Deutsche Unternehmen mit großen Sorgen

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Deutsche Unternehmen blicken mit Sorge auf ihre kurz- und mittelfristigen wirtschaftlichen Perspektiven. Besonders pessimistisch sind die Erwartungen in der Baubranche, im Groß- und Einzelhandel sowie im Transportsektor. Zu diesen Erkenntnissen kommt eine jährliche Befragung des Kreditversicherers Coface. Deutsche Unternehmen schätzen demnach ihre wirtschaftliche Lage im Jahr 2023 im Vergleich zum Vorjahr negativ ein. 44% der Befragten geben an, dass ihre aktuelle Geschäftslage zwischen 2022 und 2023 unverändert geblieben sei. „Angesichts des Abschwungs zwischen 2021 und 2022 bedeutet dies jedoch nicht, dass die wirtschaftliche Lage neutral ist, sondern nur, dass sie sich für viele Unternehmen nicht weiter verschlechtert hat“, sagt Coface-Volkswirtin Christiane von Berg. Darüber hinaus geben 41% der Unternehmer an, dass sich ihre Situation 2023 im Vergleich zum Vorjahr verschlechtert hat und lediglich 13% berichten von einer Verbesserung.

Aussichten für 2024 sind trüb

Auch die Aussichten für 2024 sind nach der Coface-Befragung trüb: Nur 20% der Firmen erwarten eine Erholung, während sich 28% auf rückläufige Geschäfte einstellen. In der Papier- und Verpackungsindustrie sei die Stimmung vergleichsweise gut. Hingegen blicken Firmen im Baugewerbe, dem Groß- und Einzelhandel sowie der Transport- und Logistikbranche pessimistisch in die Zukunft. „Diese Einschätzungen sind nicht ungewöhnlich. Man muss nur wissen, woher die jeweilige Branche kommt. Die Papier- und Verpackungsindustrie hat ein sehr schlechtes Jahr. Von diesem Niveau kann es fast nur nach oben gehen. Umgekehrt hatte der Bau viele sehr gute Jahre, weshalb die Geschäftsaussichten hier eher bergab zeigen“, erklärt Christiane von Berg.

De-Risking-Strategien gewinnen an Bedeutung

Gefragt nach dem Hauptrisiko für ihr Exportgeschäft nennen die meisten von Coface befragten Unternehmen wie schon im Vorjahr Unterbrechungen in der globalen Produktionskette, gefolgt von politischen Unsicherheiten, steigenden Rohstoffpreisen und Probleme am Standort Deutschland. „Der Wirtschaftsstandort Deutschland hat angesichts der sehr hohen Arbeits- und Energiekosten, der überbordenden Bürokratie und des Rückgangs der Wirtschaftstätigkeit im Jahr 2023 an Attraktivität verloren und birgt dadurch Produktionsrisiken“, kommentiert Volkswirtin von Berg.

Um geopolitische oder strategische Risiken zu minimieren, würden immer mehr deutsche Firmen danach streben, ihre geschäftliche Abhängigkeit von einzelnen Ländern, Lieferanten oder Kunden zu verringern. 2023 hätten sich bereits 12% der befragten Unternehmen für De-Risking-Maßnahmen wie die Ausweitung des Lieferantenportfolios oder eine Produktionsverlagerung entschieden. Ein Viertel der Befragten rechnet innerhalb der kommenden drei Jahre mit entsprechenden Schritten, um weniger anfällig für plötzliche politische oder wirtschaftliche Veränderungen zu sein. Am stärksten engagiert seien aktuell die Textil- und Bekleidungsindustrie sowie Firmen aus der Informations- und Kommunikationstechnologie. Die siebte Auflage der Coface-Studie zu Zahlungserfahrungen und Geschäftsaussichten von Unternehmen in Deutschland wurde im Juli und August 2023 durchgeführt. 1.075 Unternehmen aus mehr als 10 Branchen nahmen an der Befragung teil.

Autorenprofil

Als Redakteur der Unternehmeredition berichtet Alexander Görbing regelmäßig über Unternehmen und das Wirtschaftsgeschehen. Zu seinen Schwerpunkten gehören dabei Restrukturierungen, M&A-Prozesse, Finanzierungen sowie Tech-Startups.

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