Crowdfunding für den Mittelstand

Kleine und mittelständische Unternehmen gelten als Rückgrat der deutschen Wirtschaft. Nichtsdestotrotz haben sie in Deutschland, wie auch im Rest Europas, in der Vergangenheit und Gegenwart oft mit Schwierigkeiten zu kämpfen, ihre Projekte oder Wachstumsstrategien ausreichend finanziert zu bekommen. Kann Crowdsourcing eine Lösung sein? 

Hier hilft Crowdfunding, wobei das Thema dort bisher noch nicht wirklich angekommen scheint. Aber auch gerade dort sind die Risiken wesentlich kalkulierbarer als im Start-up-Segment. Auch der zu adressierende Markt ist um ein Vielfaches größer.

Einer der wichtigsten Determinanten in der Vorbereitung ist die Bereitschaft zu Transparenz, abgestimmtem Marketing und moderner und medienadäquater Kommunikation. Oft sind Mittelständler bevorzugt im B2B-Bereich aktiv und stellen ein für den Branchenfremden eher erklärungsbedürftiges Produkt her. Darum sollte in der Vorbereitung der Kampagne besonders viel Wert auf das „sich Erklären“ im wahrsten Wortsinn für die potenziellen Anleger gelegt werden. Ohne radikal transparente Prozesse wird ein Zugang zur Crowd schwer zu finden sein – während der Finanzierungkampagne, der laufenden Anlegerbetreuung und im regelmäßigen Reporting.

Wann finanziert der Schwarm und wann nicht?

Beim Anbieter Bankless24 hat die Crowd einem Anbieter von Verlagssoftware, der bereits seit 20 Jahren am Markt ist, aus einem Finanzierungsengpass helfen können. Bei der Berliner Crowdfunding-Plattform Zencap konnte ein Maschinenbauer mit 90 Jahren Familientradition und nahezu 8 Mio. Euro Umsatz über zwei Kreditprojekte über 300.000 Euro sichern. Weitere 500.000 Euro wurden in Folge von seiner Hausbank als Darlehen für ein großes Wachstumsprojekt genehmigt.

Aber die Finanzierung über den Schwarm ist beileibe kein immer sicheres Unterfangen. Auf Bankless24 hatte im vergangenen Jahr ein Unternehmen ein Finanzierungsprojekt gestartet, wobei nur knapp 30.000 Euro eingesammelt werden konnten und damit die Funding-Schwelle von 50.000 Euro verfehlt wurde. Das Unternehmen selbst hatte ein durchaus attraktives Chancen-Risiko-Profil, aber ein B2B-Geschäftsmodell ohne eigene Fanbasis oder Crowd. Hier wurde deutlich die Herausforderung der Vermarktung des eigenen Projekts verkannt. Letztlich ist das Projekt daran gescheitert, dass zu wenige Investoren aus dem Unternehmensumfeld zu einem frühen Zeitpunkt gewonnen werden konnten und die Crowd sich daher auch zurückgehalten hat. Nur wenige Unternehmen schaffen es final als Finanzierungsprojekt auf einer Plattform gelistet zu werden. Die durchschnittliche Ablehnquote ist mit knapp 70 Prozent hoch.


Zur Person

Dr. Michael Gebert (© Crowd Mentor Network)
(© Crowd Mentor Network)

Dr. Michael Gebert ist Vorstand und Gründungsmitglied beim Crowdsourcing Verband sowie berufenes Mitglied in der Crowdfunding Stakeholder Gruppe der EU-Kommission. Er organisiert den Crowd Dialog, die größte deutschsprachige Konferenz zum Thema Crowdsourcing, Crowdfunding und Crowdinnovation. Außerdem ist er Mitautor der Delphi-Studie Crowdfunding 2020 der Universität St. Gallen. www.crowdsourcing.de

Autorenprofil

Dr. Michael Gebert ist Vorstand und Gründungsmitglied beim Crowdsourcing Verband sowie berufenes Mitglied in der Crowdfunding Stakeholder Gruppe der EU-Kommission. Er organisiert den Crowd Dialog, die größte deutschsprachige Konferenz zum Thema Crowdsourcing, Crowdfunding und Crowdinnovation. Außerdem ist er Mitautor der Delphi-Studie Crowdfunding 2020 der Universität St. Gallen.

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