Das „Bauchgefühl“ allein reicht nicht  

Dass es um das wirtschaftliche Wissen der Deutschen insgesamt schlecht bestellt sein könnte, legen zahlreiche Studien nahe.  Aber auch viele Unternehmen kennen oder verstehen ihre Zahlen nicht. Ein eventuell existenzgefährdender Zustand.  

Warum aber sind so viele mittelständische Unternehmer zumindest auf einem Auge „zahlenblind“? Ketzerisch mag man fragen, ob dies an der Spitze von manch Großunternehmen nicht ähnlich wäre, wenn nicht umfangreiche Stabsabteilungen und ein gut besetztes Rechnungswesen zur Stelle wären. Im kleineren Mittelstand hingegen fehlen diese Ressourcen. Es mangelt zudem an der Bereitschaft vieler Unternehmer, sich mit den eigenen Zahlen auseinanderzusetzen.

Die eigene Propaganda

Was an Daten aus der Buchhaltung, vom Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer kommt, wird von Unternehmern oft als lästiges Übel gesehen: Es muss lediglich für kreditgebende Banken und das Finanzamt vorgehalten werden. Auf die mutmaßlichen  Begehrlichkeiten dieser Zielgruppe werden die Zahlenwerke dann angepasst. Zum Bankengespräch wird der Warenbestand gerne etwas wertvoller gerechnet und die Werthaltigkeit offener Forderungen wird etwas zuversichtlicher eingeschätzt, als es vielleicht angebracht wäre. Optimistisch, wie sie nun mal sind, glauben viele Unternehmer irgendwann selbst an diese Zahlen. Und wenn Unternehmer ihre Zahlen selbst nicht mehr durchschauen (wollen), fangen Probleme oft an oder werden sichtbar.

Analyse der Zahlen kann Schwierigkeiten vermeiden

Es ist keine zu gewagte These, dass sich die Zahl der Insolvenzen in Deutschland drastisch reduzieren ließe, wenn Unternehmer sich intensiver mit ihren Zahlen auseinandersetzten. Nicht einmal im Jahr, sondern im Rahmen eines analytischen Soll-/Ist-Abgleichs jeden Monat. Manches Mal wird dies nicht ohne Fortbildung möglich sein – aber wenn der Allerwerteste des Unternehmers die Schulbank drückt, wird sein Bauch bei der Entscheidungsfindung dafür qualifiziert entlastet.


Zur Person

Marcus Linnepe (© Privat)
(© Privat)

Marcus Linnepe ist Chef der Beratungsfirma Canei GmbH & Co. KG. Er verfügt über fast 25 Jahre Erfahrung in der Beratung, Restrukturierung und Sanierung mittelständischer Unternehmen. Aus einer Unternehmerfamilie stammend, stand er zudem mehrere Jahre selbst an der Spitze von Firmen mit einem Jahresumsatz im mittleren zweistelligen Millionen-Euro-Bereich. www.canei.eu.com

Autorenprofil

Marcus Linnepe ist Chef der Beratungsfirma Canei GmbH & Co. KG. Er verfügt über fast 25 Jahre Erfahrung in der Beratung, Restrukturierung und Sanierung mittelständischer Unternehmen. Aus einer Unternehmerfamilie stammend, stand er zudem mehrere Jahre selbst an der Spitze von Firmen mit einem Jahresumsatz im mittleren zweistelligen Millionen-Euro-Bereich.

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