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Versicherung gegen M&A-Risiken

Garantien des Verkäufers sind regelmäßig der Knackpunkt in Unternehmenstransaktionen. In den vergangenen Jahren hat sich eine Schere zwischen mangelnder Risikobereitschaft und  höherem Risikopotenzial aufgetan. M&A-Versicherungsprodukte sind hier das Mittel der Wahl.

In einer Unternehmenstransaktion erwartet die Käuferseite regelmäßig umfangreiche Garantieerklärungen vom Verkäufer über einzelne Facetten des Zielunternehmens. Das betrifft etwa Bilanzgarantien, Erklärungen zu latenten Steuerrisiken, den Bestand und die Werthaltigkeit abgeschlossener Verträge sowie die umweltrechtliche oder produktrechtliche Haftung.

Die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine abgegebene Garantieerklärung nach Abschluss der Transaktion als nicht richtig erweist, ist vielfach gering. Das mögliche Schadenspotenzial aus dieser Garantieverletzung bleibt jedoch hoch. Ebenso regelmäßig hat in den letzten Jahren die Risikobereitschaft der Transaktionsbeteiligten abgenommen. Insbesondere auch durch den Umstand, dass die Unternehmenstransaktionen komplexer und großvolumiger geworden sind. Auch im Fall des eigentümergeführten Unternehmens, das zum Verkauf steht, wird spätestens der Rechtsberater den Unternehmer auf die Sensibilität einzelner Garantieerklärungen hinweisen. In diesem Spannungsfeld kommt die Versicherungsmathematik zur Anwendung.

Vom Spezialprodukt zum M&A-Instrument

Entsprechend haben in den letzten zehn Jahren zunächst angloamerikanische Anbieter, dann auch Spezial-Anbieter und deutsche Vollversicherer unterschiedliche Versicherungsprodukte entwickelt, um typische Risiken aus M&A-Transaktionen abzusichern. Das klassische Instrument ist die „Warranty and Indemnity Versicherung“ (W&I), die Schäden aus der Verletzung von Garantien und Freistellungen des Verkäufers aus einem Share- oder Asset-Deal versichert.

Garantien des Verkäufers sind regelmäßig der Knackpunkt in Unternehmenstransaktionen. In den vergangenen Jahren hat sich eine Schere zwischen mangelnder Risikobereitschaft und  höherem Risikopotenzial aufgetan. M&A-Versicherungsprodukte sind hier das Mittel der Wahl.

Daneben werden Spezialprodukte angeboten zur Versicherung von Risiken aus Einzelthemen wie der „Tax Liability Insurance“ oder der „Contingent-Risk-Versicherung“. Weite Verbreitung haben diese Versicherungslösungen zunächst im Private-Equity-Geschäft gefunden, um Investoren insbesondere beim Exit günstige Rahmenbedingungen zu schaffen. Durch die Absicherung der klassischen Verkäufergarantien ist ein Einbehalt vom Kaufpreis als Sicherheit nicht mehr erforderlich. Dieser kann vielmehr vollständig an die Investoren ausgeschüttet werden. Auch bilanzielle Rückstellungen im Investitionsvehikel für die abgegebenen Garantien entfallen, sodass auch eine zeitnahe Liquidation des Investitionsvehikels möglich ist.

Die Dilemma-Situation des Verkaufsprozesses tritt aber auch in anderen Transaktionsfällen auf. Im Fall des Verkaufs von Unternehmensteilen aus der Insolvenz, des Verkaufs des eigentümergeführten Unternehmens durch den Mittelständler als Privatperson oder bei der Investition durch Family Offices besteht auf Verkäuferseite eine geringe Bereitschaft, riskante Garantieerklärungen abzugeben oder Kaufpreiseinbehalte über die Dauer von zwei, drei oder mehr Jahren zu akzeptieren; ebenso wenig sind die Käufer bereit, auf umfangreiche Garantiekataloge zu verzichten oder den Haftungsfall nicht durch werthaltige Sicherheiten zu hinterlegen. Daher bietet sich auch in diesen Fällen der Abschluss einer W&I-Versicherung oder zusätzlich spezifischer Versicherungsprodukte in Kombination mit Haftungsregelungen an.

