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Extrem hohe Leistungsdichte

Wie eine Innovation und Geld zusammenfinden können, zeigt das bayerische Unternehmen Compound Disc Drives: Mit einem neuen Motorenkonzept überzeugten sie die Investoren und sammelten mehrere Millionen Euro ein.

Eigentlich war er schon „ausgestiegen“. Friedrich Böbel, Physiker und promovierter Elektroingenieur, hatte eine Topkarriere als Manager hinter sich, als er selbst Unternehmer wurde: Bereichsleiter bei der Fraunhofer-Gesellschaft, Vice President of Production bei Infineon, Mitglied der Zentralen Geschäftsführung bei der Unternehmensgruppe Theo Müller (Müller Milch, Kühllogistik culina, Kunststoffbecher optipack), schließlich Vorstand beim Gartengerätehersteller Gardena, an dessen Management Buy-out er sich beteiligte. Dann hatte er zusammen mit dem ehemaligen McKinsey-Berater Christoph Ballin im oberbayerischen Starnberg ein Unternehmen für moderne, leistungsstarke elektrische Außenborder namens „Torqeedo“ gegründet und sich, als sich Erfolge einstellten, wieder zurückgezogen. Aber dann traf er den Wissenschaftler Rainer Marquardt. Und der entflammte Böbels unternehmerische Neugier von Neuem.

Marquardt, Professor an der Universität der Bundeswehr in München, hatte schon mit diversen Neuheiten für Aufsehen gesorgt. Sein ganzer Stolz galt einem Konzept für einen sogenannten Transversalflussmotor, mit einem sich parallel zur Achse drehenden Magnetfeld, im Gegensatz zu den üblichen Radialflussmotoren, bei denen das magnetische Feld senkrecht zur Drehachse steht.

Durchbruch mit neuer Technologie

Unter Physikern wird schon seit vielen Jahren über ein solches Verfahren diskutiert, das jedoch mit konventioneller Technik über lange Zeit kaum herstellbar und viel zu teuer erschien. Marquardt aber war sicher, den Durchbruch geschafft zu haben – mit Hilfe neuer Fertigungstechnologie und Materialien wie etwa der Carbonfasertechnologie und der weichmagnetischen Soft Magnetic Composites (SMC). Böbel war schnell begeistert von diesen Motoren mit extrem hoher Leistungs- und Drehmomentdichte, also deutlich höherem Drehmoment und weitaus mehr Leistung bei substanziell geringerem Gewicht.

Mit der wirtschaftlichen Umsetzung war Marquardt zunächst weniger gut vorangekommen als mit der Technik. Nach der Entwicklung eines Prototyps (2008) hatte er mit einem Unternehmer eine Kooperation vereinbart, aber die Entwicklung wurde nur halbherzig betrieben, und schließlich trennten sich die Partner wieder. Kurz darauf traf der Wissenschaftler Böbel und erzählte ihm von seiner Vision. Der erkannte sofort das große Potenzial und glänzende Anwendungschancen – vor allem bei Elektrofahrzeugen, aber auch in der Luft- und Raumfahrt, im Bootsbau und bei Windkraftanlagen.

Finanzierung durch einen Autozulieferer

Bald waren sich Böbel und Marquardt einig. In Starnberg, dem Sitz von Torqeedo, wurde das Unternehmen Compound Disk Drives GmbH (CDD) gegründet – an einem Standort mit „geballter Elektromotoren-Kompetenz“, wie Böbel sagt. Mitstreiter fand er in Søren Hein, dem heutigen CEO von CDD, der zuvor Partner bei Doughty Hanson Technology Ventures war und den er aus seinen Infineon-Zeiten kannte, sowie in Joseph Schnöll, einem Luftfahrt- und Industrie-Ingenieur, der langjährige Erfahrungen aus der Beratung der Automobilindustrie mitbrachte. Er war mit solchen Motorenkonzepten bereits vertraut und ist heute bei CDD für das Business Development zuständig.
Böbel und Hein war allerdings von vornherein klar, dass in diesem Fall andere wirtschaftliche Wege zu beschreiten sein würden und dass nicht, wie bei Torqeedo, die Endverbraucher, auch nicht die OEMs, sondern die Zulieferer die entscheidende Rolle bei der Marktdurchsetzung dieser Innovation spielen würden. Tatsächlich konnten sie einen solchen von der Idee überzeugen – sogar einen der großen, international bedeutenden Automobilzulieferer. Zwei von dessen Vorständen haben sich der Sache offenbar auf recht unbürokratische Weise angenommen: Ihr Unternehmen engagiert sich mit einem ansehnlichen einstelligen Millionenbetrag. So ist es gelungen, die junge Firma von ihrer Gründung an komplett mit Entwicklungsaufträgen zu finanzieren.

