Übergabe im Dialog

Der Fall der Stickel GmbH aus dem schwäbischen Löchgau ist ein Musterbeispiel für eine langfristig geplante Nachfolge. Er zeigt, wie wichtig dabei vor allem Vertrauen und Respekt sind. 

Vom Ein-Mann-Betrieb zum Marktführer

Zeit, das Handwerk zu lernen, hatte sein Vater genug. Mit 25 gründete er eine Karosseriewerkstatt. Er reparierte und lackierte im Ein-Mann-Betrieb, sein eigener Herr, wie schon der eigene Vater. Die Fertigkeiten des jungen Mannes sprachen sich herum. 1987 gründete er die Stickel GmbH und bearbeitete von Hand Spezialkotflügel für Tuning-Firmen wie AMG oder Gemballa. In den neunziger Jahren kam dann der Prototypenbau für Porsche hinzu. Das war der Beginn des Aufstiegs in die komplette deutsche Autoindustrie. Porsche empfahl Stickel weiter an VW, von VW ging es weiter an Audi und so weiter. In einem derart kleinen Markt wie Prototypenbau läuft viel über Referenzen.

Jahrelange Erfahrung: In Handarbeit fertigen Mitarbeiter bei Stickel Prototypenteile für Porsche oder Audi.
Jahrelange Erfahrung: In Handarbeit fertigen Mitarbeiter bei Stickel Prototypenteile für Porsche oder Audi.

Dennoch gibt es Konkurrenten, gerade im Raum Heilbronn, wo auch die Firma Stickel sitzt. „Typisch baden-württembergisch“, meint Walter Weik von der L-Bank, der Staatsbank von Baden-Württemberg. Der ohnehin starke Mittelstand hat eine starke Produktionsorientierung, und spezialisierte Cluster finden sich zuhauf. Dennoch hat es Wilhelm Stickel über die Jahre hinweg geschafft, seine Firma als Marktführer zu etablieren. Heute beschäftigt das Unternehmen 82 Mitarbeiter und erwirtschaftete 2012 gute 10 Mio. EUR Umsatz.

Vorteil Spezialisierung

Doch eben weil das Segment des Prototypenbaus so speziell ist, sind die Wachstumsmöglichkeiten begrenzt. Den kompletten deutschen Automobilmarkt hat Stickel bereits aufgerollt, Auslandsgeschäft spielt so gut wie keine Rolle. Umso wichtiger ist das Aufdecken neuer Geschäftsfelder. Bei Stickel ist das seit 2006 das Fertigen von Ersatzteilen für Oldtimer. Auch in diesem Segment hatte sich das Know-how des Hidden Champions herumgesprochen. Nach mehreren gezielten Anfragen entschieden sich Vater und Sohn, einen eigenen Geschäftsbereich aufzubauen. Dafür wurde 2013 eine neue Produktionshalle gebaut, bei der Finanzierung half ein Darlehen der L-Bank. Da die Halle besonders energieeffizient realisiert wurde, war das Darlehen zinsverbilligt. Mit diesem Programm möchte die L-Bank die Energiewende aktiv unterstützen. Die Nachfrage danach ist groß, neben Wachstumsfinanzierungen wird die „Energieeffizienzfinanzierung“ am häufigsten ausgereicht. „Wer in eine neue Halle oder Produktionsanlage investiert, versucht dabei meistens auch, seinen Energieverbrauch und seine Umweltbilanz zu verbessern“, so Walter Weik. Sehr baden-württembergisch, sehr pragmatisch.

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