„Man sollte nur das tun, was seinen eigenen Fähigkeiten entspricht“

Unternehmeredition: Herr Wöhrl, Sie haben im Februar eine Anleihe begeben. Welche Ziele verfolgen Sie damit?
Wöhrl:
Wir wollen den Emissionserlös hauptsächlich für den Erwerb und die Modernisierung von Modehäusern und zur Finanzierung des organischen Wachstums verwenden. Eine wesentliche Rolle dabei spielt die Übernahme der SinnLeffers GmbH. Aber auch die Eröffnung neuer Modehäuser steht auf dem Investitionsplan. Etwa ein Drittel soll zur Optimierung der Finanzierungsstruktur verwendet werden.

Unternehmeredition: Warum haben Sie sich für das Finanzierungsinstrument Anleihe entschieden?
Wöhrl: Bisher haben wir bei der Finanzierung auf die klassische Bankenfinanzierung und Gesellschafterdarlehen gesetzt. Aufgrund unserer Wachstumsstrategie möchten wir unsere Finanzierung nun auf mehrere Säulen verteilen und haben nach einer sinnvollen Alternative gesucht. Private Equity oder ein Börsengang wären für uns nicht geeignet, da wir Wöhrl zu 100% in Familienbesitz halten wollen. Die Anleihe ist für uns genau das richtige Instrument, da es uns die geeignete Flexibilität bietet.

Mit der im Februar 2013 begebenen Anleihe ist Wöhrl auch finanziell flexibler geworden. Bild: Wöhrl AG

Unternehmeredition: Welche Motive stehen hinter der Übernahme von SinnLeffers?
Wöhrl: SinnLeffers verfolgt eine ähnliche Strategie wie Wöhrl im Textileinzelhandel, das Unternehmen ist wie wir auf das Qualitätssegment spezialisiert und bietet eine sehr hohe Beratungskompetenz. Sinn und Leffers waren ursprünglich Familienunternehmen, die in den Strukturen des KarstadtQuelle Konzerns eine harte Zeit durchlaufen mussten und zuletzt von der Beteiligungsgesellschaft Deutsche Industrie-Holding (DIH) wieder nach vorne gebracht wurden. Heute erwirtschaftet SinnLeffers mit 2.000 Mitarbeitern einen Umsatz von rund 300 Mio. EUR. Wir stehen bereits seit Jahren in einem persönlichen Austausch. Geografisch ergänzen wir uns ausgezeichnet: Während Wöhrl mit 38 Häusern im Süden und Osten Deutschlands präsent ist, liegen die Schwerpunkte der 22 Modehäuser von SinnLeffers in NRW.

Die unterschiedlichen Markennamen sind gut eingeführt und bleiben natürlich erhalten. Der Werthebel, den wir ansetzen können, liegt in zahlreichen Synergien, vom Einkauf bis zum Marketing. Durch die Übernahme verdoppeln wir nahezu unseren Jahresumsatz und die Zahl unserer Mitarbeiter.

Unternehmeredition: Wie ist Ihre aktuelle Geschäftsentwicklung?
Wöhrl: Wir haben es geschafft, uns in einem insgesamt schwierigen Marktumfeld zu behaupten und sogar besser zu entwickeln als der Wettbewerb. Zwar haben sich unsere Nettoumsatzerlöse in den neun Monaten unseres laufenden Geschäftsjahres vom 1. April bis 31. Dezember 2012 leicht verringert – von 208 Mio. EUR auf 204,7 Mio. EUR. Aber es ist uns gelungen, gleichzeitig das EBIT um 50% auf 6,0 Mio. EUR zu steigern. Vor allem das letzte Quartal hat sich besser als im Vorjahr entwickelt, was auch aus Optimierungen der Sortimentsgestaltung resultiert. 2013 wird ein
spannendes Jahr, im Vordergrund stehen die Integration von SinnLeffers und unser 80jähriges Firmenjubiläum.

Unternehmeredition: Welche Zukunftsvision verfolgen Sie?

Wöhrl: Wir wollen weiter wachsen und gleichzeitig unsere Ertragsqualität steigern. Unsere Vision ist es, der erfolgreichste familiengeführte Modefilialist in Deutschland zu werden. Dabei zählen wir auf die Unterstützung unserer treuen Kundschaft, hoch motivierter Mitarbeiter und der Anleger, die unsere Unternehmensanleihe zeichnen. Die Übernahme von Sinn Leffers ist ein entscheidender Schritt in diese Richtung. Wir werden auch künftig offen für weitere Schritte sein, bei Unternehmen, die ähnlich aufgestellt sind wie wir, um unsere Präsenz in Deutschland auszubauen.

Unternehmeredition: Was ist Ihr wichtigster Rat an Unternehmer und deren Töchter/Söhne in Bezug auf die Nachfolge?
Wöhrl: Söhne und Töchter aus Familienunternehmen fühlen häufig eine emotionale Verpflichtung dazu, die Nachfolge anzutreten. Der wichtigste Rat ist, dass man immer ehrlich zu sich selbst sein und nur das tun sollte, was seinen eigenen Fähigkeiten entspricht. Wenn man sich selbst treu bleibt, ist es für alle Beteiligten am besten – egal, ob die Entscheidung für oder gegen das Unternehmen ausfällt. Entscheidet man sich für die Nachfolge, dann sollte man den Weg auch sehr konsequent gehen.

Unternehmeredition: Herr Wöhrl, vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Markus Hofelich.
markus.hofelich@unternehmeredition.de

Kurzprofil: Rudolf Wöhrl AG
Gründungsjahr: 1933
Branche: Textileinzelhandel
Unternehmenssitz: Nürnberg
Mitarbeiterzahl: 2.600
Umsatz (2011): 346 Mio. EUR
Internet: www.wöhrl.de

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