Cofinanzierung durch ein Family Office

Weitere finanzielle Unterstützung kam durch die Vermittlung der Investmentbank FCF Fox Corporate Finance GmbH hinzu, die mittelständische Unternehmen sowie schnell wachsende Hightech-Firmen bezüglich Finanzierungstransaktionen mit institutionellen Investoren sowie Family Offices und vermögenden Privatpersonen berät. Sie konnte ein Family Office gewinnen, dem die Neuheit ebenfalls ein Investment wert ist.FCF-Chef Arno Fuchs und Böbel hatten sich eher zufällig kennengelernt, und der Investmentbanker erkannte schnell das „gigantische“ Potenzial des neuen Motorenkonzepts. Aber erst einmal musste, wie immer in solchen Fällen, viel Arbeit erledigt werden: Marktanalyse, Durchleuchtung der Wettbewerbssituation, Bewertung. „Man muss ja auf die Fragen von Investoren Antworten geben können“, sagt Fuchs.

Auf dieser Grundlage ging es an die Hauptaufgabe, für die sich Fuchs als Banker und Berater den Unternehmen gegenüber verantwortlich fühlt: Eine Finanzierung muss zustande kommen. Sechs bis neun Monate setzt er für diesen „komplexen Suchprozess“ durchschnittlich an, der durchaus voller Hürden stecken kann. Denn die Family Offices, Private-Equity-Investoren und Venture-Capital-Geber gehen recht unterschiedlich vor.

Gerade alteingesessene Family Offices sind vielfach konservativ orientiert, sagt Fuchs: „Sie kaufen überwiegend Immobilien und Staatsanleihen.“ Frustrierende Momente bleiben dabei selten aus, wie er gesteht. Etwa wenn man denkt, es passt perfekt, und man dann doch eine Absage bekommt. Offener für neue Ideen zeigen sich eher jüngere Investoren. Nicht zuletzt persönliche Aspekte spielen eine entscheidende Rolle. Böbel und Hein scheinen da gute Karten gehabt zu haben: Sie haben nach Einschätzung von Fuchs „ein cleveres und durchsetzungsfähiges Team“ aufgebaut. Für visionäre Themen wie im Fall von Compound Disc ist ihm am liebsten ein Unternehmer, der eine Chance erkennt und schnell entscheidet, „ohne dass er gleich eine Due-Diligence-Prüfung macht und sein Investment-Komitee mitbringt“.

Gespräche mit weiteren Kapitalgebern

Aber letztlich ist es gelungen, wenn auch wohl noch mehr Finanzbedarf besteht. „Wir sind bereit, weitere Investoren aus dem Familienumfeld aufzunehmen“, sagt Böbel. Ein wenig Unabhängigkeit wäre auch dem CEO Hein offenkundig nicht unlieb: „Bis zu 10 Mio. EUR sind wir für den richtigen Investor offen.“ Mit zwei weiteren potenziellen Kapitalgebern sei man zurzeit im Gespräch.
Seine Entwicklungsarbeiten aber treibt das Starnberger Team eigenständig voran. „Wenn man viel zu bieten hat“, sagt Böbel selbstbewusst, „reden einem die anderen wenig rein.“ Sonderrechte habe man nur zum Schutz der Kapitalanteile gewährt: „Alle anderen Bedingungen haben wir rausgestrichen.“ Ein Vetorecht habe man den Kapitalgebern nur in bestimmten Fällen zugestanden, so etwa für den Fall eines Patentverkaufs.

Auf hohe Leistungsdichte wird auch personell Wert gelegt. 14 Mitarbeiter sind schon eingestellt worden, weitere Fachkräfte – von Maschinenbauern über Elektroingenieure bis zu Programmierern – werden ständig gesucht. Böbel und Hein haben sichtlich Freude an diesem Neuaufbau gefunden: „Wir sind dabei, die Belegschaft unserer Firma zu verdoppeln.“

Kurzprofil: Compound Disc Drives GmbH
Gründungsjahr: 2011
Branche: Motorentechnologie
Unternehmenssitz: Starnberg
Mitarbeiterzahl: 14
www.compounddiskdrives.com

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