„Ich bin prinzipiell immer für Orgien“

Bekannt geworden ist er als Steuerfahnder „Siegmund von Treiber“, doch auch die Wirrungen der Finanzkrise hat er mittlerweile ganz gut durchschaut: Seit 15 Jahren erklärt uns Chin Meyer die Finanzwelt. 

Wohin führt die finanzielle Repression?

Die finanzielle Repression, also die durch die Niedrigzinsen bedingte Verlagerung des Kapitals von Sparguthaben an den Staat, ist eine Strafaktion für alle, die ihr Geld bisher sicher angelegt haben. Das Geld ist weiterhin sicher, aber leider sicher verlustbringend. Der Staat kann sich im Gegenzug entspannt entschulden. Irgendwann kann es sein, dass die Leute den Wertverlust begreifen und ihr Geld in die Kapitalmärkte umschichten. Dann kriegen wir zur Immobilienblase noch eine Aktienblase dazu! Andererseits gibt es Anlass zur Hoffnung. In Dänemark gibt es jetzt Negativzinsen in Höhe von 0,03 Prozent auf Hypotheken-Kredite. Nähme Griechenland dort Hypotheken in Höhe von etwa 1,25 Brd. Euro auf, könnte es das Geld am Jahresende zurückzahlen und wäre auf einen Schlag entschuldet! Und hätte in Dänemark so viele Häuser gebaut, dass die komplette griechische Bevölkerung in schicke dänische Neubauten einziehen könnte!

Das „billige“ Geld soll auch den Konsum ankurbeln – tut es das?

Teils-teils. In Nordeuropa, wo es nicht wirklich gebraucht wird. In Südeuropa gilt: Das Geld, das du nicht hast, kannst du auch nicht verfressen!

Erhalten höhere Aktienkurse die Wohlstandsillusion aufrecht?

Auf jeden Fall. Und das ist ja auch eine hübsche Illusion. Obwohl es andererseits so ist, dass das spekulative Vermögen den Wert des realen Vermögens um etwa Faktor zehn überschreitet. In anderen Worten: Wenn man sein Vermögen durch zehn teilt, kommt man näher an den realen Wert heran…

Wie sieht denn Ihr Konsumverhalten aus?

Ich stehe in der Tradition ostpreußischer Geizknochen. Ab und zu gelingt es mir, über meinen Schatten zu springen. Dann kaufe ich einen Gebrauchtwagen. Volkswirtschaftlich bin ich ein ziemlicher Ausfall. Dafür verspekuliere ich mich ab und zu!


 

Chin Meyer (© Dunja Antic)

Kurzprofil Chin Meyer

Geboren: 1950 in Hamburg

Beruf: Kabarettist und Buchautor

Hobbys: Schafkopfen, singen (gelingt ganz gut), tanzen (ausbaufähig), gute Komödien im Kino anschauen, spannende Fantasy-Romane lesen, Nichtstun

www.chin-meyer.de

Autorenprofil

Tobias Schorr war von März 2013 bis Januar 2018 Chefredakteur der "Unternehmeredition". Davor war er für die Gruner + Jahr Wirtschaftsmedien im Ressort Geld als Redakteur tätig. Von 2003 bis 2007 arbeitete er zunächst als Redakteur, dann als Ressortleiter beim Mittelstandsmagazin "Markt und Mittelstand". Sein Handwerk lernte er an der Axel Springer Journalistenschule.

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