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Gesellschafterstreit bei der Nachfolge

Tönnies, Suhrkamp, Gaffel, Haribo, Hagenbeck, Oetker – Gesellschafterstreit im Anschluss an eine Unternehmensnachfolge kommt in den besten Familien vor. Dabei sind Streitigkeiten unter den Erben bei sinnvoller Nachfolgeplanung durchaus vermeidbar. 

Manchmal drängt sich der Eindruck auf, dass zumindest in Familiengesellschaften die Erbfolge zwangsläufig Gesellschafterstreit zur Folge hat. In der Tat ist die Unternehmensnachfolge für das Innenleben personalistisch strukturierter Gesellschaften besonders heikel. Die häufigste Streitursache unter den Erben bildet die laufende Geschäftsführung. In der Gründergeneration herrschen hier klare Regeln, entweder in Form einer Alleinherrschaft des „Patriarchen“ oder einer ausgewogenen Machtverteilung unter mehreren Gründungsgesellschaftern. In der Nachfolgegeneration wird diese Ordnung aufgehoben, wenn mehrere Erben in die Gesellschafterstellung nachrücken. Zusätzlich brechen in der Erbengeneration oft alte Rivalitäten und Ressentiments auf, etwa unter Geschwistern oder Halbgeschwistern oder den Abkömmlingen verschiedener Familienstämme. Diese persönliche Komponente beim Kampf um Macht und Einfluss im Familienunternehmen macht den Streit besonders schwer steuerbar.

Gewinnverteilung und Gewinnausschüttung

Falls bei der Unternehmensnachfolge mehrere Personen berücksichtigt werden sollen, muss zur Vermeidung von Gesellschafterstreit für eine eindeutige und effiziente Unternehmensführung in der Nachfolgegeneration gesorgt werden. Es macht etwa keinen Sinn, Geschwister mit je 50 Prozent gleichberechtigt als Erben zu beteiligen und beiden die Möglichkeit zur Teilnahme an der Geschäftsführung zu eröffnen. Das Gesellschaftsverhältnis wird hier durch persönliche Spannungen zusätzlich belastet. Es genügt dann der kleinste Anlass, um persönlichen Zwist ins Unternehmen zu tragen, mit der Folge wechselseitigen Misstrauens, Blockaden beim Management und gerichtlicher Auseinandersetzungen. Der Unternehmensgründer oder Erblasser muss daher klare Entscheidungen treffen: Der am besten geeignete Nachfolger sollte künftig die Unternehmensleitung übernehmen und dabei rechtlich abgesichert werden, etwa durch eine Mehrheitsbeteiligung. Falls eine solche Lösung ausscheidet, ist rechtzeitig eine geeignete Fremdgeschäftsführung zu installieren.

Ein weiteres Streitthema betrifft häufig die Gewinnverteilung und vor allem die faire Gewinnverwendung. Der Geschäftsführende Gesellschafter bezieht regelmäßig bereits laufende Einnahmen in Form von Geschäftsführergehältern. Geschäftsführer haben darüber hinaus grundsätzlich das Interesse, das Eigenkapital und die Liquidität des Unternehmens durch Gewinnthesaurierung zu stärken. Ganz anders stellt sich dies für den nicht geschäftsführenden Unternehmenserben dar: Hier besteht meist das gegenteilige Interesse an Gewinnentnahmen und -ausschüttungen, schon um bei Personengesellschaften die auf die laufenden Gewinne entfallenden Ertragsteuern oder die auf den Erwerb des Anteils entfallende Erbschaftsteuer bezahlen zu können.Tönnies, Suhrkamp, Gaffel, Haribo, Hagenbeck, Oetker – Gesellschafterstreit im Anschluss an eine Unternehmensnachfolge lkommt in den besten Familien vor. Dabei sind Streitigkeiten unter den Erben bei sinnvoller Nachfolgeplanung durchaus vermeidbar. 