Eine maßgeschneiderte Lösung

Dabei kann sowohl der Verkäufer wie auch der Käufer als Versicherungsnehmer eingesetzt werden. Im letzteren, in der Praxis häufigen Fall besteht der Vorteil für den Käufer, dass er im Schadensfall unmittelbar einen Anspruch gegenüber dem Versicherer hat beziehungsweise nicht darauf verwiesen wird, zunächst seine Ansprüche an die Verkäuferseite zu adressieren. Dies kann in Sondersituationen, etwa beim Management-Buy-out, von Vorteil sein.

Garantien des Verkäufers sind regelmäßig der Knackpunkt in Unternehmenstransaktionen. In den vergangenen Jahren hat sich eine Schere zwischen mangelnder Risikobereitschaft und  höherem Risikopotenzial aufgetan. M&A-Versicherungsprodukte sind hier das Mittel der Wahl.

In jedem konkreten Einzelfall analysiert der Versicherer das individuelle Risikopotenzial anhand der Einzelfaktoren, wie etwa der Identität und Lokalität des Käufers, des Verkäufers, der Zielgesellschaft, des Inhaltes und der Qualität der Due Diligence und des Transaktionswerts. Regelmäßig betragen die Prämien zwischen ein und drei Prozent der Versicherungssumme, im Fall von Immobilientransaktionen sind diese Quoten niedriger. Die Ausstellung einer Police bedarf in der Praxis rund zehn bis 14 Tage, kann in Eilfällen bei vollständiger Dokumentation auch innerhalb von zwei Tagen erfolgen.

Worauf kommt es an?

Für die Beteiligten bleibt zu beachten, dass es sich bei den Versicherungslösungen eben um Versicherungen handelt: Wie gut oder schlecht das Produkt ist, zeigt sich, wenn es einem Stresstest unterzogen wird und der Versicherungsfall eintritt. Für diesen Fall muss eine optimale Verzahnung zwischen dem Unternehmenskaufvertrag und dem Versicherungsprodukt bestehen, sowohl im Hinblick auf den Umfang des Versicherungsschutzes und den konkreten Inhalt der versicherten Garantien als auch den Nachweis der Due Diligence. Wie bei anderen Versicherungsprodukten ist weiter entscheidend, wie generell das Regulierungsverhalten des jeweiligen Anbieters im Markt ist. Auch hier können sich in der nahen Zukunft noch Feinjustierungen ergeben, nachdem bislang größere Schadensfälle noch nicht aufgetreten sind.

Fazit

Die W&I-Versicherung sowie die spezifischen Versicherungsprodukte, die auf dem Markt zur Absicherung besonderer Risiken aus M&A-Transaktionen angeboten werden, stellen auch außerhalb des klassischen Private-Equity-Geschäfts optimale Sicherungsmittel für M&A-Risiken dar. Entscheidend für die richtige Ausgestaltung in jedem Einzelfall ist eine frühzeitige Einbindung des Versicherers. Die Beteiligten müssen sich jedoch bewusst sein, dass dieses Produkt nur so weit hält, wie es im Markt nicht überproportional belastet wird.


(© Privat)

Zur Person:

Dr. Stefan Simon ist Rechtsanwalt und Partner der SPITZWEG Partnerschaft. SPITZWEG ist eine interdisziplinäre Sozietät mit Sitz in München, die ihre Mandanten in allen Bereichen des Gesellschafts- und Steuerrechts national und grenzüberschreitend berät. Herr Dr. Simon ist als Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht u.a. auf die Gestaltung von M&A-Projekten sowie die Strukturierungsberatung mittelständischer Unternehmen spezialisiert.

www.spitzweg.com

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