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Erholung kommt nur langsam voran

Die deutsche Beteiligungsbranche hat sich noch nicht richtig von den Rückschlägen durch die Finanz- und Wirtschaftskrise erholt. Das Transaktionsvolumen liegt aufgrund ausbleibender größerer Deals weiterhin auf niedrigem Niveau – häufig liegen die Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern immer noch zu weit auseinander. Wachstumsfinanzierungen bzw. Minderheitsbeteiligungen stehen dafür stärker im Fokus. Außerdem hat ein Ausleseprozess der PE-Gesellschaften begonnen.

Investitionen auf schwachem Niveau

Von einer kräftigen Erholung ist der Private Equity-Markt in Deutschland noch weit entfernt. Nach einem recht guten 1. Quartal sackten die Investitionen im 2. Quartal wieder ab: von 1,57 Mrd. auf 0,67 Mrd. EUR (inkl. Venture Capital, siehe Tab. 1). Dem Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) zufolge lag damit das Halbjahresergebnis zwar deutlich über dem 1. Halbjahr 2009, aber unter dem 2. Halbjahr 2009. Im Bereich der Buy-outs liegen offenbar die Preisvorstellungen von Verkäufern und Käufern häufig noch zu weit auseinander. Die interessierten Finanzinvestoren haben bei ihren Bewertungsansätzen noch die schlechten Jahresabschlüsse des Krisenjahrs 2009 sowie die bisherigen Kennzahlen aus 2010 im Fokus, die zwar eine Besserung zeigen, aber immer noch von den Nachwirkungen der Rezession beeinflusst sind. Dagegen blicken die Verkäufer nach vorne und wollen für die Preisbestimmung die Erwartungen für das Jahr 2011 zugrunde legen. Die Schwankungen beim Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) sind zwischen Ab- und Aufschwung sehr groß. Je mehr sich die Konjunkturerholung fortsetzt und zu stabileren Cashflows in den Unternehmen führt, umso eher werden Beteiligungshäuser auch wieder höhere Preise akzeptieren.

Unterschiedliche Preisvorstellungen

Schon seit Beginn der Krise haben in Vertragsabschlüssen immer häufiger Regelungen Eingang gefunden, die die Kluft zu überbrücken helfen sollen, insbesondere Verkäuferdarlehen und Earn-outs. Dabei steckt der Verkäufer beim Kaufpreis erst einmal zurück, kann aber bei positiver Entwicklung des Unternehmens in ein bis zwei Jahren eine Nachzahlung erwarten. Dennoch: Im Zweifel wartet der Verkäufer eines guten Unternehmens bei den niedrigen Bewertungen eher noch ab. “Wer nicht verkaufen muss, kann leicht auf bessere Preise warten”, heißt es in der Branche. Und die werden, wenn es nicht einen erneuten Konjunkturrückschlag gibt, voraussichtlich erst 2011 kommen. Für Belebung am Markt für Unternehmensbeteiligungen sorgen eher strategische Käufer und Family Offices sowie teilweise auch ausländische Finanzinvestoren. Europaweit übrigens hat sich die Buy-out-Aktivität im Gegensatz zu Deutschland in der ersten Jahreshälfte 2010 recht kräftig erholt. Dies nährt die Erwartung, dass sich die Aktivitäten deutscher Beteiligungsgesellschaften dieser Aufwärtstendenz noch anschließen werden.

Banken wieder finanzierungsbereiter

Positiv hat sich nach Meinung verschiedener PE-Experten hierzulande die Bereitschaft der Banken entwickelt, wieder Fremdkapital für Wachstums- und Buy-out-Finanzierungen zur Verfügung zu stellen. Für Buy-outs gilt aber weiterhin, dass rund 50% des Kaufpreises durch Eigenkapital der Fonds aufgebracht werden müssen. Die Zeit der High Leverage-Deals kommt so schnell nicht wieder. Dies und die Krise von 2008/2009 haben die Renditen im Private Equity-Markt nach unten gedrückt. Echte Wertsteigerung statt “financial engineering” steht längst wieder im Fokus der Beteiligungsmanager. So ist unternehmerisches Geschick gefragt, und bei der Auswahl der Targets schauen die PE-Manager sehr genau hin, wie die unternehmerischen Fundamentaldaten und Ertragsperspektiven wirklich sind.

