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Mey Wäsche: Innovativ von der Alb

Seit Jahrzehnten verfolgt der Wäschehersteller Mey GmbH & Co. KG einen Plan: absolute Qualitätswäsche. Das gelingt den Schwaben gut. Doch die größte Herausforderung kam 2007: Die Positionierung von Mey Wäsche als Dessous-Marke.

Selbstbewusst sitzt sie da, die junge Dame in Weiß. Verträumt hat sie die Haare aus dem Gesicht gestrichen, den Blick fordernd auf den Betrachter gerichtet. Das offene Hemd fällt leicht von den Schultern herab und lässt den Blick auf ihren unaufdringlichen, gut gefüllten weißen BH frei: Hier trägt sie es, ihr „Blusenwunder“, wie die kindlich-verspielte Schrift am Rand des Werbeplakats informiert.

Dessous von Mey: Die Einführung der technisch anspruchsvollen BHs war die bislang größte Herausforderung. (© Mey GmbH & Co. KG)

Das ist nur ein Motiv der aktuellen Dessous-Kampagne des Wäscheherstellers Mey. Wer sie sieht, würde nicht meinen, dass dahinter ein schwäbischer Wäschehersteller mit aktuell knapp 79 Mio. Euro Umsatz steht. Doch an Werbung haben die Schwaben noch nie gespart. Es ist noch gar nicht so lange her, da schauten prominente Gesichter von Deutschlands Plakatwänden herab, mit Selbstauslöser aufgenommen und inszeniert von der deutschen Starfotografin GABO. Die afrikanische Menschenrechtsaktivistin Waris Dirie war dort zu sehen, oder der Bestsellerautor Frank Schätzing in eng anliegenden Boxershorts. „Me, myself and Mey“ war dort zu lesen – ein Slogan der Hamburger Werbeagentur Jung von Matt.

Marktführer durch Innovationen

„‚Wer arm ist, muss mutig sein‘, das hatte Jean Rémy, der Gründer von Jung von Matt, schon zu meinem Vater gesagt“, sagt Matthias Mey, der heutige Geschäftsführer von Mey Wäsche. Er leitet das Unternehmen seit Januar 2014. Was für die Werbung gilt, hatten sich die Schwaben zuvor schon immer zu eigen gemacht: 1959 erfolgte die selbstbewusste Neuausrichtung der Lohnwirkerei auf Damentagwäsche, also Unterhemden, Slips und alles, was dazugehört. Die technisch und vom Design her anspruchsvollen Dessous waren damals noch nicht dabei. 1973 dann die erste Innovation: Only Lycra, die erste Slip-Serie aus baumwollumsponnenem Lycra-Garn. 1998 Mey Emotion, ein spezielles Textilverarbeitungsverfahren, das bis heute eine tragende Säule der Wäscheproduktion von Mey ist. Viele Wettbewerber versuchen es zu kopieren – vergeblich. Im gehobenen Segment der Damentagwäsche ist Mey bis heute Marktführer. Doch die Schwaben erschlossen fleißig weitere Wachstumsfelder. 1984 führten sie die Herren-Linie ein, 2002 die Nachtwäsche. Auch hier ist Mey Wäsche mittlerweile Marktführer. Heute bezeichnet sich Mey als Bodywear und Lifestyle-Anbieter: Von Yoga-Hosen, Corsagen und bequemen Jogging-Hosen für zu Hause ist alles zu haben. Der mutigste Schritt aber erfolgte 2007 – damals führte Mey die Dessous ein. Seitdem gibt es von den Schwaben auch kunstvoll gefertigte BHs, mit passenden Jazz-Pants oder Mini-Slips. „Das hat uns aber viel Lehrgeld gekostet“, so Mey.Seit Jahrzehnten verfolgt der Wäschehersteller Mey GmbH & Co. KG einen Plan: absolute Qualitätswäsche. Das gelingt den Schwaben gut. Doch die größte Herausforderung kam 2007: Die Positionierung von Mey Wäsche als Dessous-Marke.

Der Markt für Dessous ist umkämpft – und er ist gesättigt. Es dominieren große Marken wie Triumph, Chantelle oder Passionata. Wer hier bei den Großen mitspielen will, muss einen guten Plan haben. Das fiel den Schwaben nicht schwer. Als Mittelständler mit flachen Hierarchien sind sie nah am Fachhandel und an

Herrennachtwäsche von Mey: Das Unternehmen sieht sich als Lifestyle-Anbieter. Von Tag- und Nachtwäsche, Dessous und gemütlicher Kleidung für Sport oder zuhause ist alles dabei. (© Mey GmbH & Co. KG)

den Kunden dran. Sie wussten, wofür die Marke Mey steht: Qualität, Langlebigkeit, Komfort. Das wollten sie auf die Damenunterwäsche übertragen. „Unsere Dessous-Kundin ist eine moderne, gebildete Frau mit hohen Ansprüchen an Passform und Qualität. Wenn sie morgens um sieben ins Büro geht und ihren BH abends um 22 Uhr auszieht, darf sie ihn den ganzen Tag nicht gespürt haben.“

Soweit der Anspruch, die Umsetzung war weit schwerer. Denn die Produktion von Dessous ist aufwendig. Ein BH besteht aus bis zu 53 Einzelteilen. „Insbesondere bei der Konfektionierung entscheiden Millimeter am Ende darüber, ob und wie gut ein BH passt“, so Mey. Weil die Tüftler bei Mey Wäsche anfangs noch kein Know-how in der Dessous-Produktion hatten, lagerten sie diese nach China aus – in einen Betrieb, der ihren sozialen und ökologischen Ansprüchen genügt. Heute haben sie eigene Profis im Haus. Im Flächenverkauf behaupten sich die Dessous von Mey Wäsche neben den großen Marken. Für das Unternehmen selbst war der Breakeven bei den Dessous nach fünf bis sechs Jahren erreicht. Inzwischen wächst die Marke in diesem Segment schon deutlich zweistellig.

