Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer

Wellenphänomene

Mergers & Acquisitions lassen sich als zyklisches und zugleich zunehmendes Phänomen beschreiben: Zeiträume mit hoher und niedriger M&A-Aktivität wechseln sich ab, wobei sich die Ausschläge dieser „Wellen“ über den Zeitverlauf zu verstärken scheinen. Dabei folgen die Bewegungen einem jeweils strategischen Rational und lassen sich demnach unterschiedlich charakterisieren. Die letzte 6. Welle von 2003 bis 2006 etablierte zum Beispiel Private-Equity-Investoren am Markt, ein Resultat aus der dieser Welle zugrunde liegenden Wertsteigerungslogik, die größtenteils in Finanzoptimierungen bestand. Es lässt sich daher annehmen, dass eine neue Welle immer dann entsteht, wenn sich eine neue Logik zur umfassenden Wertsteigerung von Unternehmen andeutet. Doch wo soll diese derzeit sein? Sicher gibt es Segmente, die vom Einsatz neuer Technologien stark profitieren können. Einige Unternehmen – wie etwa Amazon – haben neue Wege gefunden, jenseits ihrer Branchengrenzen zu wachsen. Andere wiederum haben neue Möglichkeiten zur Steueroptimierung entdeckt (z.B. Pharma-Deals). Und sicher gibt es auch noch Opportunitäten, die eigene Internationalisierung voranzutreiben, das Portfolio zu optimieren oder eine Branchenkonsolidierung zu nutzen. Doch reichen diese Entwicklungen für eine neue Welle aus?

Marktbeobachtungen

Vor dem Hintergrund der letzten Wirtschaftskrise 2008 können wir unter anderem drei verschiedene Beobachtungen machen, die sich in den letzten Jahren zu verdichten scheinen.

Sowohl auf Grundlage von Informationen institutionalisierter Anbieter als auch auf Basis der M&A Database der Universität St. Gallen lässt sich seit einigen Jahren feststellen, dass die Deals größer werden, ihre Anzahl hingegen kleiner. Diese Entwicklung scheint vorerst stabil und hätte in letzter Konsequenz auch Auswirkungen auf die M&A-Branche selbst.

Des Weiteren lässt sich auch nicht erst seit diesem Jahr ein steigendes Ungleichgewicht bezüglich der Branchen mit M&A-Aktivitäten feststellen: Abgesehen von einigen Mega-Deals werden die „alten“ Branchen hier zunehmend von den „jungen“ Branchen wie Telekommunikation, Elektrotechnik und Healthcare abgelöst.

Die Private-Equity-Branche ihrerseits sieht sich mit rückläufigen Zahlen hinsichtlich attraktiver Targets und – damit einhergehend – steigenden Preisen konfrontiert. Dadurch wird das Branchen-Konzept der Wertschöpfung erschwert. Diese muss daher immer stärker durch operative Maßnahmen kreiert werden, um die gewohnt hohen Renditen weiterhin erhalten zu können.

Fazit

Ob sich die oben genannten Eindrücke erhärten und sich aus einem dieser oder aber aus ihrem Zusammenspiel eine neue Logik und somit auch die 7. M&A-Welle begründen lassen, bleibt abzuwarten. Die aktuellen Marktentwicklungen geben Anlass zu etwas Optimismus. Aber der handfeste Beweis für das Heranwachsen einer neuen Welle fehlt wohl noch. Natürlich besteht für die Unternehmen weiterhin der Druck zu wachsen – doch sie werden durch wenig überzeugende Kaufmöglichkeiten nicht ihre Profitabilität gefährden wollen. So tut die M&A-Branche gut daran, auch die erwähnten Nebenentwicklungen im Auge zu behalten. So kann sie sich gegebenenfalls auf Marktänderungen einzustellen, unabhängig davon, wie positiv sich der Markt entwickelt. Denn wie heißt es in der bekannten Bauernregel noch so treffend: Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer.


Zu den Personen
Prof. Dr. Günter Müller-Stewens/Henning DüsterhoffProf. Dr. Günter Müller-Stewens ist Direktor des Instituts für Betriebswirtschaft an der Universität St. Gallen und forscht in den Bereichen des Strategischen und Corporate Managements, Mergers & Acquisitions und Strategy Professionals. Seit 1990 ist er auch Herausgeber der an die Praxis gerichteten Fachzeitschrift M&A REVIEW. Henning Düsterhoff ist Doktorand am Lehrstuhl und Chefredakteur der M&A REVIEW. www.ifb.unisg.ch, www.ma-review.de

Autorenprofil

Prof. Dr. Günter Müller-Stewens ist Direktor des Instituts für Betriebswirtschaft an der Universität St. Gallen und forscht in den Bereichen des Strategischen und Corporate Managements, Mergers & Acquisitions und Strategy Professionals. Seit 1990 ist er auch Herausgeber der an die Praxis gerichteten Fachzeitschrift M&A REVIEW. Henning Düsterhoff ist Doktorand am Lehrstuhl und Chefredakteur der M&A REVIEW.

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