„Meine Familie hält 70% der Anteile“

Unternehmeredition: Viele Unternehmen schrecken vor einem Gang an die Börse zurück. Sie fürchten sich davor, an Einfluss zu verlieren, und scheuen zu viel Transparenz oder eine Mitsprache der Aktionäre. Wie ist Ihnen der 

Spagat gelungen, als Familienunternehmen das Zepter in der Hand zu behalten und trotzdem die Vorzüge des Kapitalmarktes zu nutzen?

Fuchs: Meine Familie hält nach wie vor insgesamt ca. 70% der Anteile an der OHB AG. Insofern ist die Stimmenmehrheit nach wie vor in Familienhand.

Der Unternehmensbereich Space Systems steht für das Geschäft mit Staelliten- oder Nutzlastsystemen, darunter 22 Galileo-Satelliten. Bild: OHB Systems AG

Unternehmeredition: Ihre Unternehmensgeschichte ist geprägt von zahlreichen Übernahmen und Zukäufen, darunter Antwerp Space N.V. im Jahr 2010, Aerotech Peissenberg GmbH & Co. KG und OHB Sweden AB 2011. Welche Strategie steht dahinter und wie wurden diese Übernahmen hauptsächlich finanziert?

Fuchs: Wir sind bisher in der glücklichen Lage gewesen, die getätigten Übernahmen auch ohne die Aufnahme von Fremdkapital finanzieren zu können. Unsere Aktivitäten im M&A-Bereich sind keiner übergeordneten Strategie geschuldet, sondern vielmehr das Resultat von zeitpunktbezogenen Einzelfallabwägungen. Grundsätzlich kann man jedoch sehen, dass wir unsere Akquisitionen mit Blick auf den europäischen Raumfahrtmarkt ausgewählt haben. Heute sind wir in einigen wichtigen ESA-Nationen vertreten. Im Falle der Übernahme von Aerotech Peissenberg stand der Aspekt der Diversifizierung im Mittelpunkt der Entscheidung. Der Markt, in dem sich dieses Tochterunternehmen bewegt, korreliert kaum mit der Raumfahrtbranche, trotzdem ist der Luftfahrtbereich uns naturgemäß nicht ganz fremd. Außerdem bot sich hier die interessante Möglichkeit, einen Hersteller von sensiblen Bauteilen für Flugzeug-Triebwerke zu übernehmen. Die Herstellung derartiger Bauteile bringt den Vorteil, dass die Produkte wenig preiselastisch sind, was einen stabilen Umsatz – bei gegebener Auftragslage – sicherstellt. Für ein Unternehmen wie die OHB AG, die überwiegend im Projektgeschäft tätig ist, ergibt sich in diesem neuen Teilbereich eine höhere Planungssicherheit als in anderen Bereichen, die hauptsächlich auf das Projektgeschäft fokussiert sind, welches naturgemäß einer höheren Volatilität unterliegt.

Unternehmeredition: 2012 konnten Sie den Umsatz um 11% auf 616 Mio. EUR steigern, der Jahresüberschuss kletterte um 10% auf 15 Mio. EUR. Was waren die Hauptgründe für dieses Wachstum?

Fuchs: Der Hauptgrund für das Wachstum des abgelaufenen Geschä
ftsjahres liegt in den gestiegenen Umsätzen der hochgelaufenen Großprojekte im Bereich Space Systems, also den Programmen Galileo, SmallGEO und MTG. Aber auch im Bereich Aerospace & Industrial Products gab es u.a. mit sieben Ariane 5-Starts einen Umsatzanstieg. Die verbesserten Ergebnisse der Aerotech Peissenberg trugen ihr Übriges dazu bei.

Unternehmeredition: Was ist Ihre Zukunftsvision?

Fuchs:
Wir wollen in einer führenden Rolle mit dabei sein, wenn der Weltraum weiter erforscht wird und immer bessere Satelliten immer mehr Nutzen auf die Erde bringen. Dann kommt der geschäftliche Erfolg von ganz alleine.

Unternehmeredition: Was raten Sie anderen Familienunternehmen, die einen Börsengang ins Auge fassen?

Fuchs:
Zunächst sollten sich die betreffenden Unternehmen natürlich bewusst machen, dass ein Börsenlisting mit einem Katalog an rechtlichen Pflichten verbunden ist. Die Vorteile, die ein Listing im Hinblick auf den Bekanntheitsgrad, die Finanzierungsfähigkeit und die Möglichkeiten, die sich im Bereich Corporate Governance durch ein Listing bieten, sind gegen die Kosten abzuwägen. Ich persönlich glaube, dass die Kosten begrenzt werden können und dass die rechtlichen Pflichten für Familienunternehmen auch Vorteile haben, weil sie Strukturen und eine organisatorische Disziplinierung mit sich bringen.

Unternehmeredition: Herr Fuchs, vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Markus Hofelich.

Kurzprofil: OHB AG
Gründungsjahr: 2001
Branche: Luft- und Raumfahrttechnik
Unternehmenssitz: Bremen
Mitarbeiterzahl: 2.493
Umsatz (2012): 616 Mio. EUR
Internet: www.ohb.de

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