Business Angels − Finanzierungspotenzial für die Unternehmensnachfolge?

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Obwohl Business Angels in erster Linie mit Startups in Verbindung gebracht werden, beteiligen sie sich auch in erstaunlichem Maße an der Unternehmensgründungsvariante des Unternehmenskaufs (“Entrepreneurship-through-acquisition” oder ETA). Bisher wurde Angel Investing beim Erwerb kleiner und mittlerer Unternehmen weder wissenschaftlich spezifisch untersucht. Noch gelten Angels als typische Ressource für Personen, die Finanzierung für den Erwerb kleiner oder mittlerer Unternehmen suchen. Eine Studie aus dem Bereich Entrepreneurship der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes legt nahe, dass das Wissen der Angels über verschiedene ETA-Varianten direkt mit ihrer Bereitschaft korreliert, in derartige Transaktionen zu investieren. Auch weisen die Ergebnisse darauf hin, dass Business Angels ein bedeutendes Finanzierungspotenzial für die Unternehmensnachfolge beziehungsweise den Erwerb eines kleinen oder mittleren Unternehmens durch Privatpersonen darstellen.

Business Angels und informelle Investoren spielen eine entscheidende Rolle bei der Finanzierung unternehmerischer Projekte. Bisherige Forschungsarbeiten haben sich hauptsächlich auf die Investitionen von Angels in Start-ups in der Frühphase konzentriert. Es gibt einige begrenzte Anzeichen dafür, dass Angels auch erhebliche Investitionen in Start-ups in späteren Phasen, etablierte Unternehmen sowie Management-Buy-Ins, Buy-Outs oder Turnaround-Fälle tätigen. Kleinere Beiträge weisen darauf hin, dass Angels dazu neigen, in reifere Privatunternehmen in größerem Umfang als erwartet zu investieren.

Angel-Investitionen Vorteil oder Nachteil

Ein Vorteil von Angel-Investitionen im Vergleich zur Finanzierung über Banken liegt im unkomplizierteren Prüfungsprozess und der schnelleren Entscheidungsfindung, da Angels ihr eigenes Kapital einsetzen. Zusätzlich gelten Angels als Investoren, die bereit sind, ihr Wissen und Netzwerk in die unterstützten Unternehmen einzubringen, was für aufstrebende Unternehmer bei der Führung kleiner oder mittelständischer Unternehmen vorteilhaft sein kann. Allerdings können höhere Finanzierungskosten durch Angel-Investitionen als Nachteil genannt werden, insbesondere im Vergleich zu den Kosten für Fremdkapital.

ETA-Formen

Die Übernahme eines bestehenden Unternehmens stellt eine alternative Möglichkeit für den Einstieg ins Unternehmertum dar. Unternehmer, die sich am Unternehmertum durch Übernahme (ETA) beteiligen, erwerben Unternehmen, indem sie die Gesellschaftsanteile der bisherigen Eigentümer erwerben und das Management selbst ausüben. Daher unterscheidet sich der unternehmerische Prozess der Chancenerkennung, Bewertung und Ausnutzung von dem, der mit der Neugründung eines Unternehmens verbunden ist.

ETA kann verschiedene Formen annehmen, von Management-Buy-Outs über Management-Buy-Ins bis hin zu Search-Fund-Modellen. Die letzten beiden Untergruppen der ETA beinhalten den Erwerb von Anteilen durch Unternehmer, die zuvor nicht Teil des Managementteams des betreffenden Unternehmens waren. ETA im Allgemeinen ist ein wenig erforschtes Thema, das sich in verschiedenen Details von der Forschung zur Unternehmensnachfolge unterscheidet.

Während sich die Unternehmensnachfolge speziell auf Familienunternehmen konzentriert, können ETA-Transaktionen Carve-Outs oder Unternehmen betreffen, die nicht mehr in Familienbesitz sind. Auch die Frage, wie ETA-Möglichkeiten finanziert werden und wer sie finanziert, hat bisher wenig Forschungsaufmerksamkeit erhalten. Daher hat eine Forschungsgruppe der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes die Neigung von Business Angels aus West- und Nordeuropa (Schweden, Niederlande, Deutschland, Österreich, Schweiz) in einer Onlineumfrage untersucht, an der 94 Angels teilnahmen.

Management Buy-Ins (MBI)

Die meisten Teilnehmer waren bereits vor der Studie mit dem Konzept von Management Buy-Ins (MBI) vertraut, und es gibt eine gewisse Kenntnis darüber in der Business Angel-Community. Insgesamt hatten bereits 17% der Teilnehmer in MBI investiert. Angesichts dessen, dass mehr als jeder sechste Angel in Buy-In-Investitionen involviert war, empfehlen wir: a) dass zukünftige Forschungen zu Angel-Investitionen diese MBI-Perspektive einbeziehen sollten, und b) dass die Möglichkeit der Angel-Finanzierung im Rahmen eines MBI in Betracht gezogen wird. Im Gegensatz dazu sind die meisten Befragten nicht vertraut mit Search Funds, die bisher in Europa selten durchgeführt wurden und eher ein amerikanisches Phänomen sind.

