Website-Icon Unternehmeredition.de

„Wir suchen Firmen, die Megatrends forcieren“

Mit ihrem britischen Investor 3i hat sich die Schlemmer Group hohe Wachstumsziele gesetzt. Wie sie diese erreichen will, warum der US-amerikanische Markt trotz Trump interessant ist und weshalb Hersteller von Benzinpumpen nicht auf der Kaufliste stehen, erklärt CEO Josef Minster.

Herr Minster, die Schlemmer Group war in den vergangenen Jahren auf Wachstumskurs. Warum verkauften der Finanzinvestor Hannover Finanz und die Familie Mackprang die Anteile an den britischen Finanzinvestor 3i?

Es gab lange und intensive Diskussionen, ob der bisherige Investor verkauft. Letztlich sind wir zum Entschluss gekommen, dass Hannover Finanz zur weiteren Entwicklung des Unternehmens nicht mehr das beisteuern kann, was sie in den vergangenen Jahren geleistet hat.

Bis in die 60er-Jahre gehörte Schlemmer dem Gründer. Sukzessive stieg dann die Familie Mackprang ein. Nach dem Tod des jüngeren Bruders kam die Hannover Finanz als Investor an Bord. Warum?

Weil es keine Nachfolger gab, die in das Unternehmen eintraten, und eine Stiftung letztlich scheiterte. Über eine Kapitalerhöhung ist letztlich der Finanzinvestor als Mehrheitsgesellschafter eingestiegen.

Was macht der angelsächsische Investor anders?

Im Gegensatz zu Hannover Finanz ist 3i aktiver im Beirat involviert. Unser Management hat nicht mehr nur eine Reporting-Funktion, sondern spricht mit dem Investor auch über strategische Dinge. Dieser versteht sich als aktiver Partner, der also nicht nur Geld reinsteckt. 3i will mitgestalten, ohne operativ tätig zu werden. International ist der Investor zudem sehr erfahren. Vor allem im Ausland planen wir künftig mit einem starken Wachstum.

Was heißt das konkret?

Aktuell erwirtschaften wir einen konsolidierten Nettoumsatz von 298 Mio. Euro. Jetzt wollen wir jedoch den nächsten Schritt gehen. Ziel ist es, bis zum Jahr 2020 operativ auf 500 Mio. Euro zu wachsen. Inklusive Übernahmen sollen die Erlöse bis dahin auf eine Mrd. Euro klettern. Vor allem müssen wir in der Lage sein, die Unternehmen dann in unsere Gruppe zu integrieren. Dafür braucht es einen Gesellschafter, der mit solchen Transaktionen Erfahrung hat. Einen, der, wenn es notwendig ist, auch tief in die Tasche greifen kann.

Mit ihrem britischen Investor 3i hat sich die Schlemmer Group hohe Wachstumsziele gesetzt. Wie sie diese erreichen will, warum der US-amerikanische Markt trotz Trump interessant ist und weshalb Hersteller von Benzinpumpen nicht auf der Kaufliste stehen, erklärt CEO Josef Minster.

Wo schauen Sie sich momentan um?

Interessant ist für uns vor allem der US-amerikanische Markt. Unsere Marktanteile dort liegen weit unter denen in Europa und Asien. Könnten wir uns ein Unternehmen backen, wäre dies ein regionaler Marktführer mit Alleinstellungsmerkmalen, dessen Produkte unsere Palette ergänzen. Wir suchen Firmen, die kommende Megatrends wie die Elektromobilität oder das autonome Fahren forcieren. Ein Hersteller von Benzinpumpen ist für uns derzeit weniger interessant.

Der Plan ist ambitioniert, die Zielunternehmen müssen dementsprechend groß sein.

Wir sind sowohl an kleineren Unternehmen mit einem Wert von rund 20 Mio. Euro als auch an größeren interessiert. In unserer M&A-Pipeline haben wir auch Unternehmen identifiziert, die größer sind als wir. Für uns ist es deswegen wichtig, international erfahrene Leute an Bord zu haben.

Ist Ihr Unternehmen auf große Zukäufe überhaupt vorbereitet?

Wir haben jetzt einen starken Beirat, der mit international erfahrenen Industrieleuten bestückt ist. Dessen Netzwerk wollen wir nutzen. Zudem bauen wir momentan einen eigenen Bereich für Akquisitionen auf. Zwei Mitarbeiter haben wir schon eingestellt. Weitere werden folgen.

Und Donald Trump bereitet Ihnen keine schlaflosen Nächte?

Solange unsere Kunden, also die großen Zulieferer und Automobilhersteller, nicht nervös sind und weiterhin investieren, müssen wir es auch nicht sein. Doch natürlich sind wir heute aufmerksamer als noch vor einem Jahr. Allerdings produzieren wir immer lokal für den heimischen Markt. Das hat einige Vorteile.

Angelsächsische Investoren gelten als besonders aggressiv. Was ist Ihr Eindruck?

