnen. Es gibt inzwischen auch vermehrt die Möglichkeit für längere Laufzeiten über sechs Jahre hinaus. Für alle Beteiligten einer Finanzierungsstruktur gilt allerdings, dass seit der weltweiten Coronapandemie und den Unsicherheiten durch die Kriege in der Ukraine und Nahost gewisse Risiken eingepreist werden müssen. Am Ende drückt dies also die Bewertung.

Wie kann durch eine „Stille Beteiligung“ die Eigenkapitalstruktur eines Übernehmers verbessert werden? Und welchen Sinn hat ein solcher Schritt?

Steffen Huth: Die stille Beteiligung an einem Unternehmen durch einen Eigenkapitalgeber wie uns als BMH Beteiligungs-Managementgesellschaft Hessen mbH ist keine solitäre Maßnahme, sondern Bestandteil eines abgestimmten Konzeptes. Wir stimmen uns hier intensiv mit allen Beteiligten ab. Die finanzierende Bank gibt vor, welcher Anteil an Fremdkapital in der individuellen Finanzierungsstruktur sinnvoll ist. Üblicherweise liegen die Werte hier zwischen 50% und 60%. Die fehlende Summe muss dann aus anderen Quellen gespeist werden – und eine stille Beteiligung kann dann mit dazugehören. Weitere Quellen sind das Eigenkapital des Übernehmers oder auch ein Verkäuferdarlehen. Der Effekt einer stillen Beteiligung ist die Verbesserung der Eigenkapitalstruktur des Unternehmens. Der Kapitalgeber erhält für sein eingebrachtes Kapital eine Gewinnbeteiligung und bestimmte Kontrollrechte – aber die Einlage gilt bei der Ermittlung der wichtigen Ratingfaktoren als Eigenkapital. Durch ein günstigeres Rating können sich die Kreditkonditionen verbessern – oder das Unternehmen bekommt überhaupt erst einen Zugang zum Fremdkapitalmarkt.

Wie kann beispielhaft ein solche Finanzierungsstruktur aussehen bei einer Nachfolgeregelung mit einer begleitenden stillen Beteiligung?

Lena Lang: Ein einfaches Modell – um mit glatten Zahlen zu rechnen – könnte so aussehen: Der Kaufpreis für das zu übernehmende Unternehmen in der laufenden Nachfolge wird gemeinsam auf 10 Mio. EUR festgelegt. Die finanzierende Bank steuert 5 Mio. EUR als Kredit bei mit einer Laufzeit von sieben Jahren – das erste Jahr der Kreditlaufzeit bleibt tilgungsfrei. Der Käufer stellt 500.000 EUR in dieser Struktur als Eigenkapital zur Verfügung und zusätzlich gibt der Unternehmensverkäufer ein Darlehen von 1,5 Mio. EUR. Die fehlenden 3 Mio. EUR erfolgen als stille Beteiligung – beispielsweise von einer mittelständischen Beteiligungsgesellschaft wie der BMH. Die Laufzeit dieser Beteiligung beträgt in der Regel zehn Jahre und wird ab dem 8. Jahr getilgt. Die Verzinsung dieser stillen Beteiligung liegt üblicherweise leicht über den klassischen, gerade marktüblichen Fremdkapitalzinsen. Dafür ist diese Beteiligung – quasi wie bei Eigenkapital – nachrangig abgesichert. In dem aktuellen Beispiel beträgt das Eigenkapital der Finanzierung 35%.

Wie sprechen Sie als bmh Hessen verkaufswillige Unternehmen oder potenzielle Nachfolger/Übernehmer an? Gibt es überhaupt genügend geeignete Nachfolger?

Steffen Huth: In den meisten Fällen werden wir durch die Hausbank des Unternehmens ins Spiel gebracht. Dieses Institut kennt die Firma bereits seit vielen Jahren und kann die mittel- bis langfristige Leistungsfähigkeit sehr gut einschätzen. Es kommt aber auch vor, dass wir von beteiligten M&A-Beratern angesprochen werden, die an einer Finanzierung für eine Unternehmensübertragung arbeiten. Auch die regionalen IHKs nehmen immer wieder mit uns Kontakt auf. Wir hatten auch schon einige Anfragen von potenziellen Käufern, die sich bei uns nach möglichen Opportunitäten für Investitionen erkundigen.

Wir stellen grundsätzlich fest, dass es inzwischen weniger Nachfolgeregelungen innerhalb der Familie im Vergleich zu früheren Jahren gibt. Ganz offensichtlich wollen die Kinder nicht mehr so oft das elterliche Unternehmen übernehmen. Hinzu kommt der schon bekannte demographische Faktor – es gibt also grundsätzlich weniger junge Menschen und damit auch weniger potenzielle Nachfolger.

Sehen Sie Ihre Rolle auch darin, Unternehmen am Markt zu halten und damit Wirtschaftskraft und Arbeitsplätze zu erhalten?

Lena Lang: Wir übernehmen gerne eine unterstützende Rolle für die heimischen Firmen. Das gilt sowohl für klassische Fälle einer Unternehmensnachfolge wie auch die Unterstützung von Wachstumsfinanzierungen. Wir steuern eine Eigenkapitalbeteiligung bei, um die Finanzierungsstruktur zu verbessern und auch bessere Konditionen bei Fremdkapitalgebern erreichen zu können. Damit erhalten wir Unternehmen. Weiterhin sehen wir es als unsere Aufgabe an, die Awareness für eine rechtzeitige Vorbereitung einer Unternehmensnachfolge zu erhöhen. Denn mit einer möglichst großen Vorlaufphase steigen die Chancen einer erfolgreichen Durchführung.

Wir danken Ihnen für das interessante Gespräch!


ZUR PERSON

Steffen Huth, Foto: bmh
Steffen Huth, Foto: bmh

Dr. Steffen Huth ist seit 2021 Geschäftsführer der BMH Beteiligungs-Managementgesellschaft Hessen mbH. Als 100-prozentige Tochtergesellschaft der Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale (Helaba) ist die BMH aktiv in die Wirtschaftsförderung des Landes Hessen eingebunden. Die mittelständische Beteiligungs- und Venture-Capital-Gesellschaft bündelt die öffentlichen Beteiligungsinteressen und Finanzierungsinstrumente für Frühphasen-, Wachstums- und Mittelstandsunternehmen in Hessen. Vor seiner Tätigkeit für BMH Hessen war er für die Beteiligungsgesellschaft abacus alpha GmbH als Investment Manager tätig.

 

 

Lena Lang, Foto: bmh

Lena Lang ist seit Juli 2020 Investment Managerin bei der bmh. Zuvor war sie in verschiedenen Positionen bei UniCredit/HypoVereinsbank, überwiegend im Bereich der Unternehmensfinanzierung, tätig. Bei der bmh begleitet sie hessische KMUs bei Wachstums- und Innovationsvorhaben sowie bei Nachfolgeregelungen (MBO/MBI) und Übernahmen.

 

 

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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