Implementierung neuer Mitarbeiteraktienprogramme

Mit einer Kapitalisierung von 433 Mrd. EUR in Aktien ihrer Unternehmen wurde 2021 ein Rekord für Mitarbeiteraktionäre in Europa erzielt.
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Auch bei deutschen Unternehmen sind Mitarbeiterbeteiligungsprogramme und ­insbesondere All-Employee-Share-Pläne üblich. Eine wichtige Stellschraube für diese All-Employee-Share-Pläne ist die steuerliche Förderung durch den Freibetrag nach § 3 Nr. 39 EStG. Dieser wurde zum 1. Juli 2021 auf 1.440 EUR erhöht.

Mitarbeiteraktienprogramme sind ein wichtiges Instrument für das Angleichen der Interessen von Aktionären und Mitarbeitenden und lassen Letztere finanziell am ­Unternehmenserfolg teilhaben. Sie erhöhen die Attraktivität der ­Unternehmen als Arbeitgeber. Trotz dieser „Win-win-Situation“ für Unter­nehmen und Beschäftigte war die steuerliche Förderung von Mitarbeiteraktienprogrammen in Deutschland auf einen Freibetrag von 360 EUR beschränkt. Dabei stellt die günstige Versteuerung eine wichtige Stellschraube für Mitarbeiteraktienprogramme dar; Arbeitgeber und ­Mitarbeiter können durch eine günstigere Versteuerung von Mit­arbeiteraktienprogrammen gleichermaßen profitieren. Wie im Folgenden dargelegt, ist die Erhöhung des Freibetrags auf 1.440 EUR ein richtiger Schritt, um die Attraktivität von ­Mitarbeiteraktienprogrammen weiter zu erhöhen. Insbesondere All-Employee-Share-Pläne, die momentan von einer Vielzahl von DAX40-, MDAX- und inzwischen auch SDAX-Unternehmen angeboten werden, sollten durch die Erhöhung des Freibetrags attraktiver werden. Allerdings sollten bei der Implementierung noch wei­tere Stellschrauben beachtet werden.

Vielfältige Möglichkeiten der Ausgestaltung

Während die tatsächliche Ausgestaltung von Mitarbeiteraktienprogrammen in der Praxis sehr individuell ist, erfolgt die Beteiligung in Deutschland regelmäßig über sogenannte Share-­Matching-Pläne, Discountaktien oder Gratisaktien. Dabei investieren Teilnehmende üblicherweise zunächst ­einen Teil ihres Nettogehalts, um (vergünstigte) Aktien ihres Arbeitgebers zu erwerben (Investmentaktien) und sofort und/oder nach Ablauf einer Halte­periode kostenlose Aktien (Matching­aktien) zu beziehen.

Phasen und Hürden im Rahmen der Implementierung

In den verschiedenen Phasen der Imple­mentierung von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen treten Hürden auf, welche allerdings überwindbar sind. Es ist daher wichtig, einen durchdachten Projektplan zu haben und im Rahmen des Projektmanagements alle relevanten Stakeholder ins Boot zu ­holen (HR, Tax, Legal, Communication, Treasury, Payroll et cetera). Dadurch sollten bereits im Rahmen der Bestimmung der Planparameter und der Planbedingungen rechtliche, steuerliche und bilanzielle Implikationen berücksichtigt werden. Des Weiteren ist empfehlenswert, die Finanzierung des Programms beziehungsweise die Herkunft der Aktien frühzeitig zu planen. Datenschutz und arbeitsrechtliche Konsequenzen im Zusammenhang mit der Mitarbeiterbeteiligung sind ebenfalls bereits im Rahmen der Implementierung zu berücksichtigen. Der Erfolg des Programms hängt eng mit der ­Beteiligungsquote zusammen. Diese lässt sich durch eine gute Kommunikationsstrategie gegenüber den Mitarbeitern steigern.

Eine globale Implementierung in weiteren Ländern erhöht die Komplexität. Hierbei sind steuerliche und rechtliche Länderstudien empfehlenswert, die länderspezifische Verpflichtungen aufzeigen und helfen, den Plan effizient wie auch compliant auszu­rollen und zu administrieren. Dies ­ermöglicht beispielsweise eine korrekte Berücksichtigung über die Payroll, inklusive Lohnsteuer- und Reportingverpflichtungen.

In der Praxis hat sich bei der Implementierung von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen ein Schema aus fünf Phasen ­bewährt. Die einzelnen Phasen ­laufen dabei nicht zwangsläufig nacheinander ab, sondern überlappen teilweise. So ist beispielsweise der steuerliche Freibetrag eine wichtige Stellschraube im Rahmen der Gestaltung und der steuerlichen Prüfung eines Mitarbeiterbeteiligungsprogramms.

Freibetrag soll Attraktivität der Mitarbeiteraktienprogramme steigern

Durch das Fondsstandortgesetz wurde der bisherige Freibetrag für die ver­billigte oder unentgeltliche Über­lassungvon Mitarbeiterkapitalbeteiligung (§ ٣ Nr. ٣٩ EStG) zum 1. Juli 2021 von jährlich 360 EUR auf 1.440 EUR angehoben. Das heißt, dass Vorteile aus Mitarbeiteraktienprogrammen, unter gewissen Voraussetzungen, bis zu 1.440 EUR im Jahr pro Person steuer- und sozialversicherungsfrei sind.