Problemfälle in den Portfolios

Ein Grund für die geringe Investitionsbereitschaft deutscher Beteiligungsunternehmen sind auch die noch vorhandenen Probleme in den bestehenden Portfolios. Diese binden Managementkapazitäten, die für lukrative Neuinvestitionen fehlen. In der Krise sind bei etlichen Unternehmen die Erträge weggebrochen, aus denen der Kapitaldienst an die kreditgebenden Banken geleistet werden soll. Am stärksten belastet sind Firmen, deren Kauf durch die Beteiligungsgesellschaft sehr stark fremdfinanziert war (Leveraged Buy-outs). So gestalten sich auch die Exits schwierig bei Unternehmen, die keinen schnellen Turnaround schaffen und stark verschuldet sind. Immerhin ein kleiner Lichtblick ist, dass sich das Börsenfenster wieder etwas geöffnet hat. Im ersten Halbjahr wurden drei Beteiligungen erfolgreich an die Börse gebracht. Insgesamt läuft der Exit-Markt nicht mehr so schlecht wie etwa vor einem Jahr. In der ersten Jahreshälfte wurden laut BVK 430 Mio. EUR durch Börsengänge erzielt, 399 Mio. EUR durch Verkäufe an andere Beteiligungsgesellschaften. Nur 72 Mio. EUR kamen über Trade Sales herein. Das gesamte Exit-Volumen stieg auf 1,33 (Vorjahresperiode 0,39) Mrd. EUR, der Anteil der Totalverluste in Höhe von 236 Mio. EUR sank auf 17,7% (Vorjahr 47,7%).

Konjunkturstabile Konzepte gefragt

Eine der Gesellschaften, die auch in diesem Jahr in neue Beteiligungen investiert, ist die Nord Holding. “Wir haben im bisherigen Jahresverlauf bereits drei Deals gemacht”, sagt Geschäftsführer Matthias Kues. Drei weitere Deals sollen bis Jahresende noch kommen. Insgesamt seien jetzt konjunkturstabile Geschäftsmodelle gefragt, während zyklische Unternehmen bei den Preisvorstellungen einen Abschlag hinnehmen müssten. Mit fortschreitender Konjunkturerholung nehme die Schärfe der Portfolio-Probleme ab. Langfristig würden aber nur die PE-Häuser erfolgreich sein, die nicht vom Leverage leben, sondern echte Wertsteigerungen generieren.

Marktbereinigung erwartet

Die Krise wird am Private Equity-Markt auch mittelfristig ihre Spuren hinterlassen, wie nicht nur Brenner und Kues erwarten. Es wird eine Marktbereinigung stattfinden – in Deutschland und weltweit. Besonders schwer dürften es die PE-Fonds haben, die in den Boomzeiten 2006 und 2007 aufgelegt wurden und dann in der “Hochpreiszeit” – zum Teil mit sehr hohen Leverages – viel in Buy-outs investiert haben. “Einige Fonds werden alte Beteiligungen abwickeln und dann nichts Neues mehr machen”, sagt Dr. Christoph Brenner von der Münchner Niederlassung der Kanzlei SJ Berwin. “Der eine oder andere Marktteilnehmer wird sein Portfolio ganz verkaufen und aufgeben.” Die Probleme in den Portfolien seien aber sehr unterschiedlich. “Manche Branchen, wie beispielsweise Automotive, haben einen schnellen Turnaround, bei anderen dauert es etwas länger.” Dort, wo vereinbarte Finanzkennzahlen nicht eingehalten wurden (Covenant-Brüche), seien auch die Banken gefragt. Mit Forderungsverzichten, Stundungen bzw. mit der Verlängerung von Kreditlaufzeiten könnten sie – neben EK-Nachschüssen durch die Investoren – zur finanziellen Umstrukturierung und Gesundung solcher Unternehmen beitragen. Die Bereitschaft dazu sei gegenüber dem Vorjahr gestiegen und umso größer, je besser ein Unternehmen nun aus der Krise kommt.

