„Wir waren beide mit der ‚Brücke‘ sehr zufrieden“

Die Wittenstein SE hat 2016 den familieninternen Nachfolgeprozess abgeschlossen. Im Interview schildern Vater und Tochter die einzelnen Etappen auf diesem langen Weg und erklären, wie sie Rivalitäten innerhalb der Familie und im Unternehmen vorgebeugt haben.

Auf die Schweiz folgte gleich der nächste Auslandsaufenthalt in den USA. Worum ging es bei dieser Aufgabe?

Dr. Anna-Katharina Wittenstein: Es gab zu diesem Zeitpunkt bei unserer amerikanischen Tochtergesellschaft eine Führungskrise. Zudem waren die USA damals für uns der größte Auslandsmarkt. Das Spannende für mich war dort, nicht operativ tätig zu sein, da meine Position die einer Chairwoman of the Board war. Damit konnte ich ausprobieren, wie ich mittelbar führe und ob mir die Eigentümer-/Aufsichtsratstätigkeit liegt.

Dr. Manfred Wittenstein: Für mich war es wichtig, in Amerika die Produktion aufrechtzuerhalten und als amerikanisches Unternehmen am Markt aufzutreten. Es war Anna-Katharinas Aufgabe, aus dem deutschen Unternehmen in Amerika ein amerikanisch-deutsches Unternehmen zu machen. Ihr ist es gelungen, die Sichtbarkeit des Unternehmens in der Region zu steigern.

Dr. Manfred Wittenstein: "Die Frage war, wie wir die zeitliche Lücke überbrücken könnten."
Dr. Manfred Wittenstein: “Die Frage war, wie wir die zeitliche Lücke überbrücken könnten.”

Trotzdem haben Sie sich bei der Übergabe der Unternehmensführung für eine Interimslösung entschieden. Warum?

Dr. Manfred Wittenstein: Anna-Katharina war aus unserer Sicht noch nicht so weit. Die Frage war, wie wir diese zeitliche Lücke überbrücken könnten. Auf einem unternehmensinternen Diskussionsforum haben wir uns über die langfristige Vision Gedanken gemacht, und natürlich war meine Tochter auch dabei. Das Ergebnis dieser Tagung war, dass der neue Vorstand den Weg für die neue Generation bereiten sollte. Wir haben uns dann auf dieser Tagung eine Person vorgestellt, die diesen Posten besetzen sollte. Wir wollten jemanden, der souverän ist. Kurz darauf habe ich Dieter Spath (Interimsmanager bei Wittenstein von Oktober 2013 bis September 2016, Anmkerung der Redaktion)  angesprochen, und nach einer Woche Bedenkzeit hat er zugesagt. Durch ihn haben die Mitarbeiter im Unternehmen erkannt und gespürt, dass ich mich tatsächlich stärker zurücknehmen konnte.

Frau Dr. Wittenstein, Ihr Vater sagt, Sie waren damals „noch nicht so weit“, sehen Sie das auch so?

Dr. Anna-Katharina Wittenstein: Ich war der gleichen Meinung, denn ich bin immer skeptisch gegenüber meiner Führungsleistung. Außerdem hatte ich zu diesem Zeitpunkt zwei kleine Kinder. Zudem war für mich klar, dass ich nicht die direkte Nachfolge meines Vaters antreten wollte, da wir uns charakterlich sehr ähnlich sind. Wir waren also beide mit der „Brücke“ Prof. Dr. Dieter Spath sehr zufrieden.

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