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Liquides Eigenkapital sichert Vermögen

Unternehmensbeteiligungen sind häufig der Grundstock vermögender Privatpersonen. Als Anlageform sind sie nicht in der höchsten Liquiditätsklasse. Der Aufbau von liquidem Eigenkapital dient als Schutz.

Jahrzehntelang wurden deutsche Unternehmer gescholten, sie hätten zu wenig Eigenkapital. Mit Blick auf die Eigenkapitalentwicklungen erkennt man aktuell einen Paradigmenwechsel: Die Eigenkapitalquoten im deutschen Mittelstand sind in den letzten 15 Jahren um rund zehn Prozentpunkte angestiegen. Laut dem KfW-Mittelstandspanel erreichen insbesondere Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern eine Zielgröße von 33 Prozent Eigenkapital. Diese Quote, insbesondere der Familienunternehmen, entspricht einem A-Rating.

Wie steht es aber um das Investitionsverhalten? Bei der Finanzierung von Investitionen setzen laut der KfW 54 Prozent auf Cash und angesparte Rücklagen. Dies bedeutet: Der Eigenmittelanteil der Finanzierungen ist seit 2009 massiv steigend, der Fremdmittelanteil sinkt. Durch den steigenden Anteil an Eigenmitteln sinkt aber auch das liquide zur Verfügung stehende Vermögen. Das Geld ist im Unternehmen gebunden.

Wandel wird zur Tagesordnung

Die Diskussion um die E-Mobilität, autonomes Fahren, generell der Strukturwandel durch die Digitalisierung zeigen, dass der Wandel zur Unternehmenswelt gehört. Neben Chancen birgt dieser auch hohe Risiken. Hinzu kommt: 40 Prozent der Unternehmer sind älter als 55 Jahre, eine massive Nachfolgewelle steht an. Diese Unsicherheitsfaktoren gehen mit einem Ende der Kreditfinanzierung von schlechten Bonitäten einher. Alternative Finanzierer mit anderem Finanzierungsverhalten drängen in den Markt – Vor- und Nachteile inklusive.

Paradigmenwechsel: Liquides Eigenkapital

Liquides Eigenkapital ist eine strategische Zielgröße in Höhe des halben EBITDA (Mindestwert), die der Gesellschafter für unternehmensspezifische Bedarfe vorhält und im Rahmen eines ganzheitlichen Finanzierungskonzeptes realisiert – auch über Jahre hinweg. Es ist Cash bzw. in bestimmte Liquiditäts- und Risikoklassen angelegtes Kapital. Freie Kreditlinien hingegen sind kein liquides Eigenkapital! Als strategische Zielgröße ist es mittelfristig unverzichtbar, um Abfindungen von Angehörigen, Verlustphasen auch beim Aufbau von neuen Geschäften, Nachfolgeregelungen, aber auch die Bewältigung von Wachstumsstrategien im In- und Ausland sowie smarte Investitionen in Technologie und den Menschen zu finanzieren.

Liquides Eigenkapital aufbauen – aber wie?

Bevor liquide Mittel gehoben werden, muss die „gesellschaftsrechtliche Aufstellung“ zwischen den Vermögenden und dem operativen Unternehmen geklärt werden. Eine einstufige oder zweistufige Finanzholding kann eine Gestaltungsmöglichkeit sein, in der über die Ausschüttungspolitik und die Verwendung von strategischen Cashpositionen entschieden wird. Zu klären ist, wie man mittelfristig Haftungsbrücken zum liquiden Eigenkapital vermeidet bzw. reduziert.

Unternehmensbeteiligungen sind häufig der Grundstock vermögender Privatpersonen. Als Anlageform sind sie nicht in der höchsten Liquiditätsklasse. Der Aufbau von liquidem Eigenkapital dient als Schutz.

Die Mechanik des Geschäftsmodells entscheidet über die richtige Finanzierungsarchitektur. Hierzu zählen Positionen wie operative Risikoübernahme innerhalb der eigenen Wertkette oder Verantwortlichkeiten für Währungs- und Rohstoffpreisrisiken. Befindet sich das Unternehmen in einem reifen Markt oder in einem stark wachsenden Markt? Entsprechend hoch ist der Return on Invest – wesentliche Rahmenbedingungen auch für die Vermögensanlage und Kapitalbindung.

