Freiraum geschaffen

Infolge eines größeren Forderungsausfalls war die Kunststoffverarbeitung Reich GmbH in Zahlungsnöte geraten. Nach Abschluss des Insolvenzplanverfahrens ist das Unternehmen wieder für die Zukunft gerüstet. Beteiligungskapital hat dabei eine wichtige Rolle gespielt.

Sanierung und ein neuer Kapitalpartner
Da gute Aussichten auf eine Fortführung des Unternehmens bestanden, wurde der Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung durch den bisherigen Firmenchef positiv beschieden. Wesentlicher Bestandteil des Restrukturierungsprozesses war die Definition der idealen Firmengröße. „Durch das Absenken der Umsatzziele konnten wir Vertriebsdruck herausnehmen und Zeit für die Neuaufstellung gewinnen“, sagt Breiltgens. Die auf Sanierung ausgerichteten Vorschriften des Insolvenzplanverfahrens ermöglichten den kurzfristigen Personalabbau von 50 auf 35 Mitarbeiter. Zudem wurden die Prozesse effizienter organisiert und alle Kostenblöcke auf den Prüfstand gestellt. Gleichzeitig wurde ein Kapitalgeber gesucht, der die Restrukturierung mit einer Beteiligung am Unternehmen begleiten würde. Mehrere Investoren zeigten sich interessiert. Das höchste Maß an Übereinstimmung fand man schließlich bei der BayBG Bayerische Beteiligungsgesellschaft mbH. „Die führende Marktstellung von Reich Tank insbesondere in Süddeutschland hat uns ebenso überzeugt wie die guten Produkte und das Management. Dieses hatte den Grund der Insolvenz nicht verursacht“, sagt BayBG-Projektmanager Erwin Wick.

Gläubiger von der Lösung überzeugt
Durch eine offene Beteiligung erwarb die BayBG 49 Prozent der Unternehmensanteile. Das entspricht der Vorgabe der mittelständischen Beteiligungsgesellschaft, die nicht allein die Mehrheit an einer Firma übernimmt. Der Unternehmer soll Herr im Hause bleiben. Der neue Gesellschafter, der als Partner auf Zeit ohne feste Ausstiegsfristen langfristig im Unternehmen bleiben will, stabilisiert nicht nur die Eigenkapitalquote. „Die BayBG steht in dem Ruf, Firmen weiterentwickeln zu wollen, und das hat auch für unser Unternehmen eine positive Außenwirkung“, sagt Breiltgens. Die Gläubiger akzeptierten die Lösung einstimmig. Insgesamt hat der Insolvenzplan ihnen überdurchschnittliche, prozentual zweistellige Erfüllungsquoten gebracht. Das Unternehmen hat während des im April 2017 abgeschlossenen Insolvenzverfahrens keine Kunden verloren. Kurzfristig gilt es nun, den Abschluss des Verfahrens bei Lieferanten und Abnehmern zu kommunizieren sowie das Geschäft zu stabilisieren. Management und BayBG wollen zudem strategisch sinnvolle Investitionen, um langfristig die Anwendungsmöglichkeiten des Werkstoffs GFK breiter nutzen können.


 „Es gab viel Zuspruch von den Gläubigern“

Interview mit Ralph Breiltgens, Geschäftsführender Gesellschafter der Kunststoffverarbeitung Reich GmbH

PersonenbildUnternehmeredition: Wie haben Lieferanten und Banken auf die Insolvenz reagiert?
Breiltgens:
Ich war überrascht, dass uns alle Lieferanten treu geblieben sind. Obwohl sie Geld verloren haben, gab es viel Zuspruch – auch für mich als Person. Es wurden uns längere Zahlungsziele als vorher eingeräumt. Wichtig war zudem, dass die Sparkasse Landsberg als langjährige Hausbank hinter dem Sanierungskonzept stand. Die Hausbank ist oft größter Gläubiger mit vielen Stimmrechten und wichtiger Kontokorrentgeber zur Finanzierung des laufenden Geschäfts.

Welche Bedeutung hat der neue Minderheitsgesellschafter?  
Das Engagement der BayBG ist zukunftsweisend. Sie bringt Geld in das Unternehmen und steht uns mit ihrem Know-how aus anderen Beteiligungen zur Seite. Ein Exit ist erst vorgesehen, wenn das Unternehmen vollständig auf eigenen Beinen stehen kann. Bis dahin streben wir gemeinsam ein solide geplantes und gesundes Wachstum an.

Worauf sollten Unternehmer achten, die in schwieriger Lage Investoren suchen?
Man sollte sich Zeit nehmen und potenzielle Partner sehr genau ansehen. Andererseits kommt es während eines Verfahrens in Eigenverantwortung auch darauf an, rechtzeitig zu handeln. Wir haben schnell deutlich gemacht, was wir langfristig erreichen wollen. Und es muss menschlich zwischen den handelnden Personen stimmen.


Kurzprofil Kunststoffverarbeitung Reich GmbH

Gründungsjahr 1936
Branche Kunststoffindustrie
Unternehmenssitz Landsberg am Lech
Umsatz 2015
rund 5 Mio. Euro
Mitarbeiterzahl 35

www.reich-tank.de

 

 

Autorenprofil
1
2
Vorheriger Artikel„Hämische Kommentare überwiegen“
Nächster ArtikelPrivate Debt – die etwas andere Finanzierung