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Mitarbeiteraktien als Anreiz

Kurzfristige Gewinnmaximierung versus nachhaltige Steigerung des Unternehmenswerts – in diesem Konflikt befanden sich schon häufig Unternehmen, wenn es um Bonussysteme für Führungskräfte ging. Das mittelständische Medizintechnik-Unternehmen pfm medical führte Ende 2008 eine an mittel- bis langfristigen Zielen orientierte „Belohnung“ ein – und ist damit bis heute zufrieden.

Viele dürften sich noch an die Diskussionen vor fünf bis acht Jahren erinnern: Ob es denn richtig sei, dass Manager auf Basis von kurzfristigen Gewinnsteigerungen stattliche Boni – zusätzlich zu ihrem Grundgehalt – einstreichen dürften. Hintergrund war einerseits, dass teilweise stark auf den Ausweis toller Quartalsergebnisse hingearbeitet wurde und dabei langfristige Ziele des Unternehmens aus dem Blickfeld gerieten. Und andererseits, dass die Manager oft so gut verhandelt hatten, dass die Ziele wenig ambitioniert und somit die Boni relativ leicht zu erreichen waren. Wenn dann auch noch die Gewinnziele durch überzogene Kostensenkungen inklusive Stellenstreichungen anvisiert wurden, war die Empörung auch in der Öffentlichkeit – es ging schließlich oft um bekannte, börsennotierte Konzerne – groß.

Produkte für den Operationssaal

„Damals wurde in der allgemeinen Debatte heftig die Frage diskutiert, wie man eine Nachhaltigkeit in die Bonusprogramme bekommt, damit nicht nur kurzfristige, auf Quartalsgewinne ausgerichtete Pläne verfolgt werden“, erinnert sich Reinhard Blunck, CFO der pfm medical ag. Das Medizintechnik-Unternehmen mit Sitz in Köln entwickelt und produziert Produkte, die täglich im Operationssaal verwendet werden, aber auch Okkludersysteme für die Kinderkardiologie sowie Hard- und Software im Therapiemanagement für die Behandlung im häuslichen Umfeld. Der Umsatz der Gruppe mit heute rund 450 Beschäftigten betrug 2013 88,5 Mio. Euro.

Auf der Führungsebene der pfm medical ag machte man sich im Laufe des Jahres 2008 daran, zusätzlich zu den bereits bestehenden Kurzfrist-Boni ein sogenanntes Long-Term-Incentive-Programm (LTI) zu entwickeln. Ein LTI-Plan soll die Bindung und Motivation von Führungskräften durch mittel- bis langfristige Leistungsanreize stärken. Neben dem Manager soll so auch das Unternehmen in seiner Wertentwicklung nachhaltig profitieren.Kurzfristige Gewinnmaximierung versus nachhaltige Steigerung des Unternehmenswerts – in diesem Konflikt befanden sich schon häufig Unternehmen, wenn es um Bonussysteme für Führungskräfte ging. Das mittelständische Medizintechnik-Unternehmen pfm medical führte Ende 2008 eine an mittel- bis langfristigen Zielen orientierte „Belohnung“ ein – und ist damit bis heute zufrieden.

Nicht börsennotiert

Anders als viele andere Unternehmen mit Aktienbonus-Programmen ist der Kölner Mittelständler aber nicht börsennotiert. Gemeinsam mit der Kölner Kanzlei LLR Legerlotz Laschet Rechtsanwälte entwarf man ein Berechnungssystem, das die angestrebten Umsatz- und Ergebnisziele ebenso wie die Bewertung der Aktien enthielt. „Der Bonus richtet sich danach, wie weit die vereinbarten Umsatzziele und der sogenannte Economic Value Added (EVA), der auf weiteren Geschäftszahlen wie insbesondere der Ertragsentwicklung basiert, erreicht werden“, sagt der bei der Implementierung federführende LLR-Partner Michael Schwartzkopff. „Die Berechnungsmethode wurde individuell auf pfm medical zugeschnitten; die Grundzüge des Modells sind aber auf andere Unternehmen übertragbar, bei denen dann jeweils individuell adjustiert werden muss“, ergänzt sein Kollege Axel Hoppe.

