ifo: Deutsche Wirtschaft schrumpft 2023 um 0,4 Prozent

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Die deutsche Wirtschaftsleistung wird in diesem Jahr laut aktueller Prognose des Münchener ifo Instituts um 0,4% schrumpfen. Im Frühjahr hatte das Institut nur einen Rückgang um 0,1% erwartet. Im kommenden Jahr sehen die Forscher dann wieder eine Steigerung um 1,5%. Die Inflation werde langsam sinken auf 2,1% im Jahr 2024. „Die deutsche Wirtschaft arbeitet sich nur ganz langsam aus der Rezession heraus“, sagte ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser am Mittwoch in Berlin. Die Bauinvestitionen würden allerdings noch schneller schrumpfen auf -3,2% im nächsten Jahr. Gleichzeitig ginge der Anstieg der Baupreise nur langsam zurück und die Kreditzinsen blieben weiter hoch. Beides führe dazu, dass die Nachfrage nach Bauleistungen weiter gering bleiben werde.

Zahl der Arbeitslosen konstant

Das Verarbeitende Gewerbe dürfte laut ifo-Prognose dank der hohen Auftragsbestände seine Produktion weiter moderat ausweiten und dann mit dem allmählichen Auslaufen der Lieferengpässe wieder deutlich kräftiger expandieren. Bei der Zahl der Arbeitslosen rechnet das ifo-Institut nur mit leichten Schwankungen. Gleichzeitig steige die Zahl der Erwerbstätigen von 46,07 Mio. Menschen in einem guten Jahr. Die Neuverschuldung des Staates werde sinken zugleich entwickelt sich der deutsche Leistungsbilanzüberschuss weiter nach oben.

S&P Global ist pessimistisch

Die deutsche Wirtschaft hat laut dem Wirtschaftsforschungsinstitut S&P Global zum Ende des zweiten Quartals aufgrund des beschleunigten Nachfragerückgangs markant an Schwung verloren. Gleichzeitig seien die Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist auf ein Sechs-Monatstief gesunken und der Stellenaufbau habe sich verlangsamt. Der Inflationsdruck habe weiter nachgelassen. So seien die Verkaufspreise in der Industrie erstmals seit über zweieinhalb Jahren wieder reduziert worden. S&P Global sieht zudem einen weiteren Rückgang des Auftragseingangs – besonders stark in der Industrie. Dr. Cyrus de la Rubia, Chefökonom der Hamburg Commercial Bank, kommentiert: “Im Verarbeitenden Gewerbe stehen im zweiten Quartal alle Zeichen auf Rezession, während sich im Dienstleistungssektor eine Wachstumsverlangsamung bemerkbar macht. In der Industrie signalisiert unser Produktionsindex für Juni einen noch stärkeren Rückgang als im Mai. Gleichzeitig ist der Index der ohnehin rückläufigen Neuaufträge noch weiter abgesackt. Es ist daher in den nächsten Monaten mit einem Rückgang der Produktion zu rechnen. Angesichts des immer noch robusten Auftragsbestandes erwarten wir jedoch keinen abrupten Einbruch.“

IWH sieht leichtes Wachstum

Die deutsche Wirtschaft wird nach der Winterrezession und trotz gestiegener Zinsen in den kommenden Quartalen in mäßigem Tempo expandieren, denn mit sinkender Inflation und erhöhter Lohndynamik wird der private Konsum wieder zulegen. Nach der Sommerprognose des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) dürfte das Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2023 um 0,3% zurückgehen, für das kommende Jahr ist ein Zuwachs von 1,7% prognostiziert. Im Sommer 2023 würden Stimmungsindikatoren auf einen weltweiten Aufschwung in den Dienstleistungsbranchen hinweisen, die Konjunktur im Verarbeitenden Gewerbe bleibe aber schwach.

Die deutsche Wirtschaft war laut IWH im Winter in der Rezession. Ausschlaggebend sei die Schwäche des privaten Konsums gewesen aufgrund der inflationsbedingt rückläufigen real verfügbaren Einkommen. Zudem sank der Staatskonsum im ersten Quartal außergewöhnlich deutlich. Anders als das Bruttoinlandsprodukt habe die Bruttowertschöpfung allerdings zu Jahresbeginn zugenommen. In den kommenden Quartalen dürfte nach Erwartungen des IWH der Konsum wieder zunehmen, auch weil die günstige Arbeitsmarktlage den Beschäftigten Arbeitsplatzsicherheit gibt. „Alles in allem wird die Produktion in Deutschland im weiteren Jahresverlauf wieder moderat zulegen. Für das Jahr 2023 insgesamt ergibt sich allerdings ein Rückgang um 0,3%, für 2024 prognostizieren wir einen Zuwachs von 1,7%.“ Für das Jahr 2023 ist mit einer Inflationsrate von 6,1% und für 2024 mit 2,7% zu rechnen“, sagt Oliver Holtemöller, Leiter der Abteilung Makroökonomik und Vizepräsident des IWH.

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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