Schwieriges Fundraising

Entsprechend schwierig gestaltet sich das Fundraising heute für PE-Häuser, die keine gute Performance aufweisen. “Ein positiver Track Record ist beim Fundraising enorm wichtig”, sagt Gustav Egger von der Deutschen Beteiligungs AG (DBAG). Zumal die institutionellen Investoren ohnehin skeptischer geworden seien – ihre Anlagebereitschaft ist im Vergleich zu 2007 erheblich gesunken. Egger: “Insgesamt ist das Fundraising-Umfeld eher ungünstig, denn es herrscht Zurückhaltung bei Investoren, die über ihre Engagements von 2007 und 2008 nachdenken und ihre Kapitalallokation überprüfen.” Aufgrund der Investitionszurückhaltung seit Ende 2008 ist aber auch noch eine Menge Geld in den Private Equity-Fonds vorhanden. Laut BVK verfügten Beteiligungsgesellschaften in Deutschland im Juni noch über knapp 33 Mrd. EUR für Investitionen. Sieht man auf der anderen Seite den Bedarf vieler Mittelständler an frischem Kapital, so könnten PE-Kapital und Mittelstand in den kommenden zwölf Monaten stärker zueinander finden – vorausgesetzt, die Bewertungsvorstellungen nähern sich an.

Renaissance der Minderheitsbeteiligung

Die Offenheit der Unternehmer für Beteiligungskapital ist heute deutlich größer als vor acht oder zehn Jahren. Da familiengeführte Mittelständler häufig Minderheits- gegenüber Mehrheitsbeteiligungen bevorzugen, haben sich PE-Häuser zum Teil wieder stärker in diese Richtung geöffnet. Kues und andere Experten sehen eine “Renaissance der Minderheitsbeteiligung” – und viele Familienunternehmen brauchen Kapital. Um Eigenkapitalknappheit und Liquiditätsengpässe vermeiden zu helfen, haben Institute wie die KfW und die Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften (MBGen) der Bundesländer ihre Angebote zur EK-Stärkung und Liquiditätsverbesserung 2009 und 2010 ausgeweitet. Sparkassen sowie Deutsche Bank und Commerzbank haben zudem sogenannte “Mittelstandsfonds” werbewirksam aufgelegt.

Kombi-Produkt der MBGen gefragt

Anders als private Beteiligungshäuser hatten die MBGen 2009 keinen dramatischen Einbruch zu verkraften. Einen Nachfrageschub nach MBG-Finanzierungen beobachtet Dr. Gerd-Rüdiger Steffen, Geschäftsführer der MBG Schleswig-Holstein und Vertreter der MBGen im Vorstand des BVK, allerdings auch nicht. “Offenbar halten sich viele Unternehmen mit Investitionen noch zurück.” Bundesweit liegt das neu genehmigte Beteiligungsvolumen der MBGen mit 76 Mio. EUR in der ersten Jahreshälfte immerhin aber über dem Vorjahreswert (66 Mio. EUR). Das im Zuge des Konjunkturpakets II eingeführte Kombi-Produkt hat sich in einigen Ländern recht schnell etabliert. Es umfasst einen von der jeweiligen Bürgschaftsbank des Landes verbürgten Bankkredit plus eine EK-Beteiligung der MBG. Gut nachgefragt werden laut Steffen liquiditätsstärkende Beteiligungsfinanzierungen. Hier hat das Konjunkturpaket II neue Spielräume eröffnet. Steffen weist zudem auf ein ab 2011 auf manche Unternehmen zukommendes Problem hin: Die Rückzahlung der vor einigen Jahren aufgenommenen Standard-Mezzanine-Programme. Insbesondere Firmen mit mittlerer oder gar schlechter Bonität, die das Kapital nicht zurückzahlen können, würden Schwierigkeiten mit der Anschlussfinanzierung bekommen. Insgesamt handelt es sich um ein Finanzierungsvolumen im Mittelstand zwischen 4,5 und 5 Mrd. EUR.

Ausblick:
Eine durchgreifende Erholung steht noch aus, aber immerhin dürften die PE-Investitionen in Deutschland schon zum Ende des 3. Quartals wieder den Gesamtwert des mageren Vorjahres übertreffen. Bei stabiler Konjunktur ist zu erwarten, dass sich die Preisvorstellungen von Verkäufern und Käufern annähern und die Transaktionstätigkeit zum Jahresende, spätestens aber 2011, wieder zunimmt.


Bernd Frank
redaktion@unternehmeredition.de

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