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Kaufpreise dominieren

Die hohen Kaufpreise für Unternehmen sorgen für Bewegung am M&A-Markt. Zum einen sind einige Mittelständler eher bereit, zumindest Teile ihres Unternehmens zu verkaufen. Zudem spüren Investoren auch aufgrund des niedrigen Zinsumfelds einen Anlagedruck. Wie geht es weiter am M&A-Markt? Unternehmeredition fragte nach.

Wie wird sich der M&A-Markt 2016 entwickeln?

 

Dr. Christian Becker, Partner, GÖRG Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB

Wir gehen für 2016 weiterhin von einem sehr stabilen M&A-Markt aus. Das derzeit sehr niedrige Zinsniveau wird zu weiterhin relativ hohen Kaufpreisen führen. Allerdings ist durch die Brexit- Entscheidung der Engländer in einige M&A-Prozesse Unsicherheit geraten. Dies führte zum Teil auch dazu, dass Verträge noch einmal nachverhandelt wurden und werden.

 

 

 

 

Dirk F. Freiland, Geschäftsführender Gesellschafter, Clairfield International GmbH

2015 war aus M&A-Sicht ein gutes Jahr. Nachdem das erste Halbjahr 2016 bereits sehr erfolgreich war, gehen wir davon aus, dass das Gesamtjahr nochmals über 2015 liegen wird. Wir sehen mehr und mehr ausländische Unternehmen, die auf den deutschen Markt drängen, um Zugang zu den großen OEMs zu erlangen oder sich an technologisch führenden Unternehmen zu beteiligen. Im Bereich der Technologie stehen gerne auch junge, aber hoch innovative Unternehmen im Fokus.

 

 

 

 

Dr. Björn B. Schmidt, Director, IEG – Investment Banking Group

Der M&A-Markt ist und bleibt insbesondere in den Segmenten Internet und Technologie dynamisch. Der Zusammenschluss von Auctionata und Paddle8 zum globalen Marktführer im Online-Auktionsmarkt für Kunst und Sammlerstücke sowie die Übernahme der Buchhandelsgruppe Thalia durch ein Konsortium unter Führung der Verlegerfamilie Herder sind zwei Beispiele von zahlreichen spannenden Transaktionen im Jahr 2016. Dieser Trend wird sich im Restjahr fortsetzen.

 

 

 

 

Dr. Peter A. Frankenberg, Geschäftsführer, IVC Mergers & Acquisitions GmbH

Insgesamt erwarten wir zumindest für den mittelständischen M&A-Markt zwar kein Rekordjahr, aber ein gutes Jahr. Aktuell gibt es jedes Jahr rund 27.000 Familienunternehmen, bei denen Nachfolgeregelungen anstehen, von denen erfahrungsgemäß knapp 30 Prozent durch unternehmensexternen Verkauf erfolgen. Gleichzeitig stellen wir eine hohe Nachfrage insbesondere von vermögenden Family Offices und privaten Beteiligungsgesellschaften aus dem In- und Ausland fest.

 

 

 

 

Die hohen Bewertungen für Unternehmen sorgen für Bewegung am M&A-Markt. Zum einen sind einige Mittelständler eher bereit, zumindest Teile ihres Unternehmens zu verkaufen. Zudem spüren Investoren auch aufgrund des niedrigen Zinsumfelds einen Anlagedruck. Vier Experten über die weitere Entwicklung.

Welche Länder stehen momentan im Fokus?

 

Dr. Christian Becker

In europäischen M&A-Prozessen sehen wir seit 2016 verstärkt chinesische Käufer. Früher haben die Chinesen sich häufig nur das Zielunternehmen angesehen. Jetzt erhalten sie auch zunehmend den Zuschlag. Zudem interessieren sich auch einige deutsche Unternehmen für Zukäufe im asiatischen Raum.

 

 

 

 

Dirk F. Freiland

Deutschland steht im Fokus vieler internationaler Unternehmen. Die Käufer im Mittelstand kommen immer noch überwiegend aus Europa, insbesondere Italien, Frankreich, Benelux und Skandinavien. USA als Käufer ist traditionell stark, aber China lernt immer besser, den Mittelstand zu verstehen und sich als Käufer zu empfehlen. Deutsche Unternehmen suchen derzeit überwiegend Zugang zu neuen Technologien, aber auch sehr stark nach intelligentem Personal.