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Die Voraussetzungen für die Anwend­barkeit des Freibetrags nach § 3 Nr. 39 EStG sind durch die Erhöhung unverändert geblieben. So muss es sich um eine Beteiligung am Unternehmen des Arbeitgebers handeln, wobei hier auch Konzernunternehmen als Arbeitgeber gelten. Die Anwendung des Freibetrags für Geldleistungen, auch zum Erwerb einer Beteiligung, ist ausgeschlossen. Weiterhin muss die Beteiligung mindestens allen Mitarbeitern offen­stehen, welche zum Zeitpunkt der ­Bekanntgabe des Angebots zur Teilnahme mindestens ein Jahr oder länger ununterbrochen in einem Dienstverhältnis zum Unternehmen stehen. Einzubeziehen sind somit auch geringfügig Beschäftigte, Teilzeitkräfte oder Auszubildende. Dieses Erfordernis wird in der Praxis oft nicht beachtet und kann dazu führen, dass die Anwendung des Freibetrags verneint wird. Ausgenommen werden dürfen aus Vereinfachungsgründen hingegen beispielsweise Expatriates oder Organe von Körperschaften. In der Entgelt­abrechnung sollte darauf geachtet werden, dass der Steuerfreibetrag pro Dienstverhältnis nur einmal gewährt werden kann.

In der Praxis ist es üblich, die Anwen­dung der steuerlichen Begünstigungen nach § 3 Nr. 39 EStG und insbesondere die begünstigten Mitarbeiter, welche ein Angebot zur Teilnahme erhalten sollen, vorab mit dem Finanzamt im Rahmen einer Lohnsteueranrufungsauskunft abzustimmen. Somit können Zweifelsfragen geklärt und das Risiko der Versagung ausgeschlossen werden.

Auswirkung des erhöhten ­Freibetrags auf Mitarbeiter­beteiligungsprogramme

Bei jährlich angebotenen Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen mit einem vergünstigten initialen Erwerb und ­einem­ Erhalt von Matchingaktien nach Ablauf einer Haltefrist konnte der jährliche Steuerfreibetrag nach alter Rechtslage gegebenenfalls bereits durch den vergünstigten Erwerb von Aktien ausgeschöpft sein. Die Folge war, dass der Vorteil der Matching­aktien nicht unter den Steuerfreibetrag fiel. Die Erhöhung des Freibetrags steigert somit die Attraktivität von All-­Employee-Share-Plänen. Je nach Höhe der Vorteile können sowohl initialer vergünstigter Erwerb als auch späterer Erhalt von Matchingaktien im selben Jahr steuerfrei sein (siehe Abb. 2). Teilnehmende erhalten somit mehr Netto vom Brutto und Arbeitgeber profitieren gegebenenfalls von der Sozialversicherungsfreiheit.

Steuerlicher Betriebsausgaben­abzug als weitere Stellschraube

Neben steuerlichen Begünstigungen wie der Anwendung des Freibetrags ist ein Betriebsausgabenabzug eine wichtige steuerliche Stellschraube. Bei der Ausgabe eigener Aktien war ein steuerlicher Betriebsausgabenabzug allerdings längere Zeit umstritten. Hintergrund war ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH), wonach die Ausgabe von Aktienoptionen in Verbindung mit ­einer bedingten Kapitalerhöhung im Zeitpunkt der Einräumung der Aktienoptionen nicht zu Personalaufwand führte. Zusätzlich ist nach Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen die Weiterveräußerung beziehungsweise Wiederausgabe eigener Anteile steuerbilanziell einer (erfolgsneutralen) Kapitalerhöhung gleichzusetzen. Somit war umstritten, inwieweit das Urteil des BFH einem steuerlichen ­Betriebsausgabenabzug auch bei einem­ Aktienrückkauf entgegensteht.

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Begrüßenswert ist daher die Klarstellung seitens der OFD Frankfurt vom 22. Mai 2019, wonach „die Erfüllung einer Arbeitslohnverbindlichkeit durch die Gewährung von eigenen Anteilen die grundsätzlich betriebliche Veranlassung des Arbeitslohnaufwandes nicht löst, und der entsprechende Betriebsausgabenabzug durch diesen Vorgang nicht beeinträchtigt wird“.

FAZIT

Sowohl die Erhöhung des Freibetrags als auch die Klarstellung der OFD Frankfurt sind begrüßenswerte Schritte, um die Attraktivität von Mitarbeiterbeteiligungsprogramme zu erhöhen. Trotzdem wäre beispielsweise eine weitere Erhöhung des Freibetrags auf ein international vergleichbares Level wün­schenswert (je nach Ausgestaltung bis zu 12.000 EUR in Spanien, 4.500 EUR in Österreich und in Italien immerhin 2.000 EUR). Weiterhin könnte eine Ausweitung der Regelungen des neuen § 19 a EStG von kleinen und mittleren auf ­große Unternehmen die Attraktivität von Mitarbeiterbeteiligungsprogramme bei diesen erhöhen. Gemäß § 19a EStG werden Steuern auf unentgeltlich oder verbilligt überlassene Vermögensbeteiligungen nicht direkt bei Erhalt versteuert und der nicht-besteuerte Arbeitslohn unterliegt erst später einer Versteuerung. So könnte beispielsweise über Sperrfristen auf erhaltene Aktien eine Dry-Income-­Thematik vermieden werden.

Dieser Beitrag ist im Spezial Mitarbeiterbeteiligung 2021 erschienen.

Autorenprofil
Fábio da Rocha Neves

ist Senior Consultant bei der Ernst & Young GmbH im Bereich Global Equity.

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Autorenprofil
Gordon Rösch

ist Partner bei der Ernst & Young GmbH. Er leitet den Bereich Global Equity und berät ­Unternehmen bei der Implementierung und Betreuung ihrer Mitarbeiterbeteiligungsprogramme. Er ist Mitglied des DACH Chapters der Global Equity Organisation (GEO).

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Niklas Radü

ist Manager bei der Ernst & Young GmbH im Bereich Global Equity.

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