Paradigmenwechsel beim Scheitern

Mit einem neuen Gesetz wurde in Deutschland vor fünf Jahren die Insolvenzordnung reformiert. Wer heute in eine Liquiditätskrise gerät, kann sich frühzeitig selbst sanieren. Bislang eignet sich die vorläufige Insolvenz nur in wenigen Fällen. Betroffene Unternehmer sehen darin indes eine strategische Chance.

Das ESUG polarisiert, so viel steht fest. Kritiker argumentieren, das Gesetz habe sich in der Breite nicht durchgesetzt und sei nur für wenige Unternehmen geeignet. Befürworter halten dagegen, die Statistiken müssten auf die Fälle heruntergebrochen werden, die die entsprechenden Voraussetzungen für die komplexe Eigenverwaltung mitbringen

Klar ist, dass die vorläufige Eigenverwaltung und das Schutzschirmverfahren für Insolvenzen mit vielen Gläubigern nicht geeignet sind. Da sich diese in der Regel bei Unternehmen mit vielen Mitarbeitern und hohen Umsätzen ereignen, scheidet das ESUG für Konzerne und große Mittelständler meist aus. Für sehr kleine Firmen ist es aus Kostengründen ebenfalls keine Option. Doch in der Bandbreite dazwischen gibt es durchaus Unternehmen, für die eine Eigenverwaltung nach ESUG im Insolvenzfall das Mittel der Wahl ist.

Eigenverwaltung ist die Ausnahme

Diejenigen, die das ESUG nutzen, äußern sich dazu positiv. „Ich denke schon, dass das ESUG insgesamt eine gute Lösung ist und von Unternehmen angenommen wird“, sagt Detlef Specovius, Fachanwalt für Insolvenzrecht bei der Kanzlei Schultze & Braun. Dabei verweist er auf Zahlen der Online-Plattform Insolvenz-Portal. Der Statistik zufolge sind zwischen März 2012 und März 2017 rund 1.000 Anträge auf ein Insolvenzplanverfahren nach ESUG gestellt worden. Eröffnet wurden 912 Verfahren. Eine Studie der Beratungsgesellschaft The Boston Consulting Group (BCG) in Frankfurt mit dem Titel „Fünf Jahre ESUG“ kommt für den Zeitraum zwischen dem Inkrafttreten des Gesetzes und dem 31. Januar 2017 auf 1.236 beantragte Verfahren. An den rund 48.300 Insolvenzen, die bei Personen- und Kapitalgesellschaften im selben Zeitraum insgesamt eröffnet wurden, beläuft sich der Anteil der ESUG-Verfahren auf 2,6 Prozent.

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