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Air Berlin hätte früher Insolvenz anmelden müssen

Der deutschen Air Berlin ist das Geld ausgegangen. Nachdem der Großaktionär Etihad Airways am vergangen Freitag die Reißleine zog und weitere Unterstützung von 50 Mio. Euro versagte, hat Air Berlin die Eigenverwaltung beantragt. Wie es mit der Nummer 2 bei den deutschen Airlines weitergeht und wer Gewinner und Verlierer sein wird, analysiert der Insolvenzrechtsexperte Robert Buchalik.

Aus heutiger Perspektive steht schon fest, dass eine frühere Antragstellung beispielsweise im Schutzschirmverfahren in jedem Fall besser gewesen wäre. Grundsätzlich gilt, je früher der Antrag gestellt wird, umso vielfältiger sind die Handlungsalternativen, die Krise zu bewältigen. Man hätte wesentlich mehr Zeit zur Vorbereitung gehabt und vermutlich auch deutlich mehr Liquiditätsspielräume.

Air Berlin praktisch wertlos

Heute hat Air Berlin jedenfalls praktisch keine eigenen Werte mehr, auch die Flugzeuge gehören nicht Air Berlin, sondern verschiedenen Leasinggesellschaften. Einzig die Start- und Landerechte lassen sich noch zu Geld machen, wenn sie nicht sogar an den Bund zur Absicherung des Massekredites verpfändet sind.

Es spricht also alles dafür, dass Air Berlin zerschlagen wird. Es ist kaum damit zu rechnen, dass sie als eigenständige Gesellschaft bestehen bleibt. Da die Flugkapazitäten der Air Berlin aber nicht vom Markt verschwinden werden, werden Kabinenpersonal, Technik und Piloten größtenteils von einer oder mehreren Fluggesellschaften übernommen. Aller Wahrscheinlichkeit nach werden Teile an mehrere Erwerber verkauft werden. Die Folge wird sein, dass die Preise auf den Inlandsflügen deutlich anziehen, denn da wird künftig durch die Zerschlagung der Air Berlin die Lufthansa mit ihren Billigtöchtern der einzige Anbieter sein.

Die Pleite bringt viele Verlierer hervor

Die größten Verlierer sind sicherlich die Mitarbeiter des Bodenpersonals und der Verwaltung. Sie werden zum großen Teil ihren Job verlieren. Wahrscheinlich werden auch die Aktionäre, allen voran die Etihad und andere Geldgeber, verlieren und ihre Forderungen vollständig abschreiben müssen. Allein die ungesicherten Anleihegläubiger sollen Forderungen von fast 500 Mio. Euro haben. Die werden genauso wenig wie die Aktionäre etwas von ihrem Geld zurückbekommen. Ebenso müssen die Lieferanten erhebliche Einbußen hinnehmen. Möglicherweise wird der ein oder andere Lieferant selber finanzielle Schwierigkeiten bekommen und sollte vorsorglich über ein Eigenverwaltungsverfahren nachdenken.

Diese Eigenverwaltung ist untypisch

Die Verantwortlichen haben sich bewusst für eine Eigenverwaltung anstatt einer Regelinsolvenz entschieden. Das hatte vor allem wirtschaftliche Gründe. Allein der nur in der Eigenverwaltung mögliche Umsatzsteuereffekt dürfte sich auf 60-80 Mio. Euro belaufen. Die Kosten der Sachwaltung liegen gegenüber denen eines Insolvenzverwalters bei Verfahren dieser Größenordnung um einige Mio. Euro niedriger. Es ist davon auszugehen, dass der Generalbevollmächtigte, der für die Dauer des Verfahrens in den Vorstand eingetreten ist, zu überschaubaren Kosten tätig wird.

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Der deutschen Air Berlin ist das Geld ausgegangen. Nachdem der Großaktionär Etihad Airways am vergangen Freitag die Reißleine zog und weitere Unterstützung von 50 Mio. Euro versagte, hat Air Berlin die Eigenverwaltung beantragt. Wie es mit der Nummer 2 bei den deutschen Airlines weitergeht und wer Gewinner und Verlierer sein wird, analysiert der Insolvenzrechtsexperte Robert Buchalik.

Die Beibehaltung des bisherigen Vorstandes hat den unschätzbaren Vorteil, die Abläufe bei der Air Berlin zu kennen und damit auch aufrecht zu erhalten. Mit Frank Kebekus als Generalbevollmächtigten und Prof. Lucas Flöther als Sachwalter stehen dem Unternehmen zudem zwei Insolvenzrechtsexperten zur Seite. Allerdings zeigt die Personalie mit zwei Juristen auch, dass eine operative Sanierung der Air Berlin nicht gewollt ist, sondern dass das Verfahren auf eine übertragende Sanierung, also den Verkauf oder Teilverkauf des Unternehmens, hinausläuft. Das ist eher untypisch für eine Eigenverwaltung, weil am Ende meist ein Insolvenzplan steht. Der dürfte hier aber eher keinen Sinn machen, weil der Plan auch den Aktionären zugutekommen würde. Das kann hier aber kaum gewollt sein.

Sinnvolle Staatshilfe

Insbesondere der Bundesregierung muss man beim Krisenmanagement ein großes Lob zollen, zumal der Überbrückungskredit von 150 Mio. Euro EU-beihilferechtlich wohl äußerst bedenklich ist. Dem Steuerzahler sollte kein Nachteil entstehen, weil der Kredit wohl zurückgezahlt werden kann. Um dieses Ziel zu erreichen, sollte die Bundesregierung nun eine Garantie abgeben, dass der Flugbetrieb weitergeht und somit kein Urlauber auf seinen Flug verzichten muss oder gar sein Geld verliert. Allein die Existenz dieser Garantie würde schon ausreichen, damit die Umsätze nicht wegbrechen.

Neben wirtschaftlichen Rechnungen steckt hinter der Staatshilfe auch ein politisches Kalkül. Die Bundesregierung konnte es sich so kurz vor der Wahl nicht leisten, tausende Reisende in den Urlaubsorten sitzen zu lassen. Man hätte dann wohl viel kostspieligere Rückholaktionen starten müssen. So hat man den gesamtwirtschaftlichen Schaden deutlich reduziert und kann sogar darauf setzen, dass zumindest ein großer Teil der Mittel wieder zurückfließen wird. Für den Steuerzahler ist dies allemal die bessere Lösung.

 

 

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