Erfolgreiche Geschäftsmodelle beinhalten die strategische Ausgestaltung des Days Working Capital. Diese Kennzahl, die die Reichweiten des Vorratsvermögens, der Forderungen und der Lieferantenverbindlichkeiten widerspiegelt, ist eine zentrale Steuerungsgröße für den Ressourcen- und Kapitaleinsatz im Unternehmen. Reduziert sie sich unter Einsatz von alternativen Finanzierungen gegen null, entsteht liquides Kapital im Unternehmen. Insbesondere das Warenlager bindet hohes Kapital, gerade wenn die eigenen Anforderungen an die Lieferfähigkeit deutlich über den Anforderungen für eine hohe Kundenzufriedenheit liegen. Eine Reduzierung der Lieferfähigkeit um ein oder zwei Prozentpunkte bei gleicher Kundenzufriedenheit führt zu einer massiven Freisetzung von Kapital.

Geschäftsmodell überprüfen

Sehr schnell werden Eigenmittel in Investitionen geparkt, doch allein die Diskussion über die Amortisationszeit, eine treibende Kennzahl im Hinblick auf die Liquiditätsklasse, wirkt Wunder in der Reflexion von Investitionen. Handelt die Organisation des Unternehmens cashorientiert? Bei genauem Hinterfragen wird man feststellen, dass die Liquidität keine Steuerungsgröße einzelner Abteilungen ist. Dieses Wissen und Bewusstsein muss in der gesamten Organisation verankert werden, und es funktioniert.

Erfolgreiche Unternehmen überprüfen kontinuierlich das eigene Geschäftsmodell. Sie investieren und deinvestieren. Das konsequente Abstoßen unprofitabler und strategisch irrelevanter Geschäftsaktivitäten ist mit eine Hauptaufgabe, die Gesellschafter zu initiieren haben.

Sind diese ganzheitlichen Fragestellungen im Unternehmen beantwortet, folgt eine nachhaltige Finanzierung. Treten besondere unternehmerische Risiken auf, die einer Kapitalstärkung bedürfen, können Mezzanine-Kapital oder Fördermittel zum Beispiel der KfW bzw. Bürgschaften und Zuschüsse genutzt werden.

Unternehmensbeteiligungen sind häufig der Grundstock vermögender Privatpersonen. Als Anlageform sind sie nicht in der höchsten Liquiditätsklasse. Der Aufbau von liquidem Eigenkapital dient als Schutz.

Fazit

Als vermögende private Person oder als Gesellschafter diskutieren Sie diese Thesen mit dem Management oder im Gesellschafterkreis, um die notwendige Sensibilisierung zu erreichen.

Stoßen Sie frühzeitig die Erstellung von Zukunftskonzepten an, die zum einen die Potenziale in Markt und Wettbewerb im Unternehmen aufzeigen, aber vor allem die nachhaltige Durchfinanzierung und Kapitaldienstfähigkeit sicherstellen. Dadurch sind Sie auf jede Situation vorbereitet und können vor allem die Vermögenswerte auf ihre Liquidität und Risikoklassen hin deutlich besser einschätzen. Ist es erforderlich, stoßen Sie eine Refinanzierung mit einem Konzept an, das zumindest zwei Gesellschaftsebenen und nicht nur die zu finanzierende Gesellschaft umfasst und damit letztendlich den Aufbau von liquidem Eigenkapital sicherstellt.


Zur Person

Volker Riedel ist Partner der Dr. Wieselhuber & Partner GmbH und verantwortet das Competence Center Finance & Insolvenz mit Fokus auf die nachhaltige Sicherung und Wertsteigerung des liquiden Eigenkapitals. Seit über 25 Jahren betreut er Familienunternehmen und Gesellschafter in Finanzierungsfragen.
www.wieselhuber.de

 

 

 

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