Mehr Insolvenzen in Deutschland erwartet

Insolvenz
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Durch die restriktivere Kreditvergabe der Banken dürften mehr Unternehmen in Deutschland in Schwierigkeiten geraten als noch zu Jahresbeginn erwartet. Der Kreditversicherer Allianz Trade (früher:  Euler Hermes) hat daher in seiner jüngsten Insolvenzstudie die Prognose angepasst. Allianz Trade erwartet in Deutschland für 2023 einen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen um 22%. In der bisherigen Prognose waren die Schätzungen von einem Anstieg um 15 % ausgegangen. Für 2023 geht Allianz Trade in seiner aktuellen Studie von rund 17.800 Insolvenzfällen aus. Dieser Wert würde dann aber auch weiterhin fünf Prozent unter dem Niveau vor der Corona-Pandemie liegen. 2019 lag die Zahl der Unternehmensinsolvenzen bei 19.300. Langjähriger „Spitzenreiter“ bei den Firmenpleiten ist das Jahr 2003 mit 39.300 Fällen.

Deutschland liegt „im Trend“

Deutschland folgt mit der Entwicklung steigender Insolvenzen dem weltweiten Trend: Bei den globalen Insolvenzen rechnet Allianz Trade mit einem Anstieg um 21%. „Eine Pleitewelle ist das weiterhin nicht, auch wenn ein zweistelliger Zuwachs zunächst den Anschein erweckt. Die Fallzahlen in Deutschland waren zuletzt jedoch auf historisch niedrigem Niveau“, sagt Milo Bogaerts, CEO von Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Selbst Ende 2023 dürfte Deutschland das Niveau von vor der Pandemie noch nicht erreicht haben. Dies dürfte erst nach einer weiteren Zunahme der Insolvenzen um 6% im Jahr 2024 wieder leicht überschritten werden.“ Zwar hätten sich die wirtschaftlichen Erwartungen zuletzt etwas aufgehellt. Die Allianz Trade-Experten würden aber von einem leichten Schrumpfen des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um -0,1 % ausgehen und damit einer von einer leichten Rezession für 2023.

Banken werden vorsichtiger

Gleichzeitig haben sich aber die finanziellen Rahmenbedingungen deutlich verschlechtert. „Die Bankenturbulenzen hinterlassen ihre Spuren auch in Deutschland“, sagt Bogaerts. „Mit den deutlich steigenden Zinsen laufen eher schwach finanzierte Unternehmen Gefahr, in Schwierigkeiten zu geraten. Mit den Turbulenzen am Bankenmarkt sind Kreditinstitute nun noch vorsichtiger geworden und restriktiver bei der Vergabe von Krediten. Das kommt für einige Unternehmen zur Unzeit, denn es werden zunehmend KfW-Kredite aus der Pandemie fällig, die die Unternehmen zurückzahlen oder refinanzieren müssen. Nicht alle haben dafür den notwendigen Puffer. Deshalb gehen wir 2023 von etwas mehr Insolvenzen aus als bisher.“ Ein weiterer Krisenfaktor sei die die Verschlechterung der Profitabilität von Unternehmen. Sie würden mit höheren Energiepreisen kämpfen, die sich aufgrund der langfristigen Kontrakte erst ab diesem Jahr sukzessive auf die Bilanzen durchschlagen.

In Europa ist die Insolvenzdynamik nach der Analyse von Allianz Trade mit einem erwarteten Zuwachs bei den Pleiten um rund 24% ausgeprägter als im weltweiten Durchschnitt. „Deutschland steht im europäischen Vergleich weiterhin gut da“, sagt Bogaerts. „Die absoluten Fallzahlen sind immer noch sehr niedrig. Allerdings hat sich die Dynamik bei der Zunahme der Pleiten im Zuge der Normalisierung inzwischen an das weltweite Geschehen angeglichen. Ein Grund zur Panik ist es nicht – ein Anlass zur Vorsicht und zu einem noch sorgfältigeren Debitoren- und Liquiditätsmanagement allerdings schon.“

 

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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