Die Studienergebnisse auf Basis einer einfachen linearen Regression legen nahe, dass MBI-Investitionen als Beitrag zur Diversifizierung des Portfolios von Angels betrachtet werden können. Wenn weitere Untersuchungen einen robusten Zusammenhang bestätigen, könnten Buy-in-Unternehmer diese Erkenntnisse nutzen, um ihre Fundraising-Präsentationen anzupassen und ihre MBI-Ambitionen als Möglichkeit der Portfolio-Diversifizierung bei den Angels zu betonen. Außerdem ist MBI-Interessenten dazu zu raten, Business Angels über MBI aufzuklären, zum Beispiel über typische Erfolgsraten und Renditen. Den Studienerkenntnissen zufolge ist spezifisches Wissen über Buy-Ins ein entscheidender Faktor für die Offenheit der Angels gegenüber MBI-Investitionen.

Die Ergebnisse legen zudem nahe, dass Business Angels eine bedeutende Rolle bei der Unterstützung von Management Buy-Ins spielen können, insbesondere im Kontext der Unternehmensnachfolge. Daher ist zu empfehlen, die Steuer- und Finanzierungsvorteile, die Angels im Rahmen der INVEST-Förderung nutzen können, auch auf Nachfolgeinvestitionen zu erweitern. Insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen, die kurz vor einer Nachfolgelösung stehen, wurde eine mäßige Modernisierung in Verbindung mit einem Investitionsstau beobachtet. Wir vermuten, dass Business Angels, die hauptsächlich in dynamische, potenziell disruptive Startups investieren, eine gewisse Expertise in Transformationsprozessen mitbringen. Daher könnten sie als sinnvolle Sparringspartner für das neue Management kleiner und mittelständischer Unternehmen dienen, insbesondere wenn Herausforderungen wie organisatorische Transformation oder Digitalisierung anstehen.

Investitionen in externe Firmenübernahmen

Die Steuer- und Finanzierungsvorteile, die Angels für das Bereitstellen von Kapital an junge Start-ups erhalten, sind vor allem auf die Risiken dieser Investitionen zurückzuführen. Es lässt sich argumentieren, dass MBI und Search Funds im Vergleich zu einer familien- oder unternehmensinternen Nachfolgelösung durch Management Buy-Outs (MBO) deutlich riskanter sind, unter anderem aufgrund von Informationsasymmetrien.

Während etwa 5% bis 6% der Unternehmen im Rahmen eines MBO, bei dem interne Mitarbeiter oder Manager die Unternehmensführung übernehmen, scheitern, sind die Ausfallraten bei MBI (5% bis 9%) und Search Funds (10%) deutlich höher (die Bandbreiten beziehen sich auf unterschiedliche Studienergebnisse). Daher gehen mit Investitionen in externe Firmenübernahmen erhöhte Risiken einher.

In Verbindung mit der vorhandenen Management- oder Industrieexpertise und der potenziell schnelleren und weniger regulierten Finanzierung ergibt sich aus dieser Diskussion, dass Business Angels einen bedeutenden Beitrag zur Finanzierung von kleinen und mittleren Unternehmenskäufen und -nachfolgen leisten können – und dies bereits in der Praxis tun. Angesichts der Bedeutung der Sicherung des breiten unternehmerischen Mittelstands in Deutschland empfehlen wir weitere Untersuchungen.

Diese sollten sich darauf konzentrieren, wie Angel-Finanzierungen als attraktive ergänzende Finanzierungsoption bei Unternehmensnachfolgen gestaltet werden können. Dies könnte dazu beitragen, die Rolle von Business Angels als wertvolle Finanzierungsquelle für kleine und mittlere Unternehmenskäufe und -nachfolgen weiter zu stärken.

Fazit

Obwohl Business Angels in erster Linie mit Start-ups in Verbindung gebracht werden, beteiligen sie sich auch in erstaunlichem Maße an der Unternehmensgründungsvariante des Unternehmenskaufs (“Entrepreneurship-through-acquisition” oder ETA). Bisher wurde Angel Investing beim Erwerb kleiner und mittlerer Unternehmen weder wissenschaftlich spezifisch untersucht. Noch gelten Angels als typische Ressource für Personen, die Finanzierung für den Erwerb kleiner oder mittlerer Unternehmen suchen.

Die Studie zu Angels legt nahe, dass das Wissen der Angels über verschiedene ETA-Varianten direkt mit ihrer Bereitschaft korreliert, in derartige Transaktionen zu investieren. Auch weisen die Ergebnisse darauf hin, dass Business Angels ein bedeutendes Finanzierungspotenzial für die Unternehmensnachfolge beziehungsweise den Erwerb eines kleinen oder mittleren Unternehmens durch Privatpersonen darstellen.

Autorenprofil
Dr. Alexander Pöschl
htw saar

Dr. Alexander Pöschl ist Professor für Entrepreneurship an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes in Saarbrücken. Zuvor war er Head of Corporate Development bei Conrad Electronic und Prokurist innerhalb der ATU-Gruppe sowie Co-Gründer des Startups digitalbetrieben GmbH, welches 2020 von der IT-Firma Bewegewas Holding GmbH übernommen wurde. Als Gesellschafter der Bewegewas beriet er die Firma bei ihrem Verkauf an Conrad Electronic SE im Jahre 2021.

Autorenprofil
Isabella Mai

Isabella Mai ist wissenschaftliche Projektmitarbeiterin im Bereich Entrepreneurship bei Prof. Pöschl. Sie ist Preisträgerin des WissenschaftsAwards des Bundesverband Direktvertrieb Deutschland.

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