Der Vermeidung von Gesellschafterstreit dienen hier klare und ausgewogene Regelungen zur Gewinnentnahme bei Personengesellschaften und zu Gewinnausschüttungen bei Kapitalgesellschaften. Durch entsprechende Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag ist sicherzustellen, dass – etwa bei Erreichen eines bestimmten Eigenkapitalbetrags – eine angemessene Mindestausschüttung erfolgt, so dass die Gesellschafter zumindest ihre auf den Anteil entfallenden Steuern bezahlen können. Dafür müssen sie – vorbehaltlich etwa eines qualifizierten Mehrheitsbeschlusses – grundsätzlich einen Mindestanteil des Jahresüberschusses entnehmen dürfen oder mittels Gewinnausschüttung ausgezahlt bekommen.

Aufteilung und Trennung

Eine Alternative zur Vermeidung von Gesellschafterstreit besteht grundsätzlich darin, das Unternehmen auf mehrere Nachfolger aufzuteilen. Späteren Konflikten, die vor allem das laufende Management und die Gewinnverwendung betreffen, wird so die Grundlage entzogen. Eine Aufteilung muss freilich wirtschaftlich möglich sein, etwa indem mehrere, jeweils lebensfähige Unternehmensteile vorhanden sind. Ein gelungenes, allgemein bekanntes Beispiel für eine solche Aufteilung bildet etwa Bahlsen, bei der ein Nachfolger das Süßgebäck und ein anderer Nachfolger die salzigen Produkte übernommen hat. Alternativ kommt eine Aufteilung des Unternehmens in Regionen in Betracht, zum Beispiel bei Handelsbetrieben. Eine wichtige Voraussetzung für diese Teilungslösung ist schließlich eine steuerneutrale Gestaltung (etwa durch Unternehmensspaltung nach dem Umwandlungsgesetz).

Die Alternative zur Teilung bildet die Auszahlung eines oder mehrerer Erbprätendenten: Das Unternehmen wird zur Streitvermeidung nur an einen Nachfolger übergeben und anderen Angehörigen ein Wertausgleich bezahlt. Sofern ein Unternehmen beispielsweise über Immobilien verfügt, die nicht zwingend für die Unternehmensführung erforderlich sind oder auch gepachtet werden können, stehen Vermögensgegenstände für einen Wertausgleich zur Verfügung. Auch hier ist es freilich Voraussetzung, dass hinreichendes, nicht „betriebsnotwendiges“ Vermögen vorhanden ist und eine solche Gestaltung ohne Steuerschaden realisiert werden kann.

Fazit

Die Unternehmensnachfolge führt, gerade bei Familiengesellschaften, häufig zu Gesellschafterstreitigkeiten. Im Vordergrund stehen Konflikte um Macht und Geld. Solche Streitigkeiten lassen sich durch eine geeignete Planung vermeiden. Falls in wirtschaftlicher und steuerlicher Hinsicht die Möglichkeit besteht, sollte das Unternehmen bei mehreren Erben aufgeteilt oder ein Teil der Erben anstelle der Unternehmensbeteiligung ausbezahlt werden.


Zur Person

(© LUTZ ABEL Rechtsanwalts GmbH)

Dr. Reinhard Lutz ist Gründungspartner und Geschäftsführer der Wirtschaftskanzlei  LUTZ | ABEL Rechtsanwalts GmbH. Er ist spezialisiert auf die Themen Gesellschafterstreit und Unternehmensnachfolge, und berät in diesem Zusammenhang regelmäßig mittelständische Unternehmen, vor allem Familiengesellschaften. Dr. Reinhard Lutz ist Autor des jüngst in 4. Auflage erschienenen Buches „Der Gesellschafterstreit in der GbR, PartG, OHG, KG, GmbH & Co. KG und GmbH“, C.H.Beck-Verlag, München. www.lutzabel.com

 

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