Deutschland belegt vorderes Mittelfeld im Bereich Finanzierung

Deutschland ist ein guter Platz für Unternehmer, die eine Finanzierung suchen, geht aus dem aktuellen Länderindex Familienunternehmen hervor. Im Vergleich mit 17 europäischen Staaten und den USA belegt Deutschland im Subindex „Finanzierung“ einen respektablen Platz 7. Schlechter fällt dagegen das Gesamtranking aus, das weitere wichtige Standortfaktoren für Familienunternehmen umfasst wie „Steuern“, „Arbeitskosten, Produktivität und Humankapital“ und „Regulierung“. Hier steht Deutschland auf Platz 11, hinter Ländern wie Österreich, Irland und die USA. Die Spitzenplätze belegen die Schweiz, Finnland und Dänemark. Das zeigt: Zur Selbstzufriedenheit gibt es keinerlei Anlass.

Kompass für internationale Wachstumsstrategien

Seit 2006 erstellt das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim (ZEW) im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen diesen internationalen Standortvergleich. Er dient den Unternehmern als Kompass bei ihren internationalen Wachstumsstrategien und ist gleichzeitig eine Messlatte für die Politik: Welche Standorte in Europa und den USA bieten besonders gute Voraussetzungen, wo lohnt es sich, neue Arbeitsplätze aufzubauen? Und: Welche Länder leisten mehr für gute Rahmenbedingungen der Familienunternehmen?

Familienunternehmen finanzieren sich anders

Bei der Finanzierung unterscheiden sich Familienunternehmen aufgrund ihrer Eignerstruktur stark von Großkonzernen in anonymem Streubesitz. Um ihre Unabhängigkeit und Eigenständigkeit nicht zu gefährden, nutzen Familienunternehmen wenig den Kapitalmarkt über die Ausgabe von Firmenanteilen. Deshalb spielt die Finanzierung durch klassische Bankkredite nach wie vor eine herausragende Rolle. Um die Risikoaufschläge zu begrenzen, werden nicht selten materielle Sicherheiten aus dem Privatvermögen der Gesellschafter gestellt.

Kreditversorgung, Bankenstabilität und Staatschulden

Bei Investitionsentscheidungen im Ausland spielen für Familienunternehmen Themen wie die Kreditversorgung, klare rechtliche Rahmenbedingungen sowie ein verlässliches und stabiles Bankensystem im jeweiligen Land eine große Rolle. Deswegen untersucht der Länderindex im Bereich Finanzierung insgesamt fünf speziell für Familienunternehmen relevante Felder: „Kreditinformation“, „Kreditmarkt“, „Gläubigerschutz“ „Verschuldung“ und „Sovereign Ratings“.

Erfolgsfaktoren für Deutschland: Gutes Rating und gute Versorgung mit Kreditinformationen

Die Bewertung der Finanzierungs-Einzelindizes zeigt: Deutschland punktet mit sehr günstigen Bewertungen durch die Ratingagenturen sowie herausragenden Voraussetzungen im Hinblick auf die Kreditinformation. Auch die Verschuldungssituation ist in Deutschland – trotz des gestiegenen Schuldenstandes – noch vergleichsweise gut einzustufen. Schwächer fällt die Dimension „Kreditmarkt“ aus, eine Tendenz, die sich bereits im Länderindex aus dem Jahr 2008 abzeichnete und deshalb besonders ernst zu nehmen ist.

Schwacher Kreditmarkt in Deutschland

Der Teilindikator „Kreditmarkt“ bildet das Verhältnis der privaten Kredite zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) ab, berücksichtigt zudem die sogenannte Kernkapitalquote der Banken und den Anteil der notleidenden Kredite an den Gesamtkrediten. Während die Kernkapitalquote ein Indikator für die Robustheit des Finanzsystems im Fall von Kreditausfällen ist, kann der Anteil der notleidenden Kredite als eine Maßzahl für die Wahrscheinlichkeit solcher Ausfälle interpretiert werden. Zusammen geben beide Kennzahlen Auskunft über die Risiken in den Finanzsystemen, welche die Kreditversorgung beeinträchtigen könnten.

