Die wirtschaftliche Lage in Deutschland bleibt im Herbst 2025 angespannt. Laut dem aktuellen Coface Live Risiko-Update hat sich die konjunkturelle Schwäche weiter verfestigt, während die Zahl der Unternehmensinsolvenzen stark gestiegen ist. Die Daten zeigen, dass die Insolvenzfälle inzwischen das Niveau von 2013 erreicht haben – ein deutliches Signal für die strukturellen Probleme der deutschen Wirtschaft. Zwar verläuft die gesamtwirtschaftliche Entwicklung etwas besser als im Rezessionsjahr 2023, doch von einer stabilen Erholung kann keine Rede sein.
Schwache Konjunktur
Nach einer Phase technischer Rezession ist die deutsche Wirtschaft in ein Stadium der Stagnation übergegangen. Das Bruttoinlandsprodukt wächst laut Coface kaum, und die wichtigsten Wachstumsbeiträge bleiben schwach. Während der private Konsum und die staatlichen Ausgaben das Wirtschaftsgeschehen leicht stützen, belasten schwache Investitionen und rückläufige Exporte die Konjunktur. Besonders die Industrie befindet sich weiterhin im Rezessionsmodus, während sich der Dienstleistungssektor nur langsam stabilisiert. Die Bauwirtschaft kämpft trotz sinkender Zinsen mit hohen Kosten und einer zurückhaltenden Nachfrage.
Industrie im Dauerstress
Die deutsche Industrie bleibt das Sorgenkind der Konjunktur. Sie leidet unter hohen Energiepreisen, schwacher internationaler Nachfrage und einer zunehmenden Regulierung. Besonders der Maschinenbau, die Metall- und Chemieindustrie sowie die Automobilbranche verzeichnen rückläufige Produktionszahlen. Viele Unternehmen kämpfen mit Auftragsrückgängen, während steigende Finanzierungskosten die Investitionsbereitschaft dämpfen. Die langfristigen Folgen sind deutlich: Die industrielle Wertschöpfung sinkt, und Deutschland droht, als Produktionsstandort an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren.
Insolvenzen auf Zehnjahreshoch
Nach Angaben von Coface hat die Zahl der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland im Jahr 2025 stark zugenommen. Der Anstieg betrifft nahezu alle Branchen – von Industrie und Bau über Handel bis hin zu Transport und Dienstleistungen. Besonders stark betroffen sind die Automobil- und Holzindustrie sowie der Maschinenbau. Auch der Einzelhandel und das Transportgewerbe verzeichnen eine deutliche Zunahme der Verfahren. Insgesamt haben die Insolvenzen wieder das Niveau von 2013 erreicht.
Im Unterschied zu früheren Krisenjahren bleiben die wirtschaftlichen Schäden jedoch bislang etwas geringer, da aktuell weniger große Konzerne betroffen sind. Die durchschnittlichen Forderungsausfälle pro Insolvenzfall liegen laut Coface niedriger als in den Jahren 2020 bis 2022. Dennoch nehmen die Risiken zu – insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, die in den vergangenen Jahren nur mit Hilfe staatlicher Hilfsprogramme überleben konnten. Mit deren Auslaufen verschärft sich die Lage.
Branchenspezifische Risiken verschärft
Coface weist darauf hin, dass sich die Insolvenzentwicklung je nach Branche sehr unterschiedlich gestaltet. Während der Pharmasektor und Teile der Informations- und Telekommunikationstechnologie vergleichsweise stabil bleiben, verschlechtern sich die Aussichten für Bau, Chemie und Metallverarbeitung deutlich. Auch der Handel leidet unter sinkender Kaufkraft und einem intensiven Preiswettbewerb. Besonders kritisch ist die Lage in der Transportbranche, die von hohen Treibstoffkosten und schwacher Nachfrage geprägt ist.
Besserung bei Investitionen
Leichte Hoffnungsschimmer gibt es im Bereich der Investitionen. Erste Anzeichen deuten auf eine Stabilisierung hin, vor allem dank staatlicher Programme wie der Einführung eines reduzierten Industriestrompreises ab 2026 und beschleunigter Abschreibungsregeln für Investitionen. Dennoch bleibt die Unsicherheit groß. Viele Unternehmen reagieren mit Zurückhaltung, da sie mittelfristig keine klare politische Linie erkennen.
Ausblick: Unsichere Erholung und strukturelle Anpassung
Für das Jahr 2026 erwartet Coface keine deutliche Entspannung. Zwar sind punktuelle Verbesserungen im Dienstleistungssektor und in Teilen der Exportwirtschaft möglich, doch die strukturellen Herausforderungen bleiben bestehen. Deutschland steht vor einer Phase der Anpassung, in der es gelingen muss, Energieversorgung, Standortkosten und Investitionsbedingungen neu auszubalancieren.





