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Kompetente Strategieumsetzung

Für die Entwicklung von Fähigkeiten ist das Zusammenspiel von Wissen und Aktivitäten im Hinblick auf zu erfüllenden Aufgaben maßgeblich. Das gilt insbesondere bei Unternehmensstrategien. Doch worauf ist zu achten? Das hat die Uni St. Gallen untersucht.

In einem ersten Beitrag haben wir die Wirksamkeit von individueller Weiterbildung anhand eines allgemeinen Konzepts dynamischer Fähigkeiten erörtert. Nunmehr sind mit diesem Konzept strategische Initiativen in Unternehmen im Hinblick auf Erfolgsfaktoren untersucht worden. Ein Ergebnis: Das Bewusstsein für den Wertbeitrag einer Fähigkeit und der breite Einbezug der Mitarbeiter sind besonders wichtig.

Im Rahmen des Integrationsseminars der Universität St. Gallen, eines handlungsorientierten Ausbildungsbestandteils auf der betriebswirtschaftlichen Bachelor-Stufe, führten die Studierenden mithilfe des Fähigkeiten-Konzepts eine explorative Studie in acht Firmen durch. In qualitativen Interviews wurden bedeutsame strategische Initiativen hinterfragt, für deren Verwirklichung die erfolgreiche Herausbildung von „Dynamic Capabilities“ notwendig war. Das sind Fähigkeiten, die für Unternehmen strategische Bedeutung haben. Die Fälle stammten aus unterschiedlichen Branchen und reichten vom lokalen KMU bis zum multinationalen Konzern. Inhaltlich lassen sich die Initiativen vier typischen strategischen Herausforderungen zuordnen: Wettbewerbsdifferenzierung, Effizienzsteigerung, Wachstum durch Produktdiversifikation, Unternehmensnachfolge. Es ging nun aber nicht um spezifische Fähigkeiten zu diesen Strategieinhalten, sondern um die darüber liegende Fähigkeit der erfolgreichen Verwirklichung der Initiativen.

Die Untersuchung ergibt acht Erfolgsfaktoren (EF1-8), die übergreifend in mindestens zwei der acht Fälle genannt wurden. Vier Faktoren beziehen sich auf das Verständnis für die Werthaftigkeit der Fähigkeit (Aufgabe), drei auf Muster der routinierten Ausübung (Aktivitäten) und eine auf die notwendige Ressourcenausstattung (Wissen). Aufgaben und Aktivitäten wurden von den Befragten also deutlich häufiger hervorgehoben als Wissen. Es wird sich aber zeigen, dass beide markant auf Wissen zurückwirken, und zwar im Sinne einer im Verlauf der Kompetenzentwicklung eigenständig produzierten Ressource.Für die Entwicklung von Fähigkeiten ist das Zusammenspiel von Wissen und Aktivitäten im Hinblick auf zu erfüllenden Aufgaben maßgeblich. Das gilt insbesondere bei Unternehmensstrategien. Doch worauf ist zu achten? Das hat die Uni St. Gallen untersucht.

Wissen: Auf Handlungslernen fokussieren

In der Dimension des Wissens sticht als Erfolgsfaktor in 50 Prozent der Fälle „Learning by doing“ (EF1) hervor. Für dessen Güte ist externe Begleitung nicht maßgeblich. Situationsspezifische Erfahrung wird aus eigener Kraft und mit eigenen Ideen gewonnen. Sie entsteht bei der Reflexion von Aktivitäten und Aufgaben und wirkt auch wieder darauf zurück. Maßnahmen und Auswirkungen werden dokumentiert, um Einsichten zu sichern und transparent zu machen. Führungskräfte übernehmen eine wichtige Rolle als interne Berater. Regelmäßige Feedbackgespräche mit Mitarbeitenden dienen zur Bestimmung von Wissensdefiziten und zur Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen zu deren Überwindung.