An der Spitze der Rangliste „Kreditmarkt“ befinden sich im aktuellen Länderranking mit einigem Abstand Dänemark, die Schweiz und Luxemburg. Alle drei Staaten zeichnen sich durch einen sehr gut entwickelten Kreditmarkt aus, der ein großes Volumen bietet, um volkswirtschaftliche Produktionsprozesse zu finanzieren. Deutschland befindet sich hier an 13. Position am Ende eines relativ dicht besetzten Mittelfeldes: BIP und Kreditversorgung liegen hierzulande mit 108% fast gleichauf – im Vergleich dazu: Dänemark, Spanien, Irland sowie Großbritannien weisen ein Kreditvolumen auf, das doppelt so groß ist wie das Bruttoinlandsprodukt. Dass ein hohes Kreditvolumen allerdings auch seine negative Kehrseite hat, zeigen Spaniens Banken. Sie haben aktuell eine Quote von mehr als 10% an faulen Krediten, überwiegend Immobiliendarlehen, die nicht zurückgezahlt werden können. Anders als die Banken in der Schweiz, Luxemburg und Dänemark sind ihre Kernkapitalquoten so dünn, dass sie ins Trudeln geraten sind, so dass sowohl der spanische Staat als auch die EU Hilfsprogramme auflegen mussten. Im nächsten Länderindex wird sich dies in einer massiven Herabstufung im Ranking niederschlagen.

Pluspunkte: Verfügbarkeit und Vielfalt von Finanzdienstleistungen

Gut ist die Situation für deutsche Familienunternehmen auch in Bezug auf die Verfügbarkeit von Finanzdienstleistungen, die Vielfalt der Finanzprodukte sowie die Möglichkeiten, mit einem Businessplan einen Bankkredit zu erhalten. Hier liegen die Bewertungen des Länderindex allesamt im guten Mittelfeld. Auch die Finanzierungsmöglichkeit über die Ausgabe von Unternehmensanteilen ist in Deutschland als befriedigend zu beurteilen, während sich die Verfügbarkeit von Risikokapital im internationalen Vergleich eher als verbesserungswürdig darstellt – eine Situation, die vor allem Start-ups und kleinen innovativen Unternehmen zu schaffen macht.

Fazit:

Die Analyse des ZEW im Subindex „Finanzierung“ belegt: Grundpfeiler ist und bleibt ein stabiles und solides Bankensystem. Die Befunde zeigen deutlich: Die Eigenkapitalunterlegung der Banken sollte weiter vorangetrieben werden, damit im Falle von Schwierigkeiten weder Steuerzahler – und damit auch die Familienunternehmen – noch Zentralbanken einspringen müssen. Hier muss meiner Meinung nach nicht erst auf die Umsetzung der Basel-III-Regelungen gewartet werden. Stattdessen sollten die Banken ihr Eigenkapital so schnell wie möglich erhöhen, unter anderem, indem sie für eine gewisse Zeit auf die Ausschüttung von Dividenden verzichten und ihre Gewinne vollständig einbehalten – wie es auch viele Familienunternehmen tun. Eines der Geheimnisse der schnellen Bewältigung der Finanzkrise in Deutschland liegt in der Eigenkapitalorientierung der Familienunternehmen. Während sie in Krisenzeiten nur auf ein geschrumpftes Kreditangebot zurückgreifen konnten, waren sie zur Selbsthilfe – Eigenkapital sei Dank – in der Lage. Deswegen sind politische Forderungen nach Substanzsteuern auf das Vermögen – nicht nur für Familienunternehmen – giftig, sondern auch volkswirtschaftlich unsinnig.


Zur Person
Stefan Heidbreder ist Geschäftsführer der Stiftung Familienunternehmen. Zu den Zielen der Stiftung zählen die Förderung des Austausches von Familienunternehmern, die Unterstützung von Forschungsaktivitäten und -institutionen sowie die Verbesserung der Wahrnehmung und Akzeptanz der Familienunternehmen in Politik und Öffentlichkeit. www.familienunternehmen.de

Autorenprofil

Stefan Heidbreder ist Geschäftsführer der Stiftung Familienunternehmen. Zu den Zielen der Stiftung zählen die Förderung des Austausches von Familienunternehmern, die Unterstützung von Forschungsaktivitäten und -institutionen sowie die Verbesserung der Wahrnehmung und Akzeptanz der Familienunternehmen in Politik und Öffentlichkeit. www.familienunternehmen.de

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