Der LTI-Bonus wird in sogenannte Tantieme-Aktien umgerechnet – dabei handelt es sich zunächst um virtuelle Aktien, die später von der Gesellschaft in echte getauscht werden können. Der Wert der virtuellen Aktien berechnet sich nach zwei Kriterien – einem EBITDA-Multiple und einem Umsatz-Multiple, die aus branchenüblichen Bewertungen vergleichbarer Unternehmen abgeleitet werden. „Das ersetzt praktisch den Börsenkurs, der bei einem wachsenden, prosperierenden Unternehmen dann steigt“, erklärt Blunck. „Aufgrund des langfristigen Ansatzes partizipieren wir nicht nur an kurzfristigen Gewinnsteigerungen, sondern an einer nachhaltigen Wertentwicklung unseres Unternehmens im Rahmen unserer festgelegten Strategie.“

Jährlich Tantieme-Aktien

Die Tantieme-Aktien werden im Erfolgsfall jährlich gutgeschrieben und unterliegen dann einer zweijährigen Wartefrist. Bisher nehmen an dem 2008 eingeführten LTI-Programm nur die drei Vorstandsmitglieder teil. Es ist aber jederzeit auf die Geschäftsführerebene ausdehnbar. „Wir schütten ohnehin einen Teil unseres Gewinns jährlich an alle ca. 380 Mitarbeiter in Deutschland aus“, sagt Blunck. Das LTI-Programm wird nach einigen Jahren immer wieder an neue Gegebenheiten und Entwicklungen in Unternehmen und Branche adjustiert. Dies war 2012 der Fall, und es findet auch in den nächsten Monaten wieder eine Überprüfung bzw. Anpassung statt.

Kurzprofil pfm medical ag

Gründungsjahr 1972
Branche Medizintechnik
Unternehmenssitz Köln
Umsatz 2013 88,5 Mio. Euro
Mitarbeiterzahl ca. 450

www.pfmmedical.com

Kurzfristige Gewinnmaximierung versus nachhaltige Steigerung des Unternehmenswerts – in diesem Konflikt befanden sich schon häufig Unternehmen, wenn es um Bonussysteme für Führungskräfte ging. Das mittelständische Medizintechnik-Unternehmen pfm medical führte Ende 2008 eine an mittel- bis langfristigen Zielen orientierte „Belohnung“ ein – und ist damit bis heute zufrieden.

„Aktien objektiv bewerten“

Interview mit Reinhard Blunck, CFO, pfm medical ag

Unternehmeredition: Was war das Besondere an dem Long-Term-Incentive-Programm in Ihrem Unternehmen?

Blunck: Wir sind zwar eine Aktiengesellschaft, aber nicht börsennotiert. Die Frage war also, wie wir die Aktien objektiv bewerten. Das Besondere an unserem LTI-Programm als variabler Vergütungsbestandteil ist, dass wir sozusagen einen fiktiven Börsenkurs auf Basis eines für unser Unternehmen zugeschnittenen, passenden Bewertungssystems inklusive dem Economic Value Added (EVA) geschaffen haben.

Sie erhalten zunächst virtuelle Aktien. Wann können Sie sie in echte Aktien umtauschen?

Wir müssen die virtuellen Aktien – Tantieme-Aktien – jeweils mindestens zwei Jahre halten. Am Ende dieser Halteperiode können sie dann auf Wunsch der Gesellschaft in echte Beteiligungen am Unternehmen umgewandelt werden, und zwar in vinkulierte Namensaktien. Dieses Angebot erhalten die Manager jeweils auf Beschluss des Aufsichtsrates, der hier noch vorgeschaltet ist. Alternativ können die Manager aber auch eine Barauszahlung bekommen.

Unternehmeredition: Wie sind Ihre bisherigen Erfahrungen, wie war die Unternehmensentwicklung in den vergangenen Jahren?

Wir haben bisher gute Erfahrungen gemacht, das Anreizsystem funktioniert und wird von Zeit zu Zeit an aktuelle Entwicklungen angepasst. Unser Umsatzwachstum belief sich seit 2008 auf durchschnittlich ca. sieben bis acht Prozent jährlich. Als Unternehmen im Gesundheitsbereich, einem demografisch bedingt relativ stetig wachsenden Markt, war pfm medical kaum von der Finanzkrise betroffen.

Vielen Dank für das Gespräch.

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