„Eine gesunde Kapitalstruktur ist unabdingbar“

Als Förderbank hat sich die Investitionsbank Berlin (IBB) die Weiterentwicklung des Wirtschafts- und Unternehmensstandortes Berlin auf die Fahnen geschrieben. Bekannt ist sie unter anderem durch ihre Tätigkeit im Start-up-Bereich, wo mit den VC-FondsTechnologie und Kreativwirtschaft gezielt junge und wachstumsstarke Gründungen in der Hauptstadt mit Eigenkapital unterstützt werden. Mit „Berlin Kapital“ hält die IBB ein Förderprogramm speziell für KMU parat. Ulrich Kissing, Vorsitzender des Vorstands der IBB, berichtet im Interview über Wesen und Art des Berliner Mittelstands allgemein und zu welchen Bedingungen dieser vom Förderprogramm der IBB profitieren kann.

Unternehmeredition: Herr Kissing, wodurch zeichnet sich der Berliner Mittelstand aus?

Kissing:
Inzwischen dürfte mehr als die Hälfte der heutigen Berliner Industriebetriebe auf die Cluster der gemeinsamen Innovationsstrategie der Länder Berlin Brandenburg entfallen, also auf die Branchen Verkehr/Mobilität/Logistik, Gesundheitswirtschaft, Energietechnik, IKT/Medien/Kreativwirtschaft und Optik (einschließlich Mikrosystemtechnik). Das führt auch zu einer Besonderheit der Berliner mittelständischen Unternehmen: Im Vergleich mit dem bundesdeutschen Durchschnitt sind sie jünger, kleiner und in der Regel auch kapitalschwächer. Aber sie wachsen und sie werden mehr! Auch zeigt sich die zunehmende internationale Wettbewerbsfähigkeit der Berliner Industrie an ihrem Auslandsumsatz. Gemessen am Gesamtumsatz der Berliner Industrie ist dieser von 10,5% im Jahr 1991 auf inzwischen 45,1% im Jahr 2011 angewachsen. Und nach wie vor ist die Stimmung im Berliner Mittelstand gut. Das zeigte eine Unternehmensbefragung, die die IBB und Creditreform im Frühjahr 2012 im Rahmen des KMU Report Berlin 2012 durchgeführt haben. Mit 57,9% bezeichneten überdurchschnittlich viele Berliner Mittelständler ihre Geschäftslage als gut oder sehr gut. Zwar waren die Umsatzerwartungen des Mittelstands nicht zuletzt aufgrund der europäischen Staatsschuldenkrise etwas verhaltener als im Jahr zuvor. An der positiven zuversichtlichen Grundhaltung ändert das aber nichts.

Unternehmeredition: Wie möchte die IBB die ansässigen Unternehmen unterstützen?


Kissing:
Um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, ist eine gesunde Kapitalstruktur unabdingbar. Gerade den kleinen und mittleren Berliner Unternehmen, die ihre Kapitalstruktur und ihr Wachstum nachhaltig verbessern wollen und über Wertsteigerungspotenzial verfügen, bietet die IBB mit dem Programm „Berlin Kapital“ ein sehr effektives Instrument zum Aufbau einer soliden Finanzstruktur. Größere Unternehmen sind aber keineswegs ausgeschlossen, seit einigen Monaten können auch sie von diesem Beteiligungsangebot profitieren. Finanziert werden Vorhaben, die Unternehmenswachstum sowie Innovationen generieren. Auch Um- und Anschlussfinanzierungen können mit Hilfe von Berlin Kapital dargestellt werden.

Unternehmeredition: Wie genau sieht diese Finanzierung aus?
Kissing: Bei „Berlin Kapital“ werden eigenkapitalähnliche Mittel in Form von stillen Beteiligungen zu marktüblichen Konditionen vergeben. Hierbei können Beteiligungen bis zu einer Höhe von 5 Mio. EUR bei einer Laufzeit von bis zu zehn Jahren gezeichnet werden. Notwendig ist allerdings eine weitere Co-Finanzierung durch einen privaten Finanzierungspartner. Dies kann zum Beispiel eine Geschäftsbank oder eine Beteiligungsgesellschaft sein. In diesem Zusammenhang arbeitet die IBB mit der Mittelständischen Beteiligungsgesellschaft Berlin-Brandenburg GmbH als Finanzierungspartner eng zusammen.

Unternehmeredition: Können Sie die Investitionsbedingungen kurz umreißen? Was spricht für das Programm „Berlin Kapital“?


Kissing:
Das Produkt „Berlin Kapital“ bietet für den Beteiligungsnehmer viele Vorteile. So werden die stillen Beteiligungen mit einem Rangrücktritt ausgestattet und gewinnen dadurch Eigenkapitalcharakter, das heißt, im Falle eines Falles werden wir als Förderbank als einer der Letzten unsere Forderungen geltend machen. Zudem sind Laufzeiten bis zu zehn Jahren möglich. Abgesehen davon können abweichende Laufzeiten bzw. Tilgungsmodalitäten individuell vereinbart werden. Die stille Beteiligung ist so ausgestaltet, dass die Handlungsfreiheit des Unternehmers voll bestehen bleibt. Last but not least bewirkt die stille Beteiligung eine Erhöhung der Eigenkapital- und Reduzierung der Fremdkapitalquote und damit eine Verbesserung der Kapitalstruktur der Unternehmer. Wichtig ist, dass über „Berlin Kapital“ ausschließlich Unternehmen mit Sitz oder Betriebsstätte in Berlin finanziert werden können. Diese sollten bereits seit mindestens drei Jahren bestehen. Dabei gilt das Angebot branchenübergreifend. Ausgeschlossen sind jedoch Sanierungsfälle sowie die Finanzierung von Unternehmen in Schwierigkeiten im Sinne der Europäischen Kommission.

Unternehmeredition: Herr Kissing, vielen Dank für das Gespräch.


Zum Gesprächspartner: Ulrich Kissing
Ulrich Kissing ist Vorsitzender des Vorstands der Investitionsbank Berlin (IBB) (www.Ibb.de). Die IBB ist die Förderbank des Landes Berlin. Ziel ihrer Wirtschaftsförderung ist die Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Berlin.

Vorheriger ArtikelMit regionaler Marke aus der Krise
Nächster ArtikelTransatlantisches Freihandelsabkommen als Chance