„Das Alter für den Renteneintritt könnte man streichen“

Der Ingenieurdienstleister Fahrion setzt stark auf ältere Mitarbeiter. Vor allem als Projektleiter für die Planung großer Industriehallen kommen sie zum Einsatz. Warum diese „Old-Ager“ für das Unternehmen extrem wichtig sind, erklärt Geschäftsführer Jens Fahrion im Interview.

Unternehmeredition: Sie stellen viele Mitarbeiter ein, die älter als 50 Jahre sind. Sie sind wohl kein Fan der Rente mit 63?

Fahrion: Das Renteneintrittszeitalter herabzusetzen, ist völlig unlogisch, da die Menschen ja immer älter werden. Dieses lag ja schon mal bei 65 Jahren – eingeführt wurde es im vergangenen Jahrhundert. Damals haben die Menschen wohl etwas logischer gedacht, als die politisch Verantwortlichen heutzutage dazu bereit wären. Das Eintrittsalter von Studienabgängern liegt heute bei 30 Plus, somit muss die produktive Phase, in der die Leute Steuern zahlen, nach hinten geschoben werden. Die Menschen leben länger. Die Pensionierungsphase sollte konstant gehalten werden.

Eingeführt werden soll ja auch eine Flexi-Rente.

Das ist in der Tat positiv. Denn Arbeitnehmer müssen dann nicht unbedingt mit 63 Jahren in Rente gehen. Sie haben einen Spielraum, den sie individuell gestalten können.

Welches Renteneintrittsalter schlagen Sie vor?

Eigentlich könnte man es streichen. Unlängst wurde dies in Großbritannien auch getan. Allerdings muss sichergestellt werden, dass man als Unternehmen die Mitarbeiter ab einem bestimmten Alter in ihre wohl verdiente Pensionierung verabschieden kann. Denn was passiert bei einem Arbeitnehmer, der 90 Jahre alt wird, den Anforderungen nicht mehr gerecht wird und überhaupt nicht daran denkt zu kündigen?

Seit mehr als 15 Jahren setzen Sie auf ältere Mitarbeiter und suchen gezielt Ingenieure, die älter sind als 50 Jahre. Warum?

Vor einigen Jahren hatten wir einen akuten Mangel an Projektleitern. Als Unternehmen der Fabrikplanung arbeiten wir in Teams, die von diesen geführt werden. Sie müssen in der Lage sein, eine Produktionshalle komplett zu planen. Die Aufgabe ist extrem anspruchsvoll. Studienabgänger können das in der Regel nicht bewältigen. Gefragt ist zudem Interdisziplinarität. Die Projektleiter sind für uns extrem wichtig. Ohne sie wären wir nicht in der Lage, Projekte abzuarbeiten.

Wie kam es zu dem Mangel?

Damals kündigten mehrere Projektleiter gleichzeitig. Wir mussten zusehen, dass wir möglichst schnell Ersatz beschaffen. Es war illusorisch, mit der bestehenden Mannschaft die Aufträge abzuarbeiten. Wir waren gezwungen, uns darüber Gedanken zu machen, was denn so einen Projektleiter auszeichnet. Auch weiche Faktoren wie Eloquenz und Verhandlungsgeschick spielten eine wichtige Rolle. Der kleinste gemeinsame Nenner war das Alter. Wir suchten deswegen Mitarbeiter, die älter als 55 Jahren waren.

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