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Mezzanine ist tot – was nun?

In den fünf Jahren bis Ende 2007 entstand mit dem Mezzanine-Markt ein – in dieser Dimension – im deutschsprachigen Raum völlig neuer Markt für Kapital, der langfristig Erfolg versprechende Wege aufzeigte, die durch relativ niedrige Eigenkapitalquoten bedingte Finanzierungslücke der hiesigen Unternehmen zu schließen.

Von Rene Griemens, Geschäftsführer, IEG – Investment Banking

In den fünf Jahren bis Ende 2007 entstand mit dem Mezzanine-Markt ein – in dieser Dimension – im deutschsprachigen Raum völlig neuer Markt für Kapital, der langfristig Erfolg versprechende Wege aufzeigte, die durch relativ niedrige Eigenkapitalquoten bedingte Finanzierungslücke der hiesigen Unternehmen zu schließen. Der Boom der Mezzanine-Finanzierungen bot Unternehmern die Möglichkeit, nachrangiges Kapital aufzunehmen und damit die Eigenkapitalbasis zu verbessern, ohne Dritte am Eigentum des Unternehmens zu beteiligen. Insbesondere das standardisierte Programm-Mezzanine vieler deutscher Banken war schnell und unkompliziert in der Umsetzung sowie vergleichsweise kostengünstig. Heute ist dieser Markt für Nachrang- bzw. Mezzanine-Kapital praktisch nicht mehr existent.

Ausgangslage

Für die Banken hatte das Programm-Mezzanine den besonderen Charme, dass sie das Risiko als verbrieftes Instrument (Collateralized Debt Obligation, CDO) weiter platzieren konnten; gesamtwirtschaftlich führte es so zu einer Ausweitung des Kreditvolumens auf das Risiko institutioneller Investoren/Nichtbanken. Bedauerlicherweise realisierten nicht alle Investoren des verbrieften Nachrangkapitals, dass die unterliegenden Assets trotz ihrer Verbriefung als Schuldtitel immer noch Eigenkapitalrisiken trugen. Erste Ausfälle von Mezzanine-Finanzierungen führten so zu “überraschenden” Verlusten bei CDO-Inhabern, die wiederum drohten, das Instrument an sich – unberechtigterweise – zu diskreditieren. Bevor jedoch die inhaltliche Diskussion über Chancen (hohe Renditen) und Risiken (Ausfallrisiko) von Nachrangkapital wirklich geführt werden konnte, brach die Finanzkrise über den Markt hinein und zerstörte die Voraussetzungen des jungen Mezzanine-Marktes.

Auswirkungen der Finanzkrise

Mit dem Ausbruch der Finanzkrise kollabierte der Programm-Mezzanine-Markt noch schneller, als er entstanden war. CDOs als vermeintliche Mitverursacher der Finanzkrise können heute praktisch nicht mehr an Investoren platziert werden (siehe Abb. 1); damit ist Mezzanine für die Banken wirtschaftlich nicht mehr realisierbar und Programm-Mezzanine nur mehr Historie. Nur einzelne Spezial-Mezzanine-Fonds sind noch im Markt zu beobachten, haben aber in den letzten Monaten kaum neue Transaktionen abgeschlossen. Gleichzeitig ziehen sich die deutschen Geschäftsbanken nach einer Phase signifikanter Entspannung nun schneller denn je aus der Mittelstandskreditvergabe zurück (siehe Abb. 2). Fast alle deutschen Großbanken haben die Anweisung gegeben, ihre Kreditrisiken zu reduzieren und/oder in den Konditionen anzupassen; Neuengagements sind ausgesprochen schwierig bis unmöglich. Ausländische Banken sind, mit wenigen Ausnahmen, vom deutschen Unternehmenskreditmarkt verschwunden. Zusammengefasst führen der schnelle Rückzug der Banken aus der Mittelstandsfinanzierung und der gleichzeitige Zusammenbruch des Mezzanine-Marktes zu einer dramatischen Verschärfung des oben beschriebenen Unterkapitalisierungsproblems der mittelständischen Unternehmen. Externe Hilfe ist hier mittelfristig nicht in Sicht.

