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„Der Einkaufspreis ist nur das letzte Glied“

Seit zehn Jahren berät Marc Kloepfel mittelständische Unternehmen beim Einkauf. Im Interview erklärt er, warum der Einkäufer mehr zum Manager ausgebildet werden soll und die Digitalisierung Potentiale schafft, sich im Markt abzugrenzen.

Unternehmeredition: Herr Kloepfel, warum ist der Einkauf im Unternehmen aus Ihrer Sicht so wichtig?

Marc Kloepfel: Im Durchschnitt beträgt das Einkaufsvolumen rund 50 Prozent vom Umsatz. Je nach Branche weicht dieser Anteil nach oben oder unten ab. Allgemein gehen wir davon aus, dass zwischen fünf und zehn Prozent an Einsparungen möglich sind. Bei einem Unternehmen mit einem Umsatz von 100 Mio. Euro macht die Optimierung also schon mal fünf Prozent der EBIT-Marge aus.

Trotzdem scheint nicht jeder Mittelständler dem Thema gegenüber aufgeschlossen zu sein. Woran liegt das?

Ein Geschäftsführer braucht schon ein gesundes Selbstbewusstsein, um sich eine Einkaufsberatung ins Haus zu holen. Gerade die Einkäufer sind in einem Unternehmen oft bereits seit zehn, fünfzehn Jahren beschäftigt und genießen eine gute Lobby. Es gibt also wenige Impulse für Eigeninitiativen. Deshalb ist es wichtig, sich beim Unternehmen persönlich zu präsentieren, Referenzen vorzulegen und damit Vertrauen zu schaffen. Die zentrale Botschaft ist, dass man dem Einkauf keine Fehler vorhält, sondern ihn mit zusätzlicher Manpower unterstützt.

Wie funktioniert die Arbeit mit den Einkäufern?

Der Einkäufer hat den Berater weder beauftragt noch hat er auf ihn gewartet. In den ersten Wochen lernt man sich erstmal kennen. Dies braucht immer etwas Zeit, aber danach läuft die Zusammenarbeit mit den Einkäufern erfahrungsgemäß gut.

Der Einkauf gliedert sich in verschiedene Teilbereiche. Welche unterschiedlichen Methoden erfordert das bei der Optimierung?

Im Großen und Ganzen hat der Einkauf zwei Aufgaben. Die eine ist der operative Einkauf, hier geht es um die klassische Warenbestellung und Produktbeschaffung. Künftig wird die Digitalisierung eine große Rolle spielen. Alles, was Commodity ist, also Vergleichspreise betrifft, wird in wenigen Jahren nicht mehr manuell, sondern automatisiert erledigt. Ein Beispiel sind elektronische Kataloge, in denen jeder Mitarbeiter direkt bestellen kann.
Die andere Aufgabe ist der strategische Einkauf. Dabei geht es um die Auswahl von Lieferanten, die Verhandlungen oder auch Produktspezifikationen. Im strategischen Einkauf werden die Entscheidungen getroffen, die den Wert eines Unternehmens steigern.

Sind diese beiden Teilbereiche im Unternehmen immer klar getrennt?

Nein, und hier liegt eigentlich das Hauptproblem. Sobald es zu einer Stresssituation im Unternehmen kommt, wird der strategische Einkäufer schnell wieder zum operativen Einkäufer. Damit fehlt ihm aber die Zeit, um wirklich Verhandlungen mit den Lieferanten zu führen und neue Strategien zu entwickeln. Unser Credo ist es, den strategischen Einkauf auszubauen und in Qualifizierung zu investieren. Der Einkäufer der Zukunft soll kein Beschaffer mehr sein, sondern ein Lieferketten-Manager, der früh in Prozesse eingebunden wird und schon bei der Bedarfsentstehung involviert ist, vergleichbare Ausschreibungen durchführt und Ähnliches.

Seit zehn Jahren berät Marc Kloepfel mittelständische Unternehmen beim Einkauf. Im Interview erklärt er, warum der Einkäufer mehr zum Manager ausgebildet werden soll und warum die Digitalisierung Potentiale schafft, sich im Markt abzugrenzen.

Was macht denn einen guten Preis aus? Es geht ja sicherlich nicht darum, immer das günstigste Vorprodukt zu kriegen.

Das stimmt. Gerade im Maschinenbau, wo viele unserer Kunden herkommen, reden wir immer über eine Qualitätsführerschaft. Dafür braucht es natürlich die entsprechende Materialgüte. Es geht nicht um billig, sondern um die beste Lösung im Markt beziehungsweise den bestmöglichen Preis. Allgemein sprechen wir auch nicht von Produkt-, sondern von Vollkosten. Dabei kann sogar der teurere Zulieferer Kosten einsparen. Ein Beispiel: Sie haben einen günstigen Zulieferer, der aber regelmäßig zu spät liefert, was Ihrem Unternehmen unterm Strich Umsatzeinbußen beschert. Ein anderer Zulieferer ist zwar teurer, liefert aber fristgemäß. Im Endeffekt sparen Sie dadurch Kosten ein.

Welche anderen Effizienzpotentiale gibt es denn bei der Produktion noch, die den Einkauf insgesamt günstiger machen können?

Da reden wir über sämtliche Vollkosten. Dabei geht es um grundsätzliche Fragen, wie etwa die klassische Make-or-Buy-Entscheidung. In der Regel produzieren die Unternehmen das, was Ihnen am meisten Spaß macht, und nicht das, was am wenigsten kostet. Ein anderer entscheidender Punkt ist die Einkaufsplanung, also was man wann zu welchem Preis kauft. Weitere Potenziale finden sich bei der Maschinenauslastung oder den Lagerkosten. Auch die Beschaffung, ob lokal oder global, kann ein Thema sein. Der Einkaufspreis ist also nur das letzte Glied in der Kette. Wenn man alle anderen Facetten, die davor gelagert sind, mit einberechnet, sind Einsparpotenziale von 20 bis 25 Prozent realistisch.

Wie sind denn die Betriebe heute beim Einkauf aufgestellt?

Im Großen und Ganzen ist in den vergangenen zehn, 15 Jahren viel passiert. Die Betriebe haben mittlerweile verstanden, dass sie auch beim indirekten Einkauf verhandeln können, etwa bei Energie, Telekommunikation oder Leiharbeitern. Was nach wie vor fehlt, sind die entsprechende Manpower im strategischen Einkauf und digitale Tools wie Controlling-Softwares. Die meisten Unternehmen wissen mittlerweile, dass die Digitalisierung, und damit die Automatisierung von Ausschreibungen, Bestellungen, Rechnungen etc., kommt. Nach unserer Erfahrung setzt das bisher nur ein Drittel der Unternehmen um. Sie haben verstanden, dass man sich durch den Fokus auf die spezifischen Produkte vom Wettbewerb abgrenzen kann.


Zur Person

Marc Kloepfel gründete 2007 zusammen mit seinem Co-Geschäftsführer Efe Duran Sarikaya die gleichnamige Kloepfel Consulting GmbH, die mittelständische Unternehmen beim Einkauf unterstützt. Das Honorar setzt sich dabei prozentual aus den umgesetzten Einsparungen zusammen und basiert zu 100 Prozent auf Erfolgsbasis. Bis heute hat Kloepfel über 600 beraten. Rund 220 Berater in Deutschland und im europäischen Ausland arbeiten für Kloepfel Consulting beziehungsweise Tochtergesellschaften. Ein achtköpfiger Beirat um Bundesminister a.D. Wolfgang Clement übernimmt die Governance.

www.kloepfel-consulting.de

 

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