Georgsmarienhütte startet erste induktive Einzelstabvergütungsanlage

Foto: © GMH Gruppe
Die GMH Gruppe startet in der Georgsmarienhütte, ihrem größten Produktionsstandort, ihre erste induktive Einzelstabvergütungsanlage (EVA) im Regelbetrieb und geht bereits in die Planung für eine zweite EVA. Durch die zweistellige, vom Bund geförderte Millionen-Investition erschließe die GMH Gruppe neue Märkte und schreite voran in Richtung Klimaneutralität, hieß es in der heute veröffentlichten Pressemitteilung. Stabstahl besonderer Güte aus Georgsmarienhütte könne künftig auch in der Windkraftbranche und verstärkt im Maschinenbau eingesetzt werden. Mit Inbetriebnahme der induktiven Einzelstabvergütungsanlage (EVA) erfüllen die Produkte des Werks Georgsmarienhütte nach Unternehmensangaben künftig noch höhere Festigkeits- und Zähigkeitsnormen in der Stahlherstellung.
Das Unternehmen investiert rund 21,5 Mio. EUR für die Einzelvergütung der Stahlstäbe und hat dafür aus dem Bundeswirtschaftsministerium und der EU eine Förderung von 880.000 EUR erhalten. Anders als beim bisherigen Stahlvergütungsprozess bei GMH läuft EVA vollautomatisiert. Seither mussten einzelne Stahlstäbe direkt nach dem Erwärmen teilweise manuell nachbearbeitet werden – dieser arbeitsintensive und risikobehaftete Richtprozess falle nun weg, teilte das Unternehmen mit. Die Effizienz der Produktion und die Arbeitssicherheit nehme zu, bei gleichzeitig nochmaliger Steigerung der Qualitätseigenschaften des Stahls.
Dipl.-Ingenieur Volker Glane, Leiter Technologie-Wärmebehandlung und Prüftechnik bei der Georgsmarienhütte GmbH, erläutert die Arbeitsweise der EVA: „Die induktive Einzelstabvergütung in der 40 Meter langen Anlage läuft voll automatisiert. Das heißt, jeder einzelne Stab wird durch eine Induktionsspule geführt, dabei zunächst auf rund 900 Grad erhitzt, dann mit Wasserdruck abgebraust und erkaltet. Danach wird das Material noch einmal in derselben Maschine auf 650 Grad aufgeheizt, um entsprechende Festigkeits- und Zähigkeitsmerkmale zu erreichen.“

Niedriger Carbon Footprint beim Bau von Windrädern

Das Besondere an Anlagen dieser Art ist vor allem der Betrieb durch Strom. Die EVA sei so konzipiert, dass sie mit bis zu 100% Ökostrom laufen werde, hieß es. Der Product Carbon Footprint (PCF) der in Georgsmarienhütte hergestellten Komponenten, und auch der Endprodukte, in denen sie verbaut werden, werde dadurch deutlich reduziert. Allein durch dieses Projekt und den damit verbundenen Umstieg in der Wärmebehandlung des Stahls von Erdgas auf (Öko-)Strom könnten mehr als 10.000 Tonnen CO2 in den nächsten zehn Jahren eingespart werden. Gerade für die Windkraftbranche sei es ein wichtiges Signal, dass sie auch in der Lieferkette beim Bau der Windparks besonders PCF-arm agieren können. Der Start der EVA sei zudem ein weiterer, entscheidender Schritt auf dem Weg zur Dekarbonisierung der GMH Gruppe.
Rund 17.000 Tonnen Stahl pro Jahr können von einer Einzelvergütungsanlage bei GMH bearbeitet werden. Während die mit dem heutigen Tag in den Regelbetrieb überführte EVA auf die Bearbeitung von Stäben kleinerer Durchmesser von 20 bis 60 mm ausgelegt ist, soll eine zweite EVA gleicher Bauart für Stabstahl von 35 bis 100 mm installiert werden. Die Planungen dazu laufen. Beide Anlagen sollen bis Ende 2026 eine Gesamtkapazität von 35.000 Tonnen Stahl auf Strombasis vergüten können, das entspricht einem Anteil von circa 5% an der Gesamtstahlproduktion eines Jahres im Werk Georgsmarienhütte. Diese ermöglichen die Fertigung hoch strapazierfähiger Schlüsselteile, beispielsweise Schrauben und Verbindungselemente für Windkraftanlagen, für Förderanlagen in Industrieanwendungen sowie Lenkstangen für alle Automobilsegmente.
Dr. Alexander Becker, CEO der GMH Gruppe; Foto: © GMH Gruppe

Dr. Alexander Becker, CEO der GMH Gruppe, kommentiert: Mit der Einzelstabvergütung schaffen wir die Basis für die Erschließung neuer Märkte. Neben der Automobilindustrie, die unsere verschiedenen Stahlqualitäten in praktisch jeder Marke und Baureihe einsetzt, hat sich vor allem in der Windkraftbranche der Bedarf an strapazierfähigen Stahlgüten erhöht. Erste Komponenten aus der GMH Gruppe werden bereits geliefert. Als nachhaltig und CO₂-arm produzierender Partner dieser Schlüsselindustrie für die grüne Transformation in Deutschland freuen wir uns, in Zukunft auch durch die direkte Teilhabe am Ausbau der Windkraft zur weiteren Reduzierung des ökologischen Fußabdrucks unserer Wirtschaft beitragen zu können.“

Autorenprofil

Als Chefredakteurin der Unternehmeredition berichtet Eva Rathgeber regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Sie verfügt über langjährige Erfahrung im Wirtschaftsjournalismus und in der PR.

Vorheriger ArtikelNeues Führungsduo bei der Bürgschaftsbank Brandenburg
Nächster Artikel“Finanzinvestoren standen 2023 wegen hoher Zinsen auf der Bremse”