 Qualität „Made in Germany“

Strickmaschine in Albstadt: Mey stellt über 80 Prozent der Stoffe selbst her. (© Mey GmbH & Co. KG)

Auch preislich reiht sich Mey Wäsche heute bei den großen Marken ein. Ab 49 Euro ist ein BH im Schnitt zu haben. Doch Mey-Kunden wissen, wofür sie bezahlen. Knapp 70 Prozent der Wertschöpfung für die Tagwäsche erfolgen in Deutschland. Daneben hat Mey noch eigene Produktionsbetriebe in Ungarn und Portugal. Über 80 Prozent der Stoffe werden in Albstadt gefertigt, auf Maschinen, die nur Mey so hat. Zutaten wie Spitze und Cups kommen von ausgewählten Lieferanten. All das wirkt sich auch auf die Langlebigkeit der Mey-Produkte aus: „Neulich hatte ich die lange Unterhose eines Kunden auf dem Schreibtisch, die war zwei Mal geflickt“, erzählt Mey. Der ältere Herr beschwerte sich, dass Mey auch nicht mehr das sei, was es einmal war. Das Wäschestück wurde 1998 produziert. „Wir konnten das lückenlos nachvollziehen“, erzählt der Geschäftsführer schmunzelnd.  Seit Jahrzehnten verfolgt der Wäschehersteller Mey GmbH & Co. KG einen Plan: absolute Qualitätswäsche. Das gelingt den Schwaben gut. Doch die größte Herausforderung kam 2007: Die Positionierung von Mey Wäsche als Dessous-Marke.

Und auf noch eines ist Mey stolz: Das soziale und ökologische Engagement. 2012 waren die Schwaben das erste Wäscheunternehmen, das mit dem BlueSign-Siegel ausgezeichnet wurde. Innovativ ist auch der „Schwäbisch Bumerang“ – Meys eigener Kreislauf aus Wäschebügeln, die von einer Behindertenwerkstatt instand gehalten werden. „Solche Dinge wissen die Kunden gar nicht, wenn sie im Laden vor einem Mey-Wäschestück stehen.“ In Zukunft sollen die Werte dahinter stärker vermarktet werden. Auch Social Media sollen mehr in den Fokus rücken, bislang spielen sie bei Mey noch keine große Rolle.

Mey geht Schritt für Schritt ins Ausland

Leitet das Familenunternehmen Mey in dritter Generation: Matthias Mey. (© Mey GmbH & Co. KG)

Das könnte daran liegen, dass die Marke auch so funktioniert, bei Jung und Alt. Der Kundenstamm reicht von der 35-jährigen Dessousträgerin bis zum 80-jährigen Rentner, der lange Unterhosen kauft. Seit 2010 eröffnet Mey Flagship Stores in deutschen Großstädten, 16 Stück sind es mittlerweile an der Zahl. Aber mit 90 Prozent macht der Wholesale noch den größten Teil des Umsatzes aus. Die Wäschestücke der Schwaben liegen in den großen Kaufhausketten aus, aber auch bei gehobenen Einzelhändlern wie Ludwig Beck in München oder Leffers in Oldenburg. Auch kleinere, lokale Fachhändler sind wichtig, gerade in ländlichen Gebieten. Denn die können Philosophie und Qualität von Mey erklären. „Haben wir erst mal Kunden gewonnen, kaufen diese meist wieder“, so Mey. Das merke man auch am Online-Shop, den das Unternehmen seit 2009 betreibt. Unnötige Kosten durch Retouren hat Mey so gut wie keine. „Die Quote liegt im einstelligen Bereich.“

Auch im nahen Ausland sind Kunden mehr und mehr bereit, für die Mey-Qualität zu zahlen. Sie machten zuletzt 20 Prozent des Umsatzes aus. Seit Jahren sind die Schwaben stark in den Niederlanden und den Benelux-Ländern vertreten. Jüngst ist Skandinavien am Wachsen. Entferntere Auslandsmärkte will Mey Schritt für Schritt angehen, mit einzelnen Segmenten. Vor Kurzem etwa riefen sie mit Mey story eine neue Herren-Marken der Luxus-Klasse ins Leben. Die Unterhose aus peruanischer Pima-Baumwolle kostet 40 Euro, das Long-Sleeve 70 Euro. Die Linie ist vor allem in Japan der Renner. Große Nachfrage gibt es auch für Innovationen wie das „Blusenwunder“, einem neuartigen „Spacer-Cup“, der sich unsichtbar an die Büste schmiegt und ein optimales Trageerlebnis bieten soll. Doch fürs Erste wollen die Schwaben vor allem in den bestehenden Märkten wachsen, über die Erweiterung des bisherigen Produktportfolios. „Da sehe ich noch viel Potenzial“, so Mey.


Zur Person
Matthias Mey ist seit 2014 Geschäftsführer Vertrieb/Marketing/Design bei der Mey GmbH & Co. KG in Albstadt. Der 43-Jährige war zuvor zehn Jahre in der Schweiz, zuletzt als Geschäftsführer der Herrenbekleidungsmarke Windsor. Er möchte Mey als Familienunternehmen erhalten. Sorgen bereitet ihm die Suche nach Fachkräften – hier entwickeln die Schwaben aber kreative Konzepte. Zuletzt stellten sie zum ersten Mal in der Unternehmensgeschichte einen Mann als Näher ein: einen Flüchtling aus Afghanistan. www.Mey.com 

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