Aktivitäten: Die Mitarbeitenden mobilisieren

Die jüngere Strategieforschung charakterisiert Institutionen als Aktivitätensysteme. Damit räumt sie dieser Dimension von Fähigkeiten einen prominenten Platz ein. In den hier untersuchten Initiativen liegt das Schwergewicht der drei aktivitätsbezogenen Erfolgsfaktoren in der Mobilisierung breiter Kreise von Mitarbeitenden (EF2). Dazu gehören der Einbezug der Mitarbeiter in den Strategieprozess (EF2a), Überzeugungsarbeit (EF2b) und die Bewirkung von Vertrauen in die Führung (EF2c). Damit korrespondiert der mit „Abbau von Hierarchien“ (EF3) überschriebene, freie und ebenenübergreifende Informationsfluss, der offenes Feedback und aktive Einbringung der Mitarbeiter begünstigt. In Richtung Aufgabenwahrnehmung orientiert sich dagegen der Erfolgsfaktor „Beobachten von Umfeld- und Markttrends“ (EF4). Diesbezügliche Aktivitäten liefern grundsätzliche Erkenntnisse zum strategischen Handlungsbedarf. Je frühzeitiger Trends für den Kompetenzerwerb fruchtbar gemacht werden, umso mehr Potenzial ergibt sich für das Erlangen von Wettbewerbsvorteilen. Auch hierbei wird der Mobilisierung der Mitarbeitenden hohe Bedeutung zugemessen.Für die Entwicklung von Fähigkeiten ist das Zusammenspiel von Wissen und Aktivitäten im Hinblick auf zu erfüllenden Aufgaben maßgeblich. Das gilt insbesondere bei Unternehmensstrategien. Doch worauf ist zu achten? Das hat die Uni St. Gallen untersucht.

Aufgaben: Die Vorstellungen vom Wertbeitrag fundieren

In Bezug auf die Werthaftigkeit erhält die Sensibilisierung für die Adressaten der Fähigkeit (EF5) mit 50 Prozent der Fälle das höchste Gewicht. Die von der Institution als lösungswert betrachtete Aufgabe muss dort auf Gegenliebe stoßen. Das findet man umso frühzeitiger und klarer heraus, je besser Kundennähe und ‑einbezug in die Kompetenzentwicklung (EF5a) sind. Entsprechend rasch können Kundenwünsche umgesetzt werden. Die Beurteilung eines Werteversprechens erfolgt aber in aller Regel relativ zum Wettbewerb. Darum wird in drei der acht Fälle die klare Abgrenzung von der Konkurrenz (EF5b) als Quelle der Authentizität betont, die nur durch Sensibilisierung in diese Richtung erreichbar ist. Etwas breiter gefasst mündet das in die Kommunikation mit Anspruchsgruppen (EF5c). Sie schafft Verständnis für Gründe und Notwendigkeit von Veränderungen und wird als zentral für den Erwerb und Aufbau von neuem Wissen betrachtet.

Dort schließt, nunmehr in zeitlicher Hinsicht, die unbedingte Zukunftsorientierung (EF6) an. Sie gibt den Anspruchsgruppen Grund für künftiges Vertrauen und hilft, die Mitarbeitenden durch eine lebendige Vision für kommende Veränderungen zu begeistern. Um den Betroffenen Halt zu geben und um Schwerpunkte bei der Ressourcenallokation setzen zu können, braucht es Langfristigkeit und Planung (EF7). Sie lässt die Vorbereitung auf Extremfälle durch verschiedene Szenarien zu und erlaubt damit Flexibilität. Damit kommen schließlich Wechselwirkungen der Aufgaben mit den Aktivitäten in den Brennpunkt, wenn die Gewährleistung von Agilität (EF8) hervorgehoben wird – einerseits im Hinblick auf organisationale Dynamik und interne Variabilität (EF8a), andererseits in Bezug auf Schnelligkeit (EF8b).

Im Ergebnis decken sich die ermittelten Erfolgsfaktoren mit Erkenntnissen aus der Forschung z.B. zu Strategieimplementierung, transformationaler Führung und kontext-sensitivem Change Management. Der Fähigkeiten-Ansatz kann jedoch dabei helfen, diese weit verstreuten Fragmente bündig an eine zentrale Herausforderung des strategischen Managements anzuschliessen: die Wettbewerbsdifferenzierung durch ein einzigartiges Fähigkeitsprofil und die Entscheidungen einer Organisation, wie ein solches zu entwickeln und beizubehalten ist.

Hinweis der Redaktion:

Dieser Artikel ist Teil der Serie „Management-Cockpit“ des Instituts für Betriebswirtschaft der Universität St.Gallen. Den ersten Teil finden Sie hier. Darin wurde die Wirksamkeit von individueller Weiterbildung anhand eines allgemeinen Konzepts dynamischer Fähigkeiten erörtert.


Zu den Personen

Dr. Jürgen Spickers ist seit 1999 Lehrbeauftragter für Betriebswirtschaft der Universität St. Gallen und leitet die Management-Weiterbildung am dortigen Institut für Betriebswirtschaft. Er ist Mitglied der Academy of Management, der Strategic Management Society und des Verbands der Hochschullehrer für Betriebswirtschaft. Das Institut ist auf strategisches Management fokussiert und war Geburtsstätte des St. Galler Management-Modells. Mario Imsand und Richard Janser absolvieren das Bachelor-Studium an der Universität St. Gallen mit dem Schwerpunkt Betriebswirtschaft. www.unisg.ch

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