Mittel- bis langfristige Weiterentwicklung

Die Erfahrung der letzten Monate zeigt, dass kurz- bis mittelfristige Lösungen für die Finanzierungslücke der mittelständischen Unternehmen, mit Ausnahme öffentlicher und halböffentlicher Fördermittel und Kreditvergabe, nur im Rahmen der Eigenkapital- oder Innenfinanzierungen zu finden sind. Unternehmer müssen Eigenkapital zuschießen, Unternehmensteile müssen verkauft und Cashflows optimiert werden. Ein signifikanter Markt für unternehmensbezogene Nachrang- oder Mezzanine-Finanzierungen ist derzeit de facto nicht vorhanden. Die meisten der noch bis vor 18 Monaten aktiven Player in diesem Markt haben sich vollständig zurückgezogen oder existieren gar nicht mehr. Zu den erwähnten Ausnahmen gehören insbesondere die Nachrang- und Genussrechte-Programme der Förderbanken sowie der Beteiligungsgesellschaftern der Landesbanken, die jedoch häufig auf eine absolute Obergrenze von 5 Mio. Euro und/oder auf Unternehmen kleinerer Größe beschränkt sind und damit für viele größere Mittelständler nicht greifen. Es ist auch nicht zu erwarten, dass sich der Mezzanine-Markt in der ursprünglichen Form kurz- bis mittelfristig wieder erholt. Risikoaverse Fremdkapitalinvestoren werden auf absehbare Zeit zunächst die risikoärmeren Investment-Grade-Anleihen bevorzugen, während Eigenkapitalinvestoren auf schnelle Wertsteigerungen in den Aktienmärkten setzen werden. Das Mezzanine als wachstumsorientiertes Fremdfinanzierungsinstrument ohne Ausfallschutz wird erst nach einer Wiederherstellung dauerhaft funktionsfähiger Anleihe- und Aktienmärkte neu entstehen.

Ausblick
Mit zunehmender Marktstabilisierung auf niedrigem Niveau sollte es für einzelne Unternehmen, mit einer langfristig positiven “Equity Story”, möglich werden, nachrangige Finanzierungsinstrumente (Nachrangkapital, Wandelanleihen, Stille Beteiligungen etc.) zu emittieren, die die Attraktivität der Eigenkapitalrendite mit einer bevorrechtigten Position gegenüber bisherigen Eigenkapitalgebern kombinieren. Voraussetzung hierfür ist, dass sich die aktuellen Unsicherheiten bezüglich der gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen gelegt haben, so dass Unternehmen und Investoren wieder eine hinlänglich stabile Planungsbasis für Investitionen haben. In 12 bis 18 Monaten sollten dann auch die ersten Mezzanine-Programme wieder in signifikantem Umfang entstehen und die Nachfragelücke der Unternehmensfinanzierung zwischen Eigen- und Fremdkapital erneut schließen. Es ist dem Markt zu wünschen, dass alle Marktteilnehmer dann mehr Transparenz und Realismus für den Risikograd dieser Finanzierungen haben und sie als das sehen, was sie sind: nachrangiges Fremdkapital mit eigenkapitalähnlichen Risiken und Renditen.

Handlungsoptionen für den Mittelstand:

  1. Liquidität sichern unter allen Umständen und unter Ausnutzung auch vormals nicht denkbarer Maßnahmen (keine “Heiligen Kühe”)
  2. Eigenkapital stärken aus eigenen Mitteln der Gesellschafter, aus Mittelstands- (Private Equity) Fonds oder aus Family Offices.
  3. Radikale Optimierung der Innenfinanzierung, einschließlich Abstoßung unternehmerischer Randbereiche oder von Tochtergesellschaften.
  4. Intensives Management der Beziehung zu den aktuellen Hausbanken. Abschluss von möglichst mittel- bis langfristigen Finanzierungen lieber zu vermeintlich “schlechten” Konditionen als gar nicht.
  5. Pro-Aktive Optimierung der internen und externen Transparenz von Finanzplanung und Reporting. Erstellung von mittelfristigen Finanz- und Liquiditätsplanungen mit Szenario-Analysen und Stresstests als Teil der Kapitalmarkt- und Bankenkommunikation.
  6. Proaktive Einbeziehung der KfW, der regionalen Förderbanken und Landesbanken in Anschluss- und Projektfinanzierungen.

Quelle: IEG – Investment Banking, Berlin

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