Unternehmensinsolvenzen bleiben auf niedrigem Niveau

Kritik an Aussetzung der Insolvenzantragspflicht
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Trotz der seit nunmehr zwei Jahre andauernden Wirtschaftskrise durch die Coronapandemie bleiben die Insolvenzen weiter auf einem niedrigen Niveau. Die Zahl der beantragten Regelinsolvenzen in Deutschland ist nach vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) im Januar 2022 um 17,2% gegenüber Dezember 2021 gesunken. Zuvor allerdings war sie im Dezember 2021 um 18,0% gegenüber dem Vormonat gestiegen. Diese erheblichen Schwankungen haben aber auch mit den Verzerrungen zu tun, die durch gesetzliche Sonderregelungen und Wirtschaftshilfen verursacht wurden.

Staatliche Hilfen verzerren das Bild

Von Anfang März 2020 bis Ende 2020 war die Insolvenzantragspflicht für überschuldete Unternehmen infolge der Coronapandemie ausgesetzt. Diese Regelung galt bis Ende April 2021 weiterhin für Unternehmen, bei denen die Auszahlung der seit 1. November 2020 vorgesehenen staatlichen Hilfeleistungen noch ausstand. Für diese Unternehmen wurde die Pflicht zur Beantragung eines Insolvenzverfahrens erst zum 1. Mai 2021 wieder vollumfänglich eingesetzt. Beruhte der Eintritt einer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung auf den Auswirkungen der Starkregenfälle oder des Hochwassers im Juli 2021, war die Insolvenzantragspflicht bis 31. Januar 2022 ausgesetzt. Seit dem 1. Februar 2022 sind somit alle Sonderregelungen ausgelaufen.

Energieversorger weiter in der Krise

„Die Verlängerung der staatlichen Coronahilfen beeinflusst weiterhin das Insolvenzgeschehen. „Gerade den Arbeitnehmern in den besonders von der Pandemie betroffenen Branchen wie der Gastronomie, Hotellerie und der Touristik kommt eine Verlängerung der Hilfen zugute. Die Fortführung der Hilfen verzögert allerdings auch in vielen Fällen wichtige Transformationsprozesse“, erklärt Dr. Christoph Niering, Insolvenzverwalter und Vorsitzender des Berufsverbandes der Insolvenzverwalter und Sachwalter Deutschlands (VID). Besonders insolvenzgefährdet seien derzeit Unternehmen, die unter den aktuell starken Energiepreissteigerungen leiden. Darunter sind auch viele kleine Unternehmen. „Wir sehen derzeit vermehrt Insolvenzen bei Strom- und Gasanbietern, die die stark gestiegenen Großhandelspreise für Strom und Erdgas nicht mehr tragen können. Diese Preissteigerungen werden an die Kunden weitergegeben. Eigentlich gesunde, aber verbrauchsintensive Unternehmen werden deshalb ebenfalls in vielen Fällen unter Druck geraten“, so der VID-Vorsitzende.

Insolvenzwelle nicht zu erwarten

„Die Zahl an insolventen Personen- und Kapitalgesellschaften wird auch in den nächsten Monaten niedrig sein“, kommentiert Steffen Müller, der am Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) die Abteilung Strukturwandel und Produktivität und die dort angesiedelte Insolvenzforschung leitet, die aktuelle Situation. Er fährt fort: „Die Nachwirkungen der Pandemie werden sich vollumfänglich erst nach Auslaufen der großzügigen Kurzarbeitergeld-Regelungen in den Insolvenzzahlen zeigen. Mit massiven Jobverlusten ist aber auch dann nicht mehr zu rechnen.“

Das IWH veröffentlicht einen eigenen sogenannten „Insolvenztrend“ als Frühindikator, der rund zwei Monate schneller ist, als die amtlichen Zahlen von Destatis. Für Januar 2020 sehen die IWH-Experten ein weiteres Absinken der Insolvenzanmeldungen von Personen- und Kapitalgesellschaften. Sowohl gegenüber dem Vormonat (-16%) als auch dem Vorjahresmonats (-13%) gehen die Werte zurück.

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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