 

 

 

Dr. Björn B. Schmidt

Im Bereich Internet und Technologie bleibt der deutschsprachige Raum ein wichtiger Markt. Zudem sollte die hiesige Start-up-Szene von den Folgen des Brexit insbesondere im Hinblick auf Kapital und talentierten Arbeitskräften profitieren. Gleichzeitig wird die Rolle von asiatischen, allen voran chinesischen und indischen Investoren bei europäischen Internet- und Technologietransaktionen wichtiger denn je: Ihr Engagement wird in den kommenden Quartalen stärker.

 

 

 

Dr. Peter A. Frankenberg

Die meisten Beteiligungskäufe deutscher Unternehmen finden nach wie vor in Deutschland selbst statt. Wenn deutsche Unternehmen im Ausland akquirieren wollen, stehen häufig Projekte in Österreich, in der Schweiz oder in Nordamerika im Fokus. Sind deutsche Unternehmen selbst Zielobjekt, kommen die Kaufinteressenten bisher meist aus Deutschland, der Schweiz, den USA und Großbritannien. Im ersten Halbjahr 2016 haben sich jedoch die M&A-Aktivitäten chinesischer Unternehmen in Deutschland gegenüber den Vorhalbjahren fast verdoppelt.

 

Die hohen Bewertungen für Unternehmen sorgen für Bewegung am M&A-Markt. Zum einen sind einige Mittelständler eher bereit, zumindest Teile ihres Unternehmens zu verkaufen. Zudem spüren Investoren auch aufgrund des niedrigen Zinsumfelds einen Anlagedruck. Vier Experten über die weitere Entwicklung.

Sind Unternehmer aufgrund der derzeit hohen Preise eher bereit, ihr Unternehmen zu verkaufen?

 

Dr. Christian Becker

Mit Ausnahme von Sondersituationen wie zum Beispiel Nachfolgesituationen sehen wir bei Unternehmern derzeit noch keine erhöhte Verkaufsbereitschaft. Dort stellt sich für den Fall eines Verkaufs auch immer gleich die Frage nach Alternativinvestitionen für den erzielten Kaufpreis. Allerdings nutzen viele Finanzinvestoren das derzeit relativ hohe Kaufpreisniveau zum Exit.

 

 

 

Dirk F. Freiland

Wir sehen, dass die Bereitschaft steigt, was auf zwei Gründe zurückzuführen ist. Zum einen stehen sicher die hohen Kaufpreise im Vordergrund, verbunden mit der hohen Liquidität von strategischen und Finanzinvestoren. Auf der anderen Seite spüren die Unternehmen den zunehmenden internationalen Druck und hohen Innovationsbedarf mit entsprechenden Investitionen wie etwa im Industrie-4.0-Umfeld. Nicht jeder möchte diese Investitionen alleine tätigen.

 

 

 

Dr. Björn B. Schmidt

Derzeit sind die Bewertungsniveaus sehr attraktiv. Gleichwohl ist die Bewertung des Unternehmens bei einem Exit nur ein Teil der Gleichung – man denke etwa an den Garantiekatalog eines Anteilskaufvertrages. Insgesamt ist die Nachfrage an Unternehmen, die innovativ, stark wachsend und profitabel sind, seitens der Investoren riesig. Wenn der Verkaufsprozess richtig gemanagt wird, gibt es daher kaum ein besseres Zeitfenster für einen Exit als derzeit.

 

 

 

Dr. Peter A. Frankenberg

Richtig ist, dass die Preise für Unternehmensbeteiligungen in den letzten Jahren angesichts der hohen Nachfrage und der niedrigen Zinsen für die Verkäufer meist sehr attraktiv waren. Seit einiger Zeit beobachten wir aber, dass einige mittelständische Unternehmer ihren Unternehmensverkauf angesichts der schlechten Alternativanlagemöglichkeiten entweder ganz zurückstellen oder statt eines Gesamtverkaufs nur einen Teilverkauf durchführen wollen.

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