Mitarbeiterbeteiligung als Soforthilfe für Unternehmen in der Krise

Wie man gerade in schwierigen Zeiten Liquidität und Zusammenhalt sichern kann

Zum Jahresanfang 2023 hat Bundesfinanzminister Christian Lindner erste Eckpunkte zu neuen Regelungen zur Mitarbeiterbeteiligung vorgelegt.
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Die Coronakrise bedroht die wirtschaftliche Existenz vielzähliger Unternehmen in Deutschland. Das abrupte Wegbrechen von Aufträgen und Umsatzerlösen führt mit einem rasanten Tempo zu existenziellen Liquiditätsproblemen. Personalaufwendungen stellen dabei den größten Liquiditätsabfluss dar. Eine Umwandlung von Personalkosten in eine Kapitaleinlage der Mitarbeiter in das arbeitgebende Unternehmen, sprich: in eine Mitarbeiterkapitalbeteiligung, könnte in einer solchen kritischen Situation eine wirkungsvolle Soforthilfe sein, da sie erhebliche Liquiditätsspielräume für die Unternehmen eröffnen kann.

Wenn Teile des Gehalts oder Sonderzahlungen – soweit möglich und angemessen – temporär nicht ausgezahlt würden, sondern als Kapitaleinlage im Unternehmen verblieben, würde dies bei geeigneter Gestaltung des Beteiligungsprogramms darüber hinaus auch eine Erhöhung des Eigenkapitals für die Unternehmen bewirken. Der Gehaltsverzicht der Mitarbeiter könnte beispielsweise in Form einer stillen Gesellschaft oder von Belegschaftsaktien vollständig kompensiert werden, und die so beteiligten Mitarbeiter würden am späteren Wiederaufschwung des Unternehmens als Miteigentümer partizipieren. Für den Fall einer eintretenden Insolvenz könnte das Mitarbeiterkapital abgesichert werden. Gleichzeitig hilft eine Mitarbeiterbeteiligung, das gerade in den aktuellen Krisenzeiten dringend notwendige Wir-Gefühl und den Zusammenhalt zu stärken.

Bereits in der Finanzkrise wurden ähnliche Maßnahmen für solch eine Entgeltumwandlung vorgeschlagen – bis heute wird diese Möglichkeit allerdings durch das Steuerrecht erschwert beziehungsweise verhindert, denn auf nicht-ausgezahlte Einkommensbestandteile müssen die Mitarbeiter sofort Einkommensteuer und Sozialabgaben entrichten. Das heißt, es fehlt nicht nur an Nettogehalt, sondern es entstehen darüber hinaus zusätzliche Kosten durch Steuern und Abgaben. Die einfachste Lösung dafür wäre die nachgelagerte Besteuerung für diese Form der Entgeltumwandlung, also die Verschiebung der Steuerlast auf den Zeitpunkt der Rückgabe oder des Verkaufs der Beteiligungen.

Als Bundesverband Mitarbeiterbeteiligung weisen wir schon seit Längerem Politik und Öffentlichkeit darauf hin, dass die Umwandlung von Personalkosten in eine Mitarbeiterbeteiligung Liquidität und Eigenkapital der Unternehmen sichern kann. Eine Förderung der Mitarbeiterbeteiligung wäre aus unserer Sicht daher gerade in Zeiten wie diesen geboten, um Unternehmen neben den staatlichen Unterstützungen weitere Mittel an die Hand zu geben, mit denen sie ihre Existenz sichern und Arbeitsplätze erhalten können.

Die Anfang April beschlossenen Corona-Sonderzahlungen, wenn auch nicht unmittelbar für diesen Zweck vorgesehen, sind ein erster Schritt, mit dem solch eine Umwandlung zumindest in geringem Umfang unterstützt wird. Einen Betrag von bis zu 1.500 EUR können Unternehmen ihren Beschäftigten in Form von Beihilfen, Unterstützungen oder als Sachleistungen im Jahr 2020 steuer- und sozialversicherungsfrei zukommen lassen. Als Sachleistungen gelten dabei auch überlassene Unternehmensanteile im Rahmen eines Mitarbeiterbeteiligungsprogramms.

Dass dies in Unternehmen mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zum Tragen kommt, darf jedoch bezweifelt werden, denn die Sonderzahlung muss zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistet werden. Immerhin wäre die Leistung liquiditätsneutral und bei geeigneter Gestaltung des Beteiligungsprogramms auch als zusätzliches Eigenkapital zu werten.


Autorenprofil
Dr. Heinrich Beyer

Dr. Heinrich Beyer ist seit 2006 Geschäftsführer des Bundesverbands Mitarbeiterbeteiligung – AGP in Kassel. Er ist zusammen mit Hans-Jörg Naumer Herausgeber des Bandes „CSR und Mitarbeiterbeteiligung“.

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