Der mittelständische Unternehmer ist zunehmend mit dynamischen Einflussfaktoren konfrontiert, die insbesondere in den letzten zehn Jahren zu veränderten Bedürfnissen geführt haben: In einer sich stetig verändernden Gesellschaft steigt das Bewusstsein des Mittelständlers, sich frühzeitig mit der Regelung der unternehmerischen Nachfolge zu beschäftigen. Zudem erschweren immer kürzere Zyklen mit teilweise erheblichen „disruptiven“ Markteinflussfaktoren langfristige Prognosen für eine nachhaltige Unternehmensentwicklung.
Der deutsche Mittelstand steht zweifelsohne vor großen Herausforderungen: von der breit strapazierten Digitalisierung über die Energiepreisentwicklung bis zu dem eher klassischen Thema der sich zuspitzenden Nachfolgeproblematik. Dass sich viele mittelständische Unternehmer deutlich früher Gedanken über das Thema der Nachfolge machen (müssen), kann vielfältige Gründe haben. Oft gibt es schlichtweg keinen oder keinen interessierten und geeigneten familieninternen Nachfolger. Zudem hat der Unternehmer womöglich eine angepasste Lebensplanung und verfolgt Interessen jenseits des langjährigen Unternehmerdaseins und der damit verbundenen Verantwortung. Gleichzeitig verkürzen sich Zyklen relevanter, teils disruptiver Marktumfeldfaktoren, die sich der mittelständische Unternehmer zunutze machen muss, um langfristig wettbewerbsfähig agieren zu können. Die Nutzung dieser sich aus den Marktumbrüchen ergebenden Opportunitäten erfordert meist weitreichende strategische Entscheidungen und Investitionen, die der Unternehmer insbesondere auch im Sinne seiner eigenen Vermögenssicherung risikoadäquater mit einem starken und erfahrenen Mitgesellschafter treffen kann.
Unternehmenswert anteilig sichern
Vor diesem Hintergrund stellen sich erfolgreiche mittelständische Unternehmer immer früher die Frage, ob es nicht wirtschaftlich vernünftig ist, den über Jahrzehnte geschaffenen Unternehmenswert zunächst anteilig zu realisieren und im Sinne einer Vermögensdiversifizierung nicht mehr dem vollen unternehmerischen Risiko in einem sich rasant verändernden Markt- und Wettbewerbsumfeld zu unterwerfen. Wenn dies einhergeht mit der Stärkung des eigenen Unternehmens durch Aufnahme eines finanzstarken und komplementär vernetzten Partners und zugleich die behutsame langfristige Regelung der Nachfolge eingeleitet werden kann, wird bei BPE von einem „Unternehmer Buy-out“ zur aktiven unternehmerischen Vermögensdiversifizierung gesprochen.
In der konkreten Umsetzung bedeutet dies, dass der mittelständische Unternehmer seine Gesellschaftsanteile zunächst vollständig an BPE veräußert, einen Kaufpreis realisiert und sich – dann meist steuerlich und strukturell optimiert – mit einem Teil des realisierten Kaufpreises an „seinem alten Unternehmen“ minderheitlich zurückbeteiligt. Der Unternehmer behält die vollständige operative unternehmerische Führung; nach Bedarf kann er in der Geschäftsführung unmittelbar oder nach einem gewissen Zeitablauf unterstützt werden; vielleicht sogar von einem bereits bekannten oder noch zu findenden potenziellen Nachfolger.
Kein Nachfolger an Bord?
In vielen Fällen ist kein geeigneter Nachfolger in dem mittelständischen Unternehmen tätig, der die Aufgaben und die Verantwortung des scheidenden Unternehmers übernehmen kann. Dann erhöht sich die Komplexität der Nachfolgeregelung durch die Suche nach einem passenden Kandidaten mit unternehmerischen Ambitionen und der entsprechenden Qualifikation. In diesem Fall spricht man von einem Management Buy-in (MBI), da der Nachfolger von außen kommt. Bei der Identifikation eines solchen externen Nachfolgers hat beispielsweise BPE mit der BPE-MBI-Initiative langjährige Erfahrung. Hierbei handelt es sich um eine Initiative zur Identifikation, Qualifizierung und Auswahl erfahrener und motivierter Manager, die Interesse haben, sich im Zuge einer Nachfolgeregelung als operativ aktive geschäftsführende Gesellschafter gemeinsam mit BPE an mittelständischen Unternehmen zu beteiligen und somit Unternehmer zu werden.
BPE fungiert als neuer Mehrheitsgesellschafter und starker Partner des mittelständischen Unternehmers. Gemeinsam wird das Unternehmen weiterentwickelt, was durch Verstärkung des Managements, Erweiterungsinvestitionen oder Akquisitionen von komplementären Unternehmen im In- oder Ausland erfolgen kann – mit dem Ziel, das Unternehmen nach einigen Jahren gemeinsam weiterzuveräußern, was wiederum dazu führt, dass der Unternehmer dann den noch verbliebenen, idealerweise wertvolleren Gesellschaftsanteil im Zuge seiner finalen Nachfolgeregelung vollständig realisiert.
Schrittweise Umsetzung des Unternehmer Buy-outs
Wenn man unterstellt, dass der Unternehmer zum Zeitpunkt des ersten Teilverkaufs Mitte 50 ist und die Weiterveräußerung nach dynamischer Weiterentwicklung sieben bis zehn Jahre später stattfindet, hätte man den Unternehmer Buy-out idealtypisch mit den folgenden Schritten verwirklicht:
- Teilrealisierung des durch den Mittelständler geschaffenen und im Unternehmen gebundenen Unternehmenswerts zur Vermögensdiversifikation mit beispielsweise Mitte 50;
- Fortführung des erfolgreichen unternehmerischen Agierens im eigenen Unternehmen – zusammen mit einem starken komplementären Partner zur optimalen, dynamischen Nutzung etwaiger Marktpotenziale;
- erhebliche Verbesserung der Wettbewerbs- und Widerstandsfähigkeit des Unternehmens und Wertsteigerung;
- behutsame Regelung der operativen Nachfolge im Unternehmen, gegebenenfalls unter Nutzung eines Management-Buy-ins, und
- circa sieben bis zehn Jahre später finale Regelung der operativen Nachfolge und Realisierung des noch im Unternehmen gebundenen, idealerweise gewachsenen Vermögens durch Veräußerung der (Rest-) Gesellschaftsanteile gemeinsam mit BPE.
FAZIT
In diesen Zeiten sind beispielsweise durch coronabedingte Lieferkettenbeschränkungen und Engpässe aufgrund des Kriegs in der Ukraine bislang undenkbare unternehmerische Herausforderungen zu meistern – doch es bieten sich durch die veränderten Markteinflussfaktoren auch erhebliche Chancen. Gerade jetzt kann ein Konzept, das ein etwaiges „Klumpenrisiko“ des erfolgreichen mittelständischen Unternehmers diversifiziert, aber gleichzeitig die unternehmerische Aktivität nicht nur aufrechterhält, sondern zu dieser sogar mit einem starken, komplementären Partner ermutigt und die latente Regelung der Nachfolge frühzeitig einleitet, eine attraktive und vorausschauende Alternative für einen erfolgreichen mittelständischen Unternehmer darstellen.
Dieser Beitrag erscheint in der Unternehmeredition 1/2022.
Aman Miran Khan
Aman Miran Khan ist Partner bei BPE. Die 1998 gegründete Hamburger Beteiligungsgesellschaft ist auf Nachfolgeregelungen im kleineren deutschen Mittelstand und Konzernausgliederungen fokussiert.