Während des langen Verkaufsprozesses haben wir einige Finanzinvestoren kommen und gehen sehen. Für viele standen lediglich die Zahlen im Vordergrund. Analysten haben uns anhand eines Punkterankings bewertet, ohne in die Strategie des Unternehmens einzusteigen. So jemanden wollten wir nicht als Eigentümer haben. Beim aktuellen Investor war das anders. Er beschäftigte sich intensiv mit unserem Geschäftsmodell und wollte wissen, warum wir was, wie und wo machen. Der 3i-Projektverantwortliche ist Ingenieur und kein Investmentbanker. Das war mir sehr sympathisch.

Mit ihrem britischen Investor 3i hat sich die Schlemmer Group hohe Wachstumsziele gesetzt. Wie sie diese erreichen will, warum der US-amerikanische Markt trotz Trump interessant ist und weshalb Hersteller von Benzinpumpen nicht auf der Kaufliste stehen, erklärt CEO Josef Minster.

Gibt es bestimmte Ziele, die 3i erreichen muss?

Nein, und es gibt auch kein Exit-Szenario. Der Investor hat uns kein zusätzliches Fremdkapital aufgebürdet. Die Übernahme wurde komplett mit Eigenkapital finanziert. Das Vorgehen war besonnen, und deswegen haben wir uns letztlich dafür entschieden.

Kabelschutzsysteme: Darauf ist die Schlemmer Group spezialisiert.

Wie hat die Belegschaft den neuerlichen Verkauf aufgenommen?

Als Hannover Finanz vor Jahren eingestiegen ist, musste ich mehr erklären als dieses Mal. Denn bis dahin war Schlemmer ein klassisches Familienunternehmen, das plötzlich einen Finanzinvestor an Bord hatte. Dass die Familie zu einem relativ späten Zeitpunkt über das Thema gesprochen hat, erschwerte die Kommunikation. Schnell haben die Beschäftigten jedoch gesehen, dass wir unsere operative Eigenständigkeit behielten, unsere Strategie umgesetzt und das Unternehmen nicht filetiert wurde. Im täglichen Geschäft merkt man jetzt kaum, dass sich die Eigentümerstruktur geändert hat.

Schon vor dem Verkauf hielten Sie rund zehn Prozent der Anteile. Was wurde daraus?

Die eine Hälfte habe ich reinvestiert. Die andere Hälfte wurde an Schlüsselpersonen im Unternehmen verkauft. Insgesamt hält das Management rund zehn Prozent.

Mehr als drei Viertel Ihres Umsatzes erwirtschaften Sie in der Automobilindustrie. Zulieferer, die sich auf herkömmliche Antriebstechnik spezialisiert haben, müssen kämpfen. Wie wollen Sie Ihre ambitionierten Ziele erreichen?

Vier Prozent des Umsatzes erwirtschaften wir momentan mit der Elektromobilität. Im Jahr 2018 wird dieser Anteil schon auf acht Prozent klettern. Ein Jahr später soll er noch mal signifikant steigen. Unsere Bauteile sind wesentliche Bestandteile für die Autoindustrie der Zukunft. Diese müssen mehr können und werden auch teurer. In einem Fahrzeug von heute sind rund 3,5 Kilometer Kabel verlegt. In einem Fahrzeug im Jahr 2020 werden das 6,8 Kilometer Kabel und Glasfaser sein. All das braucht Schutz. Dafür sorgen wir, und das macht uns Mut.

Mit ihrem britischen Investor 3i hat sich die Schlemmer Group hohe Wachstumsziele gesetzt. Wie sie diese erreichen will, warum der US-amerikanische Markt trotz Trump interessant ist und weshalb Hersteller von Benzinpumpen nicht auf der Kaufliste stehen, erklärt CEO Josef Minster.

Die Branche verändert sich stark, rechnen Sie mit einer weiteren Konsolidierungswelle in der Zulieferindustrie?

In der alten Automobilwelt wird es diese meiner Meinung nach geben. In der neuen Welt, mit elektrischen Fahrzeugen und dem autonomen Fahren, kommen ganz neue Player auf den Markt wie etwa die Fahrzeugmarke Weltmeister aus China, die eine Größenordnung wie Tesla hat.


Zur Person

Vor Kurzem eröffnete CEO Josef Minster die neue Zentrale der Schlemmer Group im bayrischen Aschheim. Von hier aus will der Spezialist für Kabelschutz das Wachstum mit dem neuen Investor 3i forcieren. Auch nach der Übernahme durch die britische PE-Gesellschaft ist Minster am Unternehmen beteiligt. Seine Karriere bei Schlemmer startete er als Sales Director in der Automotive-Sparte im Jahr 1999. Mit rund 3.000 Mitarbeitern erwirtschaftet Schlemmer einen konsolidierten Umsatz von 298 Mio. Euro.

www.schlemmer.com

 

 

 

Die mobile Version verlassen