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Wer blockiert Investitionen in Deutschland?

Die deutsche Wirtschaft brummt. Aber es fehlt an ausreichenden Zukunftsinvestitionen von staatlicher und privater Seite. Daran ist vor allem die Politik schuld. 

Die Investitionen in Deutschland sind in der wirtschaftspolitischen Diskussion im Inland und im Ausland ein hitziges Thema. Wichtig ist dabei die Frage, ob die Investitionen mit Blick auf den künftigen Wohlstand zu schwach sind. Investitionen bestimmen die Entwicklung des Kapitalstocks und damit das gesamtwirtschaftliche Produktions- und Einkommenspotenzial. Den zu erwartenden demografisch bedingten Bremseffekten kann mit einer forcierten Investitionstätigkeit begegnet werden. Das setzt allerdings voraus, erst einmal herauszufinden, was aktuell Investitionen blockiert.

Deutschland investiert seit 15 Jahren weniger

Ob Deutschland derzeit unter einer Investitionsschwäche leidet, ist empirisch nicht eindeutig festzustellen. Die Veränderungsraten lagen zuletzt über dem langjährigen Durchschnitt. Die eher niedrigen Investitionsquoten sind nicht neu, sondern schon seit fast 15 Jahren zu beobachten. Allerdings hält die Kapitalbildung mit dem steigenden Arbeitseinsatz nicht Schritt, sodass im Ergebnis die Kapitalausstattung der Erwerbstätigen seit Mitte der letzten Dekade stagniert. Auch der Modernisierungsgrad des Kapitalstocks geht zurück.

Ein globaler Faktor für die moderate Investitionstätigkeit ist der Welthandel, der aufgrund verschiedener Konflikte von Unsicherheit geprägt ist. Speziell in Europa wird dieses Problem durch den Brexit bestimmt, der Unternehmen in ihren Investitionsentscheidungen hemmt. Auch die wirtschaftliche Unsicherheit in den aufstrebenden Volkswirtschaften sorgt bei einigen Firmen eher für Zurückhaltung. Die deutsche Konjunktur zeigt sich in den vergangenen Jahren hingegen als sehr robust. Dementsprechend ist die Inlandsnachfrage bislang ein sicherer Hafen für hiesige Unternehmen. Alles in allem steht also die Konjunktur derzeit den Investitionen wenig im Weg.

Staatliche Rahmenbedingungen haben sich verschlechtert

Das gilt dann schon eher für den Staat. Mit Blick auf Bürokratie und Regulierungen haben sich die investiven Rahmenbedingungen in Deutschland verschlechtert. Als Beispiele dienen die Frühverrentung, der Mindestlohn und die strengere Regulierung der Zeitarbeit. Dies führt vor allem in mittelständischen Unternehmen zu zusätzlichen Kosten und verringert entsprechend den Return on Investment. Firmen entscheiden sich gegen zusätzliche Investitionen auch aufgrund von hohen Unternehmenssteuern. Fakt ist, dass Deutschland im internationalen Vergleich eine überdurchschnittliche Gesamtsteuerlast der Unternehmen hat. Weitere Nachteile ergeben sich aus einem hohen Energiekostennachteil. Daneben empfinden viele Unternehmen die Infrastruktur als suboptimal.

Auslandsinvestitionen ersetzen keine Inlandsinvestitionen

Finanzierungsschwierigkeiten sind in Deutschland hingegen kein wichtiges Investitionshemmnis. Damit unterscheidet sich Deutschland sogar positiv von einer Reihe von europäischen Volkswirtschaften, in denen verschärfte Finanzierungsbedingungen die Investitionen blockieren. Auch beim Megatrend Digitalisierung zögert die große Mehrheit nicht, zu investieren. Eine Scheu vor neuen Technologien besteht also nicht.

Die deutsche Wirtschaft brummt. Aber es fehlt an ausreichenden Zukunftsinvestitionen von staatlicher und privater Seite. Daran ist vor allem die Politik schuld. 

Dafür leidet die deutsche Wirtschaft unter hohen Arbeitskosten. Und dieses Standorthandicap hat sich zuletzt verschärft. Auch im Bereich Human Resources schneidet Deutschland eher schlecht ab. So leiden die meisten Unternehmen vornehmlich unter dem Fachkräftemangel – und dies bremst Investitionen.

Investitionen im Ausland mit dem Ziel der Kostensenkung oder der Absatzsteigerung hemmen hingegen wenig die Investitionen im Inland. Der Anteil der Firmen, die kostenbedingte Standortverlagerungen zulasten von Inlandsinvestitionen vornehmen, ist eher gering. Die Internationalisierung spielt bei der Erklärung der Investitionen in Deutschland nur eine untergeordnete Rolle.

Was folgt daraus für die Politik?

  1. Wirtschaftspolitisch verursachte Investitionshemmnisse wie Bürokratie, Regulierungen und Energiegesetzgebung sind die größten Investitionshemmnisse. Hier kann die Politik direkt handeln – auch ohne Geld ausgeben zu müssen.
  2. Es fehlen Fachkräfte. Dies ist ein Grund, warum Unternehmen Investitionen unterlassen – möglicherweise auch in neue Technologien. Hier ist die gesamte Bildungspalette – einschließlich der unternehmerischen Weiterbildung – gefordert.
  3. Die hohen Arbeitskosten beeinträchtigen die Rentabilität von Investitionen. Deutschland hat hier einen traditionellen Standortnachteil, der in den vergangenen Jahren wieder zugenommen hat.
  4. Es braucht keine Eine fehlende Güternachfrage aus dem In- und Ausland zählt nicht zu den Investitionshemmnissen in Deutschland.

Zur Person

Prof. Dr. Michael Grömling ist Leiter der Forschungsgruppe Gesamtwirtschaftliche Analysen und Konjunktur beim Institut der deutschen Wirtschaft in Köln und Professor für Volkswirtschaftslehre an der Internationalen Hochschule Bad Honnef/Bonn.

Um Daten zur Investitionsneigung in Deutschland zu erheben, befragte das Institut der deutschen Wirtschaft im vergangenen Jahr knapp 2.800 Unternehmen nach konjunkturellen, wirtschaftspolitischen und unternehmensspezifischen Investitionshemmnissen.

www.iwkoeln.de

 

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