„China ist Chance und Gefahr zugleich“

Mit Ernst aber auch einer Portion Humor drehte Regisseur Hannes Stöhr den Kinofilm „Global Player“, in dem Chinesen einen schwäbischen Traditionskonzern kaufen wollen. Darin verarbeitet er auch seine Eindrücke der wachsenden chinesischen Wirtschaftsmacht. 

Unternehmeredition: Wie kamen Sie auf die Idee zum Kinofilm „Global Player“?
Hannes Stöhr: Viele meiner Freunde haben berufliche Erfahrungen in der ganzen Welt. Wenn ich einige meiner Tenniskumpel von früher treffe, dann unterhalten die sich über ihre Berufserfahrungen in Chengdu, Shaoxing oder Shanghai. Die Globalisierung findet vor allem auch in der sogenannten Provinz statt. So entstand die Idee, die schwäbische Provinz mal ohne Blaskapelle zu zeichnen, Hechingen gegen Shanghai antreten zu lassen, David gegen Goliath realistisch zu erzählen.

Inhaltlich geht es um ein schwäbisches, familiengeführtes Textilunternehmen, das in der Krise steckt und von Chinesen gekauft werden soll. Steckte ein reales Unternehmen hinter der Geschichte?
Nein, die mittelständische Textilmaschinenfabrik „Bogenschütz & Söhne“ ist ein fiktives Unternehmen. Da in Hechingen und Umgebung (z.B. Albstadt, Reutlingen) die Textilbranche sehr stark vertreten ist, habe ich sie gewählt. Ich denke aber, dass die Herausforderungen, denen sich die Firma „Bogenschütz & Söhne“ im Film stellen muss, auf viele reale mittelständische Firmen in Deutschland zutreffen.

Der Sohn übernimmt im Film das Unternehmen des Vaters und hat schwer damit zu kämpfen. Entspricht das der Realität?
Viele Familienunternehmen haben mit dem Generationswechsel zu kämpfen. Die „Generation Wirtschaftswunder“ hat den Staffelstab an die Kinder übergeben, die oft ein anderes Lebenskonzept verfolgen und nicht bereit sind, Verantwortung für das Familienunternehmen der Vorfahren zu übernehmen oder diese anders definieren.

Haben Sie als Schwabe eine besondere Affinität zum Mittelstand in Baden-Württemberg?
Ehrlich gesagt habe ich vor zwanzig Jahren noch kein Auge für das Thema Mittelstand gehabt. Durch die Finanzkrise 2008 beschäftigte ich mich mehr mit Wirtschaftsfragen. Bei den Banken und den Konzernen mehrten sich die Fälle, dass Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert wurden. Oft mussten Entscheidungsträger nicht für ihr Handeln gerade stehen. Unser Wirtschaftssystem hat aber keinen Sinn, wenn Unternehmer nicht selbst haften müssen für ihr Handeln. So entstand die Idee, einen mittelständischen, schwäbischen Unternehmer als Helden zu erzählen.

Sind die Chinesen Fluch oder Segen für den schwäbischen Mittelstand?
Ich denke, China ist Chance und Gefahr zugleich, eine abschließende Antwort maße ich mir nicht an. Ein Film kann diese Frage sowieso nicht beantworten, aber er kann auf die Problematik aufmerksam machen.

Noch immer glauben viele Chefs deutscher Unternehmen, dass es auch künftig läuft wie bisher.
Daher auch der ironische Untertitel meines Films WO WIR SIND ISCH VORNE. Manche glauben immer noch, Europa sei der Nabel der Welt. Das sind wir nicht. Das Thema ist kompliziert. Chinesische Investoren sind nicht per se schlecht. Neue Studien belegen, dass chinesische Übernahmen auch eine Chance für deutsche Firmen sein können.

Waren Sie zur Recherche vor Ort?
Ich war während der Recherche mehrmals in China. Einmal führte die Reise in einen Vorort von Shanghai, zu einem mittelständischen Unternehmen aus Baden-Württemberg, das dort ein Joint Venture hat. Der Geschäftsführer führte mich durch den Betrieb und erzählte mir von seinem Arbeitsalltag und den Anstrengungen, den Know-how-Transfer an die chinesischen Partner einzugrenzen. Sehr spannend. Man hätte zehn Filme drehen können aus den Informationen.

Das Interview führte Tobias Schorr.

Kurzprofil Hannes Stöhr:
Geboren: 1970 in Stuttgart
Beruf: Regisseur, Drehbuchautor
Hobbys: Tennis, Fußball
Kinostart: 3. Oktober 2013

Autorenprofil

Tobias Schorr war von März 2013 bis Januar 2018 Chefredakteur der "Unternehmeredition". Davor war er für die Gruner + Jahr Wirtschaftsmedien im Ressort Geld als Redakteur tätig. Von 2003 bis 2007 arbeitete er zunächst als Redakteur, dann als Ressortleiter beim Mittelstandsmagazin "Markt und Mittelstand". Sein Handwerk lernte er an der Axel Springer Journalistenschule.

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